gms | German Medical Science

49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)
Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)

26. bis 30.09.2004, Innsbruck/Tirol

Evidenzbasierte Medizin im Rahmen der Lehre "Medizinische Biometrie für Mediziner": Ein Erfahrungsbericht

Meeting Abstract (gmds2004)

  • corresponding author presenting/speaker Inke R. König - Institut für Medizinische Biometrie und Statistik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Deutschland
  • Dirk Repsilber - Institut für Medizinische Biometrie und Statistik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Deutschland
  • Gerlinde Dahmen - Institut für Medizinische Biometrie und Statistik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Deutschland
  • André Kleensang - Institut für Medizinische Biometrie und Statistik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Deutschland
  • Andreas Ziegler - Institut für Medizinische Biometrie und Statistik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Deutschland

Kooperative Versorgung - Vernetzte Forschung - Ubiquitäre Information. 49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI) und Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI) der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) und der Österreichischen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (ÖGBMT). Innsbruck, 26.-30.09.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04gmds182

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2004/04gmds182.shtml

Veröffentlicht: 14. September 2004

© 2004 König et al.
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Gliederung

Text

Einleitung

„Was ist eigentlich Biomathematik? Ja, das wird sich wohl so mancher Student auch noch nach diesem Kurs fragen. Vor allem, wozu benötigt man dieses Fach als Mediziner?" [1] Dieses und ähnliche Zitate zeigen den oft schweren Stand, den die Biometrieausbildung bei Studierenden der Medizin hat. So ist der Nutzen für die Studierenden häufig nicht unmittelbar erkennbar, die Beurteilung der Veranstaltungen lässt sich in vielen Fällen zusammenfassen zu „insgesamt ist jedoch zu sagen, dass dies wohl für die meisten Medizinstudenten das langweiligste und theoretischste aller Fächer ist" [1]. Außerdem zeigt auch die Erfahrung in der biometrischen Beratung medizinischer Doktoranden, dass der Transfer von den Lehrveranstaltungen auf die Erfordernisse einer Doktorarbeit nicht immer geleistet wird. Andererseits ergab eine Befragung unter Medizinstudenten zu Beginn der Biometrieausbildung, dass der überwiegende Teil Biometriekenntnisse als notwendig erachtete. Spezifisch wurden die Beurteilung wissenschaftlicher Publikationen, die Kenntnis der Standards klinischer Studien, Versuchsplanung und die Kenntnis des Fachvokabulars als wichtig angesehen [2].

Methoden

Daher wurde die Ausbildung „Medizinische Biometrie für Mediziner" durch das Institut für Medizinische Biometrie und Statistik (IMBS) des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, seit dem Wintersemester 2002/03 umstrukturiert. Das Ziel war, neben dem Verständnis und der Durchführung statistischer Auswertungen auch Grundlagen der evidenzbasierten Medizin zu vermitteln.

Die Veranstaltung besteht aus einer Vorlesung mit zwei Semesterwochenstunden, deren Besuch fakultativ ist, sowie aus einer Übung mit zwei Semesterwochenstunden. Die Übungen werden in Gruppen abgehalten und sind anwesenheitspflichtig. Voraussetzung für die Scheinvergabe ist neben der aktiven Teilnahme an den Übungen das Bestehen einer Abschlussklausur.

Im größeren Rahmen ist die Veranstaltung Bestandteil der Lehre für das Querschnittsfach „Epidemiologie, medizinische Biometrie und medizinische Informatik". Sie wird im 3. Studienjahr abgehalten und ist damit eingebettet in ein übergreifendes Konzept an der Universität zu Lübeck, innerhalb dessen die Studierenden im 4. Studienjahr vom Institut für Sozialmedizin und im 5. Studienjahr vom Institut für Medizinische Informatik unterrichtet werden. Alle Institute stellen bei erfolgreichem Abschluss der entsprechenden Lehrveranstaltung Teilscheine aus, die dann zu einer Gesamtbescheinigung für dieses Querschnittsfach zusammengefasst werden.

In der Vorlesung „Medizinische Biometrie für Mediziner" werden, in klassischer Weise, mit der deskriptiven Statistik Methoden für die Beschreibung von Daten vermittelt. Im folgenden Abschnitt zur Wahrscheinlichkeitsrechnung wird die Methodik für Diagnosestudien erläutert. Es schließt sich eine Einführung in statistisches Testen sowie in Grundprinzipien der Planung und Durchführung klinisch-therapeutischer Studien an. Einige gängige Testverfahren werden danach vertieft. Schließlich werden im Kapitel zu Korrelation und Regression die wesentlichen Methoden für prognostische Studien vermittelt.

Die Übungen untergliedern sich in zwei Teile, die zeitlich nicht voneinander abgegrenzt sind. Im ersten Teil werden, begleitend zur Vorlesung, Aufgaben der Biomathematik gelöst und Fragen zur Vorlesung geklärt. Damit wird die Grundlage gelegt, dass die Studierenden einfache Auswertungen nachvollziehen und mit Hilfe des Skriptums selbst durchführen können. Die Hälfte der Aufgaben der Abschlussklausur beinhaltet biometrische Rechenaufgaben.

Der zweite Teil der Übungen hat zum Ziel, Grundlagen der evidenzbasierten Medizin zu vermitteln [3]. Dieses stellt die Basis dafür dar, sowohl als praktisch tätiger Arzt die Lösung auf ein medizinisches Problem zu finden, als auch als Wissenschaftler Studien zu konzipieren und in ihrer Qualität zu beurteilen. Um die Vorgehensweisen der evidenzbasierten Medizin verstehen zu können, müssen zum einen die allgemeinen Prinzipien von Therapie-, Prognose- und Diagnosestudien vermittelt werden. Zum anderen ist es für die Praxis aber auch notwendig, diese Prinzipien auf konkrete Studien anzuwenden. Daher werden in den Übungen zunächst von den Übungsleitern die allgemeinen Grundlagen der evidenzbasierten Medizin in direkter Instruktion erläutert.

Zur Vertiefung dieser Prinzipien erhalten die Studierenden die Referenz zu insgesamt sieben deutsch- und englischsprachigen wissenschaftlichen Artikeln. Es werden für Therapie-, Diagnose- und Prognosestudien sowohl gute als auch schlechte Studien im Sinne der Evidenzkriterien ausgewählt, was den Studierenden den direkten Vergleich ermöglicht. Für die Erarbeitung der Artikel wurden nacheinander zwei verschiedene Konzepte verwendet. In den ersten Semestern hielten die Studierenden in Zweiergruppen Referate, in denen sie sowohl die inhaltlichen Aspekte der Studie (bei Therapiestudien gemäß CONSORT-Statement [4]) als auch die Bewertung der Studie gemäß vermittelter Evidenzkriterien darstellten.

Im nachfolgenden Konzept wurde auf die Referate verzichtet, um die Studierenden aktiver in die Diskussion der einzelnen Studien einzubinden. Daher haben sie nun die Aufgabe, aus mindestens drei der genannten Artikel sowohl die Studiendurchführung als auch die Bewertung der Studie gemäß vermittelter Evidenzkriterien zu extrahieren. Die einzelnen Aspekte der Studien werden dann während der Übung ausführlich diskutiert.

Einige Wochen vor der Abschlussklausur erhalten die Studierenden einen deutschsprachigen Artikel. Zur Güte der dort dargestellten Studie wird die zweite Hälfte der Klausurfragen formuliert.

Ergebnisse und Diskussion

Der Erfolg der Umstrukturierung der Lehrveranstaltung „Medizinische Biometrie für Mediziner" wird anhand zweier Maßstäbe bewertet. Zum einen können die Ergebnisse der Abschlussklausur zur Bewertung herangezogen werden. Zum anderen wird im Verlauf des Semesters eine Evaluation der Lehrveranstaltungen durch die Studierenden durchgeführt. Neben Fragen mit festem Antwortformat sind hier auch Kommentarfelder vorgesehen, in denen die Studierenden Kritik und Änderungswünsche äußern. Im Rahmen dieses Beitrags werden diese Ergebnisse ausführlich dargestellt und diskutiert.


Literatur

1.
http://www.medi-learn.info/seiten/basismodul/Detailed/144.shtml
2.
Renzig-Köhler K, Kaiser S, Hircher H, Jöckel K-H. Erwartungshaltung und Vorkenntnisse von Medizinstudenten bezüglich des Biometrieunterrichts und der Anwendung von Statistiksoftware. Vortrag auf dem Jahrestreffen 1997 der AG Didaktik der Biometrie der Internationalen Biometrischen Gesellschaft - Deutsche Region.
3.
Sackett DL, Straus SE, Richardson WS, Rosenberg W, Haynes BR. Evidence-based Medicine. London: Churchill Livingstone, 2000.
4.
Moher D, Schulz KF, Altman DG. The CONSORT statement: revised recommendations for improving the quality of reports of parallel-group randomized trials. Ann Intern Med 2001; 134: 657-62.