gms | German Medical Science

49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)
Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)

26. bis 30.09.2004, Innsbruck/Tirol

Epidemiologische Krebsregistrierung in Österreich : Methoden, Stand und Ergebnisse

Meeting Abstract (gmds2004)

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  • corresponding author presenting/speaker Willi Oberaigner - Tumorregister Tirol, Innsbruck, Österreich
  • Hans Concin - KH Bregenz/Gynäkologie, Bregenz, Österreich
  • Wolf Stühlinger - UMIT - Private Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik, Innsbruck, Österreich

Kooperative Versorgung - Vernetzte Forschung - Ubiquitäre Information. 49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI) und Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI) der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) und der Österreichischen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (ÖGBMT). Innsbruck, 26.-30.09.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04gmds077

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2004/04gmds077.shtml

Veröffentlicht: 14. September 2004

© 2004 Oberaigner et al.
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Gliederung

Text

Einleitung

Die Krebsregistrierung wird in Österreich durch das Krebsmeldegesetz aus dem Jahr 1969 geregelt. Nach diesem Gesetz sind alle Krankenhäuser, die Krebspatienten behandeln, zur Meldung an das Österreichische Statistische Zentralamt (jetzt Statistik Austria) verpflichtet. Neben dem österreichweiten Krebsregister sind in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts so genannte lokale Krebsregister entstanden, die jeweils ein Bundesland abdecken. Diese lokalen Krebsregister sind im Westen Österreichs konzentriert, es gibt jetzt lokale Krebsregister in den Bundesländern Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Kärnten.

Methoden

Das österreichweite Krebsregister basiert auf einem gesetzlich vorgeschriebenen Formular, dem so genannten Krebsmeldeblatt. Enthalten sind alle wesentlichen Informationen über Krebserkrankungen. Die lokalen Krebsregister orientieren sich im Wesentlichen ebenfalls am Krebsmeldeblatt, wobei länderspezifische Fragestellungen dazukommen. Zum Beispiel besteht in Vorarlberg durch die organisatorische Nähe des Krebsregisters zum Arbeitskreis für Vorsorgemedizin ein besonderes Interesse an den Auswirkungen von Früherkennungsmaßnahmen. Alle Krebsregister erheben die von der IARC empfohlenen Pflichtinformationen [1].

Unterschiedlich ist die Einbindung von weiteren Informationsquellen, die nach internationaler Erfahrung wesentlich für die Verbesserung der Vollständigkeit der Krebsmeldungen sind [1]. In allen lokalen Krebsregistern werden Pathologiebefunde eingebunden, in Tirol und Vorarlberg ebenfalls Strahlentherapiedaten. Im österreichweiten Krebsregister werden die Pathologiebefunde erst ab 2005 eingebunden werden, Basis ist eine Novelle zum Krebsmeldegesetz, die voraussichtlich im Jahr 2005 in Kraft treten wird.

Unterschiedlich sind auch die Methoden für die DCO-Recherchen (Death Certificate Only). Während in Tirol DCO-Recherchen durchgeführt werden können, ist dies in den anderen lokalen Krebsregistern nicht möglich. Das österreichweite Krebsregister führt DCO-Recherchen seit 1998 durch.

Stand der Krebsregistrierung in Österreich

Ein guter Indikator für die Vollständigkeit eines Inzidenzregisters ist die DCO-Rate. Das österreichweite Krebsregisters weist eine DCO-Rate von 15% aus. Die DCO-Raten für die lokalen Krebsregister liegen in Salzburg seit 1998 bei 5%, in Kärnten bei 10%, in Vorarlberg seit 1993 bei 5% und für Tirol seit 1990 unter 5%. Das Krebsregister Tirol ist seit 1988 als Vollmitglied in die IACR aufgenommen, Vorarlberg seit 1993. Damit sind die Inzidenzdaten von Tirol seit 1988 und von Vorarlberg seit 1993 in der Standardpublikation Cancer Incidence in Five Continents enthalten [2].

Ergebnisse der Krebsregistrierung in Österreich

Die stabilsten Inzidenzraten liegen für Tirol vor [3]. Die altersstandardisierte Rate (SEGI-Standard) für alle bösartigen Neubildungen mit Ausnahme der NMSC (non melanoma skin cancer) ist für die Frauen von 261.1 im Jahr 1988 gesunken auf 243.6 im Jahr 2000, bei den Männern war eine Zunahme zu beobachten von 320.0 im Jahr 1988 auf 374.7 im Jahr 2000. Betrachtet man aber die Fälle mit Ausnahme der Prostatakarzinome, so ist die Inzidenzrate bei den Männern von 262.3 im Jahr 1988 gesunken auf 244.6 im Jahr 2000.

Die häufigsten Tumoren sind bei der Frau der Brustkrebs (25%), der kolorektale Krebs (11%) und der Lungenkrebs (6%). Bei den Männern hat der Prostatakrebs mit 31% im letzten Jahrzehnt den Lungenkrebs mit 12% als häufigsten Tumor überholt, an dritter Stelle liegt der Darmkrebs mit einem Anteil von 11%. Bezüglich Mortalität ist aber immer noch der Lungenkrebs der häufigste Tumor beim Mann.

Im EU-Vergleich (Basis 1997/98) liegt Tirol für alle Krebserkrankungen bei den Frauen in der Inzidenz leicht über dem europäischen Durchschnitt und in der Mortalität fast exakt im Durchschnitt. Bei den Männern liegt Tirol in der Inzidenz an erster Stelle (bedingt durch die hohe Inzidenz am Prostatakarzinom, die stark durch PSA-Untersuchungen bedingt ist) und in der Mortalität im unteren Drittel der EU- Länder.

Die regionale Verteilung der Krebsfälle wurde für Gesamtösterreich nur auf Basis der Mortalitätsdaten analysiert [4]. Für die Inzidenzdaten wurde ein kleinräumiger Atlas für die westlichen Bundesländer der Jahre 1988-1993 herausgegeben, derzeit ist ein Atlas für die Alpenländer (Vorarlberg, Tirol, Kärnten, Südtirol, Trient und nördliches Friaul) in Vorbereitung.

Weiters werden für Tirol regelmäßig Überlebensdaten publiziert, auch im internationalen Vergleich [5]. Das relative Fünfjahresüberleben liegt für beide Geschlechter bei 65%, diese Ergebnisse sind fast identisch mit den Überlebensraten der SEER-Register aus den USA.

Diskussion

Das österreichische Krebsmeldegesetz bildet eine ausgezeichnete rechtliche Basis für die Krebsregistrierung. Die Vollständigkeit der Krebsregistrierung hat sich im letzten Jahrzehnt deutlich verbessert. Während in den westlichen Bundesländern die Daten auch international akzeptiert sind, ist in den östlichen Bundesländern bzw. in Gesamtösterreich immer noch ein Verbesserungspotential festzustellen, das vor allem durch Einbindung von Pathologiebefunden ausgeschöpft werden kann. Um diese Tätigkeiten effizient durchzuführen, wäre es äußerst wünschenswert, wenn die Pathologieinstitute die Befunde codieren würden.


Literatur

1.
Jensen OM, Parkin DM, MacLennan R, Muir C.S., Skeet R.G. Cancer Registration. Principles and Methods. Lyon: IARC; 1991.
2.
Parkin D.M., Whelan SL, Ferlay J, Teppo L, Thomas B. Cancer Incidence in Five Continents. Volume VIII. Lyon: IARC Scientific Publications No. 155; 2002.
3.
Oberaigner W, Mühlböck H, Harrasser L. Tumorregister Tirol Bericht für die Diagnosejahre 1997/98. Innsbruck: IET-Bericht; 2003.
4.
Langgaßner J. Österreichischer Todesursachen Atlas 1988/94. Wien: Österreichisches Statistisches Zentralamt; 1998.
5.
Coleman MP, Gatta G, Verdecchia A, Esteve J, Sant M, Storm H et al. EUROCARE-3 summary: cancer survival in Europe at the end of the 20th century. Ann Oncol. 2003; 14 Suppl 5:V128-V149.