gms | German Medical Science

49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)
Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)

26. bis 30.09.2004, Innsbruck/Tirol

Software-Tools für intelligente Datenanalyse

Meeting Abstract (gmds2004)

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  • corresponding author presenting/speaker Holger Tenner - Institut für Medizinische Statistik und Epidemiologie, TU München, München, Deutschland
  • Gerda Roswitha Thurmayr - Institut für Medizinische Statistik und Epidemiologie, TU München, München, Deutschland
  • Rudolf Thurmayr - Institut für Medizinische Statistik und Epidemiologie, TU München, München, Deutschland

Kooperative Versorgung - Vernetzte Forschung - Ubiquitäre Information. 49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI) und Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI) der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) und der Österreichischen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (ÖGBMT). Innsbruck, 26.-30.09.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04gmds063

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2004/04gmds063.shtml

Veröffentlicht: 14. September 2004

© 2004 Tenner et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Einleitung

Mit PubMed lassen sich zielgerichtete Fragen (wie viele Artikel existieren zu einem Feldinhalt, z.B. zum Autor Z. Meier oder zum Schlagwort Appendizitis) gut beantworten. Unbestimmte Fragen (welche Feldinhalte, z.B. Autoren oder Schlagwörter, enthalten Artikel zu einem Thema) können nur händisch und zeitaufwendig beantwortet werden. Meva gestattet dagegen eine automatisierte Online-Auswertung unbestimmter Fragen im Sinne eines Web Content Mining.

Methoden

Um eine interaktive Analyse von MEDLINE-Resultaten zu erreichen, wurde ein Webdienst namens Meva (MEDLINE Evaluator) entwickelt, der als Postprozessor arbeitet: Er setzt auf dem Suchresultat auf, das der Anwender über eine PubMed-Suche gewonnen hat, analysiert Anzahl und Beziehungen der gefundenen bibliographischen Felder und stellt sie graphisch verdichtet als Säulendiagramme, Kontigenztafeln, Detailtabellen und einen MeSH-Baum dar [Abb. 1].

Wichtige bibliographische Felder bei der Auswertung sind MeSH-Terme (Schlagwörter), Publikationsdatum, Publikationstyp, Autor, Adresse, Journal, Titel und Sprache. Vorhandensein und Häufigkeit können für einzelne Felder oder auch für Kombinationen zweier Felder berechnet werden. Da die Relevanz des Suchergebnisses durch die Verwendung von MeSH-Termen stark gesteigert werden kann [1], stellt ihre Auswertung durch Meva einen Schwerpunkt dar.

Einen freien Meva-Zugang bieten die Webpräsenzen http://www.med-ai.com/ und http://www.imse.med.tu-muenchen.de/meva/ derzeit an.

Ergebnisse

Häufig gestellte klinische Fragen wie:

• Wer ist der Spezialist für ein bestimmtes Krankheitsbild?

• Wo ist der nächste Spezialist für ein bestimmtes Krankheitsbild?

• Welcher Therapieansatz zeitigte die besten therapeutischen Ergebnisse?

• Wer hat die beste klinische Erfahrung?

• Welche weiterführenden Begriffe gibt es, nach denen ich suchen kann?

• Wie bekomme ich einen Überblick zu einem bestimmten Thema?

bzw. Fragestellungen, die bei statistischen Auswertungen auftreten wie:

• Welches sind die wichtigsten Schlagwörter oder Autoren?

• Wie verteilen sich Autoren, Schlagwörtern oder Publikationstypen zeitlich?

• Welche Institute oder Kliniken haben die meisten Artikel dazu publiziert?

• Welche räumliche Verteilung von Autoren gibt es?

• Wer hat wie oft über dieses Thema geschrieben?

lassen sich mit der Auflistung der Suchergebnisse durch PubMed [2] nicht oder nur schwer beantworten. Hier liegt ein Vorteil von Meva.

Eine typische Interpretation eines Meva-Resultates sei an Hand einer PubMed-Abfrage nach dem Schlagwort „Lambert-Eaton-Syndrom" (LES) erklärt (414 resultierende Artikel, Anzahl gefundener Hauptschlagwörter in Klammern):

1. LES (339) ist vorwiegend ein paraneoplastisches Syndrom (52) bei (Lungen-) Neubildungen (83), speziell bei kleinzelligen Karzinomen (66).

2. Die entstehende Myasthenia gravis (53) ist eine Autoimmunkrankheit (80) durch Bildung von Autoantikörpern (54).

3. Die Kalziumkanäle (76) an den neuromuskulären Verbindungen (38) werden blockiert (7), so daß eine Ateminsuffizienz entsteht (10). Als Therapeutica werden 4-Aminopyridine (21) und Immunglobulin intravenös (14) angeführt.

4. Der Autor mit den meisten Artikeln (46) im Zeitraum 1989-2003 ist Newsom-Davis J, aus Oxford, UK. Es besteht eine Zusammenarbeit mit Marseilles (5) und New York (2). Themen: LES (40), Kalziumkanäle (16) und Autoantikörper (10). Es existieren eine Metaanalyse, ein RCT und 5 Reviews.

Je nach Wissensstand des Benutzers ist der Wissensgewinn durch diese Aussage unterschiedlich. Im Vergleich zu Pschyrembel, de Gruyter, Auflage 256, 1990, ist Punkt 1 dort auch zu finden, Punkt 2 und 3 sind nur teilweise beschrieben und über den Autor Newsom-Davis besteht kein Eintrag.

Eine Auswertung von 950 Anfragen an Meva in den letzten zwei Jahren ergab Schlagwörter (MH) und Autoren (AU) nebst Kombinationen (AD: Institution) als häufigste Suchbegriffe [Abb. 2].

Diskussion

Allgemeine Vorteile von Meva sind die freie Verfügbarkeit, die kostenlose Nutzung, die zentrale Vorhaltung, die fehlende Notwendigkeit einer Installation beim Nutzer (nur Webbrowser erforderlich), die benutzersteuerbare Analyse, die bequeme iterative Verfeinerbarkeit der ursprünglichen Lösungsmenge durch die Verlinkung der Feldinhalte im Meva-Resultat zu PubMed oder die Möglichkeit zum Einlesen des Meva-Resultates in eine Datenbank. Spezifische Vorteile sind:

Durch Säulendiagramme besteht die Möglichkeit, sich schnell einen Überblick über die wichtigsten Autoren oder Schlagwörter eines interessierenden Gebietes zu verschaffen: Feldinhalte werden sortiert nach Häufigkeit ausgegeben. Eine wichtige Anwendung ist z.B. die Frage, welcher Autor die meiste klinische Erfahrung auf einem Gebiet aufweist. Der Benutzer vermag durch die Kombination eines bibliographischen Feldes mit dem Publikationsdatum die Einführung von Schlagwörtern oder die Publikationstätigkeit von Autoren etc. zeitlich darstellen.

Durch Kontigenztafeln kann ein Benutzer quantitative Bezüge zwischen Feldern herstellen; ein Leistungsmerkmal, welches PubMed nicht aufweist. Interessierende Bezüge sind z.B. Land - Schlagwort, Institution - Schlagwort, Institution - Autor, Schlagwort - Publikationsdatum (Zeitachse), Schlagwort - Publikationstyp, Schlagwort - Sprache, Schlagwort - Autor etc. So lassen sich Fragestellungen wie „Welcher Therapieansatz zeigte die besten Ergebnisse?" schneller beantworten. Auch medizinische Laien können wertvolle Informationen gewinnen: „Wo sitzt der Spezialist für ein bestimmtes Krankheitsbild und wie heißt er?" Aus den Korrelationen Autor - Schlagwörter lassen sich Autorenprofile ableiten, die zur Einordnung eines Autors in der wissenschaftlichen Landschaft unerläßlich sind.

Der MeSH-Baum präsentiert im Gegensatz zu PubMeds MeSH-Browser semigraphisch alle Schlagwörter eines PubMed-Resultates und bietet sich so zur statistisch-hierarchischen Auswertung oder Gewinnung weiterführender Schlagwörter an.


Literatur

1.
Coletti MH, Bleich HL. Medical Subject Headings Used to Search the Biomedical Literature. J. Am Med Inform Assoc 2001; 8: 317-323.
2.
Greenhalgh T. How to Read a Paper - the MEDLINE Database. BMJ 1997: 315 180-183