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EbM in Qualitätsmanagement und operativer Medizin
8. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

22.03. - 24.03.2007 in Berlin

Freiheitseinschränkende Maßnahmen in Alten- und Pflegeheimen: eine multizentrische epidemiologische Studie

Meeting Abstract

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EbM in Qualitätsmanagement und operativer Medizin. 8. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.. Berlin, 22.-24.03.2007. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2007. Doc07ebm078

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/ebm2007/07ebm078.shtml

Veröffentlicht: 15. März 2007

© 2007 Meyer et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund

Surveys haben eine Prävalenz freiheitseinschränkender Maßnahmen in deutschen Alten- und Pflegeheimen von ca. 40 % ermittelt. Mit einer neuerlichen Erhebung in Hamburger Einrichtungen wurden erstmals Daten mittels direkter Beobachtung einer großen Population gewonnen.

Methoden

Eingeschlossen sind 2.367 Bewohner aus 30 Heimen. Die Prävalenz mechanischer Maßnahmen wurde an 3 Zeitpunkten eines Stichtags durch externe Untersucher erfasst. Die psychotrope Medikation wurde von Pflegenden aus den Bewohnerakten erhoben. Eine 12-monatige Beobachtung schloss sich an.

Ergebnisse

Die Cluster-adjustierte Prävalenz der Bewohner mit mindestens einer mechanischen freiheitseinschränkenden Maßnahme beträgt 26,2% (95% Konfidenzintervall 21,3-31,1%). Bettgitter stellen mit 24,5% die häufigste Maßnahme dar. Stecktische (2,1%), Gurte im Stuhl oder Bett (2,7%) sowie andere Maßnahmen (2,3%) sind selten. Bei 39,5% der Bewohner mit mindestens einer Maßnahme liegt eine richterliche Genehmigung vor. Bei 14,9% der Bewohner liegt die schriftliche Erklärung des Bewohners vor; 11,9% haben laut Pflegepersonal den Wunsch mündlich geäußert. Bei je 16,6% wird die Maßnahme durch die Entscheidung des Pflegepersonals bzw. des Betreuers gerechtfertigt. In seltenen Fällen wird angegeben, ein Angehöriger (2,8%) oder der betreuende Arzt (3,3%) habe bestimmt. Die Häufigkeit variiert Zentrums-abhängig von 4% bis 59%. Die prospektive Erhebung und die Prävalenz psychotroper Medikation sind noch nicht ausgewertet.

Schlussfolgerung/Implikation

Die ermittelte Prävalenz mechanischer freiheitseinschränkender Maßnahmen ist niedriger als in deutschen und europäischen Fragebogenerhebungen berichtet. Dennoch gehören die Maßnahmen offensichtlich zur Standardversorgung, ganz im Widerspruch zu ihrer fehlenden Wirksamkeit und den zu erwartenden unerwünschten Wirkungen. Die Entwicklung einer evidenzbasierten Praxisleitlinie mit dem Ziel der Reduktion der Maßnahmen und der Minimierung der Zentrumsunterunterschiede ist beabsichtigt.