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Evidenz auf dem Weg zum Patienten: Was kann ein leitlinienbasierter Asthma-Newsletter bewirken? Analyse einer Leser-Befragung.
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Veröffentlicht: | 15. März 2007 |
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Hintergrund
Zu den Implementierungswerkzeugen evidenzbasierter medizinischer Leitlinien gehören qualitativ hochwertige Patienten-Informationen. Es mangelt jedoch an wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen darüber, ob sie einen Nutzen im Sinne einer Wissens- und vor allem Verhaltensmodifikation bei den Betroffenen erreichen. Evidenzbasierte Patienten-Informationen werden in einer Kooperation zwischen der Allianz Private Krankenversicherungs-AG (APKV) und der Medizinischen Fakultät der Universität Witten/Herdecke seit etwa drei Jahren in Form eines Newsletters für asthmakranke Versicherte erstellt. Dieser gedruckte, 2-seitige Newsletter greift jeweils ein bis zwei Schwerpunktthemen auf und wird quartalsweise an alle asthmakranken Versicherten der Allianz PKV versandt. Die hier vorgestellte Erhebung soll dazu beitragen, Stärken und Schwächen eines solchen Implementierungswerkzeuges zu erkennen, Themenbereiche zu gewichten und mögliche Subgruppen zu identifizieren, die von bestimmten thematischen Schwerpunkten profitieren. Bei früheren Leserbefragungen hatte der Asthma-Newsletter von über 80% der Leser die „Schulnoten“ gut bis sehr gut bekommen. Eine erneute Befragung im Mai 2006 sollte zusätzlich zur Leserzufriedenheit auch anonymisierte Ergebnisse bezüglich des Asthma-Schweregrades und eventueller Wissens- und Verhaltensmodifikationen durch den Newsletter bringen.
Methoden
Der Asthma-Newsletter wird an Versicherte versandt, in deren eingereichten Rechnungen zwei Mal die Diagnose Asthma verschlüsselt wurde. Aus der Liste der Newsletter-Empfänger wurde eine zufallsbasierte Stichprobe von 1000 Adressen gezogen. Aus diesen Kontakten hat das Kunden-Service-Center der APKV mit 308 Versicherten telefonische Interviews anhand eines standardisierten, gemeinsam mit der UWH entwickelten, Fragebogens geführt. Die Datenbasis von 308 Interviews wurde mit statistischen Standardverfahren (SPSS) analysiert.
Ergebnisse
Bei der Auswertung wurde zwischen Interessenschwerpunkten (z.B. „Das Thema fand ich hilfreich/nicht hilfreich“) und tatsächlichen Effekten (z.B. „Habe meinem Arzt mehr Fragen gestellt“) differenziert. Es zeigt sich eine deutliche Interessen-Präferenz für Themen, die mit dem selbständigen Umgang mit der Erkrankung zu tun haben (z.B. „Was kann ich selber tun?“, „Asthmaauslöser kennen und vermeiden“). Weniger „alltagsnahe“ Themen (z.B. „Wirkung und Anwendung von Asthma-Medikamenten“ oder „Was der Arzt bei Asthma tut“) wurden als deutlich „weniger hilfreich“ bewertet. Im Gesamtkollektiv kann ein Einfluss des Newsletters auf Wissen oder Verhalten nicht abgebildet werden. Eine Subgruppenanalyse zeigt jedoch, daß der Einfluss des Newsletters auf Verhaltensänderungen von der Schwere der Erkrankung abhängt: Bei hohem Krankheitsgrad wurden Verhaltensänderungen aufgrund des Asthma-Newsletters häufiger angegeben. Diese Abhängigkeit vom Krankheitsgrad gilt auch für das Informations-Bedürfnis („Habe meinem Arzt aufgrund des Newsletters mehr Fragen gestellt“ und „Interessiere mich mehr für die Hintergründe der Erkrankung“). Eine Bedeutung scheint auch der Grad der (Vor-)Information durch den Hausarzt zu haben: Je schlechter sich die Befragten durch ihren Hausarzt informiert fühlten, desto hilfreicher fanden sie das Thema „Was kann ich selber tun?“.
Schlussfolgerung/Implikation
Das Merkmal „Schwere der Erkrankung“ scheint den größten Einfluss auf tatsächliche Verhaltensänderungen durch die Lektüre des Newsletters zu haben. Die Interessen-Präferenzen der Asthmakranken liegen bei Themen, die den selbständigen Umgang mit der Erkrankung beleuchten. Inhalte, die einen unabdingbaren Baustein für den selbständigen Umgang mit der Erkrankung liefern (z.B. „Wirkung und Anwendung von Asthmamedikamenten“), werden als „weniger hilfreich“ befunden. Zukünftige Initiativen sollten einerseits darauf ausgerichtet sein, die oben genannten Interessensschwerpunkte auf der Grundlage valider Daten patientengerecht aufzubereiten. Andererseits müssen Wege gefunden und evaluiert werden, die dazu beitragen, ein Verständnis für die Bedeutung der weniger interessierenden, aber aus medizinischer Sicht unabdingbaren und zur gewünschten Selbständigkeit verhelfenden Themen zu wecken.