Artikel
Klassifikation von Patientenfallgruppen am Beispiel degenerativer Wirbelsäulenerkrankungen – Eingangsdiagnostik als erster Schritt für eine bedarfsgerechte Behandlung und Entwicklung von Behandlungsstandards
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 16. Oktober 2008 |
---|
Gliederung
Text
Fragestellung: Stationäre Reha-Patienten mit Rückenbeschwerden stellen eine heterogene Klientel dar. Bedeutsam ist, Variable, die als evidenzbasierte Risikofaktoren für Chronifizierung und Therapieerfolg bei Rückenschmerzen gelten, zu identifizieren. Ziel vor Reha-Beginn sollte sein, die Patienten unterschiedlichen Teilgruppen (Pat.-Kategorien) mit homogenen Merkmalen zuzuordnen, um am Bedarf orientierte Leistungen in Form von Therapiemodulen einzuleiten. Hier stellt sich die Frage, welche Instrumente geeignet sind, Patienten mit homogenen somatischen, psychischen und sozialen Merkmalen und mit daraus resultierendem homogenen Behandlungsbedarf Teilgruppen zuzuordnen.
Methodik: Aufbauend auf einer multizentrischen prospektiven Kohortenstudie zur Evaluation der Rehabilitation von 1228 Patienten, in der mittels Clusteranalyse 4 Schweregradgruppen mit körperlichen und psychischen Merkmalen ermittelt wurden, werden fortan Rehabilitanden mittels Fragebogeninstrumente (SF-36, NRS, PDI, HADS-D, HADS-A) Patientenkategorien zugeordnet. Sozialmedizinische Parameter werden mittels SIMBO erfasst. Auf Basis der im Verlauf der Studie gewonnenen Einblicke in den Prozess der Diagnostik und Therapiesteuerung wurde eine in drei Stufen zu unterteilende Diagnostik entwickelt.
Ergebnisse: Mit Hilfe der Fragebogeninstrumente ließen sich Risikoindikatoren erfassen und Patienten-Teilgruppen bilden. Die Studie erbrachte zusätzlich den Nachweis von signifikanten positiven Effekten auf funktions- und schmerzbezogene Parameter sowie auf psychische Störungen. Mit Blick auf die unterschiedlichen Schweregrade erhielten Teilgruppen (I & III) mit überwiegend somatischen Krankheitsursachen häufiger aktive Behandlungsmaßnahmen. Dagegen schienen beide Gruppen mit psychischer Komorbidität (II & IV) mehr von Entspannungs- und Schmerzbewältigungstraining sowie psychologischer Beratung/Therapie zu profitieren. Daraus sollten Konsequenzen für die Therapie in Form von bedarfsorientierten Behandlungspfade gezogen werden. Um dieses Konzept zu standardisieren, wurde die Eingangsdiagnostik nach drei Stufen differenziert. Ausgangspunkt des diagnostischen Prozesses ist ein Patientenfragebogen, der die somatischen und psychischen Beeinträchtigungen erfasst und frühzeitig spezifische Problemlagen identifiziert. In der zweiten Stufe werden Rehabilitanden mit psychischen Auffälligkeiten und Schmerzchronifizierungen einem Psychologen zur Exploration vorgestellt. In der dritten Stufe nehmen beteiligte Berufsgruppen an einer Fallkonferenz zur Zuordnung der Patienten zu einer Schweregradgruppe und Festlegung des Therapiemoduls teil.
Schlussfolgerungen: Mit Fragebogeninstrumenten lassen sich zu Reha-Beginn Patienten identifizieren, die über die zur Rehabilitation anlassgebende Erkrankung hinaus Schmerzchronifizierungen, psychische und sozialmedizinische Probleme aufweisen. Mit Zuordnung der Patienten in Schweregradgruppen werden Voraussetzungen für bedarfsorientierte Behandlungsstandards geschaffen.