Artikel
Klinische Prädiktoren einer Akutschmerzchronifizierung nach operativen Eingriffen
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 16. Oktober 2008 |
---|
Gliederung
Text
Fragestellung: Gibt es Prädiktoren einer Akutschmerzchronifizierung bei operativ versorgten Patienten mindestens ein Jahr postoperativ und können diese zur wirkungsvollen Prävention angewendet werden?
Methodik: Prospektive zweistufige Kohortenstudie aller operierten Patienten eines Jahres. In Stufe 1 wurden Patienten zu ihren neu aufgetretenen Schmerzen seit dem operativen Eingriff befragt. Diese mußten ≥1 Jahr nach dem Eingriff noch vorhanden sein mit einer therapiebedürftigen Schmerzintensität [VAS/NRS ≥30 Pkt. (0–100 Pkt.)].Um den Zusammenhang zwischen der OP und den Schmerzen aufzeigen zu können, führten wir eine zweite Untersuchung durch, in der wir die Patienten zur OP-Bezogenheit ihrer Schmerzen evaluierten. In einer Prädiktorenanalyse führten wir einen "matched-pair"-Vergleich (Alter, Geschlecht, OP-Art, OP-Lokalisation) zwischen der Gruppe mit operationsbezogenem chronischem („Schmerz“) und der Gruppe ohne postoperativen chronischen Schmerz („kein Schmerz“) durch. Statistische Analyse: Wilcoxon/Fishers Exact-Test mit p 0,05.
Ergebnisse: 3020 Patienten wurden innerhalb eines Jahres in unserer Abteilung behandelt und nach durchschnittlich 29 Monaten (±3,5) befragt. 984 Patienten antworteten, wovon 911 Fragebögen komplett auswertbar waren. In der ersten Befragung gaben 522 Patienten (Ø Alter 54 Jahre [±17,6 Jahre]) ≥1 Jahr nach dem Eingriff eine VAS/NRS- Schmerzzahl ≥30 Punkte an. Anschliessend konnte eine weitere Patientendatenanalyse (Aktendaten,persönliche Interviews) sowie körperliche Untersuchungen zeigen,dass bei 14,1% der Patienten postoperative operationsbezogene Schmerzen vorlagen (Gruppe „Schmerz“). 63,6% der Untersuchten gaben ≥1 Jahr postOP keine Schmerzen nach durchgeführter Operation an (Gruppe „kein Schmerz“).Aus diesen beiden Gruppen konnten 42 Patientenpaare gematcht werden. Patienten der „Schmerz“-Gruppe verweilten länger in der Klinik (p=0,035; Wilcoxon-Test), hatten insgesamt postOP mehr Schmerzen (p=0,026; Wilcoxon-Test), mit signifikanten Unterschieden der Ruheschmerzintensität ≥20 Pkt. (VAS/NRS 0–100 Punkte) innerhalb der ersten 3 Tage (p=0,003; Wilcoxon-Test) sowie der Anzahl der opiatpflichtigen Tage (p=0,03; Wilcoxon-Test). Außerdem gaben diese signifikant mehr verschiedene Schmerzlokalisationen an (p=0,002; Fishers-Exact-Test).Keinen Einfluss hatten begleitende Komorbiditäten (p=0,06; Wilcoxon-Test),das Alter (p=0,92; Wilcoxon-Test),das Geschlecht (p=0,38; Wilcoxon-Test), die Anzahl der Vor-OPs (p=0,07; Wilcoxon-Test)sowie die Länge des ICU-Aufenthaltes (p=0,39; Wilcoxon-Test).
Schlussfolgerung: Akutschmerzchronifizierung nach einem operativen Eingriff scheint wesentlich von einer suffizienten Schmerztherapie abzuhängen. Wegweisend für oder gegen eine Chronifizierung scheinen die ersten drei Tage postoperativ sowie zum Entlassungszeitpunkt die Anzahl der opiatpflichtigen Tage zu sein.Die Patienten-Komorbiditäten, das Alter, das Geschlecht, die Länge des ICU-Aufenthaltes sowie Vor-OPs spielen eher eine untergeordnete Rolle.