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Aktuelle Rekonstruktionsstrategie bei schweren Plexus brachialis Verletzungen
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Veröffentlicht: | 16. Oktober 2008 |
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Gliederung
Text
Einleitung: Gerade beim polytraumatisierten Patienten kommt es immer wieder durch Traktion der Schulter- Halsregion zu schweren proximalen Nervenverletzungen, die zeitnah diagnostiziert und nach Stabilisierung der lebensbedrohlichen Verletzungen auch zügig operativ dargestellt und mikrochirurgisch rekonstruiert werden müssen.
Wir stellen unser Therapiekonzept und klinische Erfahrung aus 10 Jahren dar.
Material und Methoden: Seit 1997 behandeln wir jährlich etwa 100 Verletzungen des Plexus brachialis bei Kindern (Geburtstrauma) und Erwachsenen (meist Motorradunfälle), sowohl mit primärer Nervenrekonstruktion als auch Sekundäreingriffen.
Die klinische prä- und postoperative Beurteilung erfolgt anhand gezielter ROM- Messungen der einzelnen Gelenke und Bewegungsebenen, aktiv und passiv. Zusätzlich setzen wir Videoaufnahmen und die videogestützte (Vicon R) Bewegungsanalyse ein.
Ergebnisse: Intraoperativ überwiegen bei Erwachsenen schwere Nervwurzelzerreissungen und -ausrisse, die nur bedingt intraplexisch rekonstruiert werden können. Bei oberen Teilläsionen erreichen wir mit gezielten Neurotisationen der Ellenbeuger (nach Oberlin) und des M. deltoideus (nach Somsack) funktionell gute Resultate mit Kraftgraden M3-M5. Vollständige Läsionen können nur partiell und selektiv repariert werden (aktive Ellenbogenbeugung, Schutzsensibilität der Hand, spätere Versteifung von Schulter- und Handgelenk).Prognostisch bedeutsam sind das Ausmaß der Verletzung, die histologische Wurzelqualität, Art und Umfang der intra- und extraplexischen Rekonstruktion sowie das Zeitintervall zur Rekonstruktion. Massive Muskelatrophie kann nur bei jungen Patienten und zeitnaher (innerhalb 3 Monate nach Unfall) Rekonstruktion der Nerven gebremst und zur sinnvollen Funktion (mindestens Kraftgrad M3) zurückgeführt werden.
Zusammenfassung: Beim schweren Plexusschaden, aber auch bei traumatischen Schäden des N. axillaris und suprascapularis können heute bei früher Indikationsstellung und subtiler mikrochirurgischer Rekonstruktion funktionell wertvolle Resultate erzielt werden, deren Kenntnis mit in das Behandlungskonzept gerade eines jungen polytraumatisierten Patienten einfliessen sollte; deshalb möchten wir unsere Strategie interdisziplinär vorstellen und diskutieren. Ein freier funktioneller Muskeltransfer kann in Einzelfällen eine motorische Funktion auch bei lange zurückliegenden Verletzungen wieder etablieren (Verfahren nach DOI).