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Stellenwert bildgebender Diagnostik beim posttraumatischen komplex regionalen Schmerzsyndrom (CRPS I = M. Sudeck)
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Veröffentlicht: | 16. Oktober 2008 |
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Fragestellung: Das CRPS I ist eine häufige Komplikation nach Trauma oder Operation; es wird jedoch häufig fehlgedeutet und zu spät diagnostiziert. Es ist bislang unklar, ob die prinzipiell klinische Diagnose durch bildgebende Diagnostik erleichtert werden kann. Durch eine prospektive Studie in einem CRPS I Risikokollektiv soll diese Frage beantwortet werden.
Methodik: 175 Patienten nach distaler Radiusfraktur wurden im Rahmen ihrer Frakturheilung für 4 Monate einem engmaschigen klinischen Screening unterzogen. Gleichzeitig erfolgte jeweils nach 8 und 16 Wochen eine bildgebende Diagnostik in Form von MRT Untersuchungen (1,5 Tesla + KM) und 3-Phasen-Skelettszintigraphien. Nach 8 Wochen wurde eine bilaterale Röntgenuntersuchung des Handskeletts durchgeführt und nach 2, 8 und 16 Wochen jeweils Thermographien beider Hände. Die Bildgebung wurde durch gegenüber dem klinischen Befund verblindete Untersucher befundet. Anhand der klinischen CRPS I Kriterien der IASP (international association for the study of pain) erfolgte am Ende des Studienzeitraumes die Identifikation der CRPS I Patienten. Anschließend wurde die Spezifität, Sensitivität und praediktive Vorhersagekraft der angewendeten Diagnostikmethoden analysiert.
Ergebnisse: 17 Patienten wurden im follow up verloren, sodaß 158 Patienten komplett untersucht wurden. 18 Patienten (11%) entwickelten das Vollbild eines CRPS I und 13 Patienten (8%)ein inkomplettes Erscheinungsbild im Sinne eines Borderline Syndromes. Die Sensitivität aller bildgebenden Diagnostikmethoden war gering. Die Röntgendiagnostik zeigte eine Sensitivität von 36%, wohingegen die 3-Phasen Skelettszintigraphie nach 8 Wochen eine Sensitivität von 19% und nach 16 Wochen von 14% aufwies. Die MRT Diagnostik konnte nach 8 Wochen 43% und nach 16 Wochen nur 13% der CRPS I Patienten detektieren. Die Thermographie zeigte eine Sensitivität von 45%, 50% und 29% im zeitlichen Verlauf. Die Spezifität stieg dagegen von der 8. zur 16. Wochen bei der Szintigraphie von 96 auf 100% und beim MRT von 78 auf 98%. Die Thermographie zeigte eine Spezifität von 50% , 67% und 89%, wobei die Spezifität der Röntgendiagnsotik bei 94% lag. Der positive Vorhersagewert war dementsprechend bei allen bildgebenden Verfahren zwischen 17 bis maximal 60% gering, bei einem negativen Vorhersagewert von durchschnittlich 79 - 86%.
Schlussfolgerungen: Die Untersuchung zeigt, dass der Wert aller bildgebenden Diagnostikmethoden bei der Frühdiagnostik des posttraumatischen CRPS I als gering anzusehen ist. Die natürlichen posttraumatischen Strukturveränderungen scheinen eine zuverlässige Detektion CRPS I spezifischer Zeichen nicht zuzulassen. Die Verfahren können nicht als Screeningtests fungieren und sollten in der Frühphase nach Trauma nicht zur Therapieentscheidung herangezogen werden. Die klinische Diagnose CRPS I sollte auch weiterhin durch exakte Erhebung der Symptomatologie gestellt werden, wobei die Kriterienkataloge der IASP anzuwenden sind.