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Welche Auswirkung hat die HKB-Rekonstruktion auf die femoro-tibiale Kinematik? Eine 3D in vivo Analyse bei Patienten mit HKB-Insuffizienz prä- und postoperativ
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Veröffentlicht: | 9. Oktober 2007 |
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Die pathologische vermehrte Translation zwischen Tibia und Femur bei chronischer hinterer Kreuzband (HKB) Insuffizienz wird als wesentlicher Faktor für die erhöhte Inzidenz an degenerativen Knorpelschäden, insbesondere im medialen Kompartiment, angesehen. Unklar ist dabei, inwieweit durch eine HKB-Rekonstruktion eine Normalisierung der femoro-tibialen Kinematik erreicht werden kann. Ziel der vorliegenden Studie war daher die 3D in vivo Analyse der femoro-tibialen Kinematik bei Patienten mit HKB-Insuffizienz prä- und postoperativ.
In einem offenen MRT (MR open, Siemens) wurden die Knie von 20 gesunden Probanden (20-44 Jahre) und von 10 Patienten (21-44 Jahre) mit unilateraler, HKB-Insuffizienz untersucht. Die Bildgebung erfolgte prä- und 1 Jahr postoperativ (nach HKB-Rekonstruktion) in unterschiedlichen Flexionsgraden (0°, 30° und 90° Flexion) mit und ohne Muskelaktivität. Zur Bestimmung der femoro-tibialen Translation wurde ein tibia-basiertes Koordinatensystem errechnet. Anschließend wurde die Transepikondylärachse bestimmt und in das tibia-basierte Koordinatensystem projiziert. Während Knieflexion (0°-90°) konnte in allen gesunden Knien eine posteriore Translation mit Außenrotation des Femurs relativ zur Tibia beobachtet werden. In der Patientengruppe hingegen zeigte sich präoperativ von 30° auf 90° Flexion eine paradoxe ventrale Translation des Femurs relativ zur Tibia (-2,86±0,31 mm vs. Gesund: 0,22±1,93 mm, p<0.05), welche unter flektierender Muskelaktivität weiter zunahm (-4.06±0.82 mm, p<0.01). Während bei den gesunden Knie die mediale Kondyle nur ein geringes Translationsausmaß aufwies, zeigte sich dieses bei den HKB-insuffizienten Knie signifikant (p<0.05) vermehrt (gesund: 2.6±2.5mm vs. 4.9±3.2mm). Postoperativ zeigte sich eine weitgehende Normalisierung des Translationsausmaßes im Bereich der medialen Kondyle (3.1±2.8mm). Während isometrischer Muskelaktivität konnte weiterhin eine paradoxe anteriore Translation der Transepicondylärachse von 30° auf 90° Flexion beobachtet werden, nicht jedoch während muskulärer Entspannung. Das Femur war jedoch weiterhin in allen postoperativ untersuchten Knien signifikant (p<0.05) weiter anterior positioniert im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass Patienten mit HKB-Insuffizienz eine deutlich veränderte femoro-tibiale Translation und Rotation bei höheren Flexionsgraden aufweisen. Unter flektierender Muskelaktivität konnte eine Zunahme der pathologischen Bewegungsmuster beobachtet werden. Die vermehrte Translation der medialen Femurkondyle stellt eine Erklärung für die hohe Rate an sekundären degenerativen Veränderungen im medialen Kompartiment dar. Nach HKB-Rekonstruktion konnte zwar eine verbesserte Kinematik im Bereich des medialen Kompartiments beobachtet werden, es wird jedoch keine physiologische Gelenkbiomechanik erreicht.