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Das winkelstabile Tibia-LISS zur Versorgung der komplikationsbelasteten proximalen Tibiamehretagenfraktur
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Veröffentlicht: | 28. September 2006 |
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Fragestellung: Die proximale Tibiamehretagenfraktur ist eine seltene Verletzung. Das häufig assoziierte Weichteiltrauma, die problematische metaphysäre Implantatverankerung und die zusätzlichen Gelenkflächen- und Kniebandverletzungen stellen hohe Anforderungen an das Implantat und den Operateur. Problematisch gestaltet sich weiterhin die Knochenheilung im meta-diaphysären Übergangsbereich. Mit der prospektiven klinischen Studie soll untersucht werden, ob das Tibia-LISS ein geeignetes Implantat zur Versorgung dieser Fraktur ist.
Methoden: Seit 01/2002 werden alle prox. Tibiamehretagenfrakturen, Einschlusskriterium ist die Beteiligung von 2 der 3 Abschnitte Epiphyse/Metaphyse/Diaphyse, an unserer Klinik durch das Tibia-LISS versorgt. Klinische und radiologische Kontrollen erfolgen im sechswöchigen Intervall bis zur knöchernen Konsolidierung. Der Nachkontrollzeitraum beträgt 6 Monate bis 4 Jahre.
Ergebnisse: 24 proximale Tibiamehretagenfrakturen wurden im Zeitraum 01/02 – 7/05 durch das Tibia-LISS stabilisiert. 11 Frakturen erstreckten sich über 3 Etagen, 13 über 2 Etagen, 19 (79,2%) wiesen Gelenkflächenbeteiligung auf. 7 Frakturen waren offen, in 12 Fällen bestand ein Kompartmentsyndrom (50%). Im Rahmen der definitiven Versorgung wurden zusätzlich 17 Verschraubungen und 4 Spongiosaplastiken des Tibiakopfes und 5 additive mediale Verplattungen bei bicondylärem Frakturverlauf durchgeführt, 6 Bandverletzungen wurden mitversorgt. Frühsekundär waren 4 Muskellappenplastiken erforderlich. 23 Patienten konnten nachuntersucht werden. Postoperativ entwickelten 2 Patienten Infekte, die durch serielle Revisionen und eine vorzeitige Implantatentfernung zur Ausheilung kamen. 19 von 23 Patienten (82,6%) zeigten eine knöcherne Konsolidierung innerhalb von 6 Monaten. Bei ausbleibender knöcherner Durchbauung wurden bei 3 Patienten nach 6 und 8 Monaten sekundäre Spongiosaplastiken durchgeführt, die zur Heilung führten. Bei einem Patienten kam es nach 7 Monaten zum Plattenausriß, Ausheilung wurde nach mehrmaligen Revisionen durch Verfahrenswechsel auf einen intramedullären Kraftträger erreicht. 3 der 4 Patienten mit Heilungstörungen waren mit additiven medialen Platten versorgt worden. Zwei Patienten entwickelten eine behandlungsbedürftige posttraumatische Gonarthrose. Radiologisch zeigten sich 4 Valgus- und 1 Varusfehlstellungen von 5-10°, die op-technisch bedingt waren. Ein sekundärer Achsverlust trat nicht auf. 11 Patienten (47,8%) wiesen einen komplikationsbelasteten Heilungsverlauf auf.
Schlussfolgerung: Das Tibia-LISS ermöglicht eine minimal invasive Stabilisierung der proximalen Tibiamehretagenfraktur. Die intraoperativ erreichte Achsstellung wird durch das Implantat zuverlässig gehalten. Eine additive mediale Platte im meta-diaphysären Übergangsbereich führt durch Erhöhung der Rigidität zu Problemen bei der Frakturheilung. Unverändert stellt die proximale Tibiafraktur eine Problemverletzung dar, die mit einer relativ hohen Komplikationsrate belastet ist.