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Konsequenzen aus der Richtungsabhängigkeit der Primärfestigkeit von Schraubenarthrodesen der Schulter für die postoperative Nachbehandlung
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Veröffentlicht: | 28. September 2006 |
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Fragestellung: Schulterarthrodesen deren Osteosynthese ausschließlich mit Schrauben, also ohne zusätzliche Platten erfolgen, weisen in der Literatur eine hohe Pseudarthroserate von 13% auf. Neben dem intraoperativen Vorgehen ist in diesem Zusammenhang besonders die postoperative Immobilisation für den Erfolg von Bedeutung. Ziel dieser biomechanischen Untersuchungen war es, für Schraubenarthrodesen der Schulter die richtungsabhängigen Festigkeiten zu ermitteln um hieraus Konsequenzen für die Nachbehandlung abzuleiten.
Methodik: Die Testungen wurden zerstörungsfrei mit einer Materialprüfmaschine an 24 humanen Präparaten durchgeführt. Das Durchschnittsalter der Spender lag bei 66 Jahren (±12 Jahre). Angestrebt wurde in Anlehnung an die Empfehlung von Rowe (1974) eine Oberarmposition von 20° Abduktion, 30° Anteversion und 40° Innenrotation relativ zum Thorax. Die Messung der Humerusauslenkung erfolgte über vier potentiometrische Miniatur-Wegaufnehmer mit einer Auflösung von max. 0,01 Millimeter. Die Einbringung der Schrauben wurde standardisiert in sechs unterschiedlichen Arthrodesenformen durchgeführt. Verwendung fanden ausschließlich kanülierte Spongiosaschrauben. Die Belastung erfolgte in den Richtungen Abduktion, Adduktion, Anteversion und Retroversion bei einer definierten Auslenkung von jeweils 2 Millimetern.
Ergebnisse: Für alle Belastungsrichtungen wurde eine Schraubenanordnung bestehend aus drei Humerus-Glenoid- und drei Akromion-Humerus-Schrauben als festeste Form der Arthrodese ermittelt. Die zur Auslenkung benötigten Kraftwerte unterschieden sich deutlich zwischen der Belastung in transversaler und in sagittaler Lastachse. In Ab- und Adduktionsrichtung waren für alle untersuchten Arthrodesenformen immer höhere Kräfte aufzubringen als in Ante- und Retroversion. Die Unterschiede in Ante- und Retroversion fielen hierbei wiederum wesentlich geringer aus als zwischen Ab- und Adduktion. Exemplarisch wurden für die festeste Arthrodesenform folgende Werte ermittelt: AB: 154,3 N; AD: 168,7 N; AN: 90,9 N; RE: 92,5 N.
Schlussfolgerungen: Postoperativ erfolgt die Reaktion auf Belastungen des Oberarmes durch Ausweichbewegungen des Schulterblatts. Durch dessen muskuläre Aufhängung bedingt kann dieses angreifende Kräfte im Fall einer Schulterversteifung in Ab- und Adduktionssrichtung besser kompensieren als z.B. in Ante- und Retroversionsrichtung. Die Verwendung von Abduktionskissen sichert den Arm lediglich in den Richtungen ab, in denen die höchsten Festigkeitskennwerte ermittelt wurden. Ein Schutz gegen Belastung in Ante- und Retroversionsrichtung besteht nicht. Hierfür erscheinen die Thorax-Arm-Abduktions-Orthesen besser geeignet, die das versteifte Gelenk auch in diesen Richtungen sichern. Unabhängig davon ist bei der frühfunktionellen krankengymnastischen Übungsbehandlung die Ante- und Retroversionsrichtung besonders zu beachten. Eine passive Mobilisation in den genannten Ebenen sollte nicht erfolgen.