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68. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie
90. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
45. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Verband für Physiotherapie – Zentralverband der Physiotherapeuten/Krankengymnasten

19. bis 23.10.2004, Berlin

Reduzierte Chemotaxis der lokal aktivierten polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten (PMN): Ursache der Bakterienpersistenz bei der posttraumatischen Osteitis?

Meeting Abstract (DGU 2004)

  • presenting/speaker C. Wagner - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Ludwigshafen, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Ludwigshafen
  • T. Bernschneider - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Ludwigshafen, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Ludwigshafen
  • B. Denefleh - Institut für Immunologie der Universität Heidelberg, , Heidelberg
  • V. Heppert - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Ludwigshafen, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Ludwigshafen
  • A. Wentzensen - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Ludwigshafen, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Ludwigshafen
  • G. Hänsch - Institut für Immunologie der Universität Heidelberg, , Heidelberg

Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie. Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie. 68. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, 90. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie und 45. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie. Berlin, 19.-23.10.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04dguN2-458

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgu2004/04dgu0635.shtml

Veröffentlicht: 19. Oktober 2004

© 2004 Wagner et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung

Die posttraumatische Osteitis ist eine lokale chronisch-destruktive Entzündung, hervorgerufen durch persistierende bakterielle Infekte am Implantat. In einer vorausgegangenen Studie zeigten wir eine Infiltration polymorphkerniger neutrophiler Granulozyten (PMN) in das Infektionsgebiet; diese waren hochaktiviert, erkennbar an der Aufregulation Infektabwehr-relevanter Oberflächenrezeptoren, wie CD14 und CD64, sowie erhöhte Reaktivität ("priming") zur Sauerstoffradikalproduktion. Trotz dieser maximalen Aktivierung sind die PMN nicht in der Lage, die Infektion zu kontrollieren. Dies spricht für einen 'escape' Mechanismus; angenommen wird die Bildung eines bakteriellen Biofilmes am Implantat, der auch die relative Antibiotikaresistenz erklärt. Wie sich die körpereigenen Abwehrzellen mit Bakterien im Biofilm auseinandersetzen, ist noch unklar; eine Einwanderung phagozytischer Zellen in vitro ist beschrieben. Ob die lokal aktivierten PMN noch zu einer solchen zielgerichteten Wanderung, einer Chemotaxis, fähig sind, wurde in dieser Studie untersucht.

Methoden

Bei Patienten mit Implantatinfekt wurde das Infektionsgebiet bei Entfernung des Implantates intraoperativ gespült. Aus dieser "Lavage" liessen sich 1-2x107 Leukozyten isolieren, von denen ca. 85 % als PMN identifiziert wurden. Parallel dazu wurden PMN aus dem peripheren Blut angereichert. Aktivierungs-assoziierte Oberflächenrezeptoren (CD14, CD64) sowie die Adhäsionsmoleküle CD11b/CD18 und CD62L wurden durchflußzytometrisch bestimmt. Die Sauerstoffradikalproduktion wurde als Reduktion von Cytochrom C gemessen, die Chemotaxis in einer Boydenkammer mit C5a als chemotaktischem Stimulus.

Ergebnisse

PMN der Lavage waren deutlich aktiviert, erkennbar an der Expression von CD14 und CD64 und eines 'primings' der Sauerstoffradikalproduktion. Gleichzeitig waren CD11b/18 aufreguliert, CD62L deutlich reduziert. Die spontane Wanderungsfähigkeit sowie die Chemotaxis auf C5a waren im Vergleich zu PMN des peripheren Blutes deutlich reduziert. Um Hinweise auf die molekularen Mechanismen der reduzierten Migration zu erhalten, wurden PMN gesunder Spender unter infektionsanalogen Bedingungen kultiviert. Dies führte zu denselben phänotypischen und funktionellen Veränderungen, wie sie bei den PMN der Lavage aufgetreten waren: Aufregulation von CD14, CD11b/CD18, CD64, Verlust von CD62L, 'priming' der Sauerstoffradikalproduktion sowie Verlust der chemotaktischen Wanderungsfähigkeit.

Schlussfolgerungen

Unsere Daten zeigen, dass infiltrierte und lokal aktivierte PMN nicht mehr zur Chemotaxis fähig sind. Entsprechend können sie auch nicht mehr in einen Biofilm einwandern, um die Bakterien dort zu phagozytieren. Dies könnte zum einen die Persistenz der Bakterien erklären, zum anderen die progrediente Gewebedestruktion, da die PMN zur Freisetzung ihrer zytotoxischen Moleküle und proteolytischen Enzyme aktiviert sind und diese als 'frustrane Phagozytose' in die Umgebung freisetzen