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68. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie
90. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
45. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Verband für Physiotherapie – Zentralverband der Physiotherapeuten/Krankengymnasten

19. bis 23.10.2004, Berlin

Wie sind Osteosynthesesysteme und Defektzonen in vivo belastet?

Meeting Abstract (DGU 2004)

  • presenting/speaker J.-P. Kassi - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Zentrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Berlin
  • W.R. Taylor - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Zentrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Berlin
  • J. Schwarzkopf - Technische Universität Berlin, Fachgebiet Biomedizinische Technik, Berlin
  • H. Schell - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Zentrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Berlin
  • G.N. Duda - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Zentrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Berlin
  • R. Ehrig - Konrad-Zuse-Zentrum f. Informationstechnik (ZIB), Berlin

Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie. Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie. 68. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, 90. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie und 45. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie. Berlin, 19.-23.10.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04dguE5-217

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgu2004/04dgu0194.shtml

Veröffentlicht: 19. Oktober 2004

© 2004 Kassi et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung

Die Heilung von Frakturen wird u.a. von den lokalen mechanischen Bedingungen in der Defektzone beeinflusst. Mehr als die Bodenreaktionskräften spielen dabei die komplexen muskuloskeletalen Belastungen der Extremitäten eine Rolle. Unklar ist jedoch, ob die Lastverteilung in der Defektzone und letztendlich die lokalen mechanischen Reize in Form von Gewebe- und Zelldehnungen von der Art der verwendeten Osteosynthese abhängen. Kenntnisse über in vivo Spaltbewegungen und Steifigkeit der Osteosynthese erlauben eine Abschätzung der Belastungen im Frakturspalt in vivo. Hypothese dieser Studie war, dass die Wahl der Osteosynthese die Belastung der Fraktur nicht beeinflusst, wohl aber die Dehnungen des heilenden Gewebes. Ziel war daher, die im Frakturspalt auftretenden Axial- und Scherkräfte nach Stabilisierung mit unterschiedlichen Osteosyntheseverfahren zu ermitteln.

Methoden

Vierzehn weibliche Merino-mix Schafe (2 Jahre, Ø77Kg) wurden randomisiert in 2 Gruppen verteilt. Eine standardisierte Osteotomie der rechten Tibiae wurde durchgeführt und entweder mit einem monolateralen Fixateur extern (n=7) oder mit einem intramedulären Nagel (n=7) stabilisiert. Pro Knochenfragment wurde zusätzlich ein Pin zur Messung der Fragmentbewegungen eingebracht. Zwei Tage post-operativ wurden die interfragmentären Bewegungen während des Gehens mit einem optischen Meßsystem ermittelt. Gleichzeitig wurden die Bodenreaktionskräfte gemessen. Parallel zu den in vivo Messungen wurden die 3D Steifigkeiten beider Osteosyntheseverfahren in vitro bestimmt und die Belastungen in der Defektzone durch Multiplikation mit den in vivo Spaltbewegungen ermittelt.

Ergebnisse

Mittlere in vitro Axialsteifigkeiten von 2928 ± 1508 N/mm und 1135 ± 155 N/mm wurden für den Fixateur extern bzw. für den Nagel ermittelt. Die berechneten Belastungskomponente zeigten für beide Osteosyntheseverfahren vergleichbare Ausprägungen während des gesamten Gangzyklus, mit dominierenden Axialkomponenten (Fixateur extern: 2467 ± 1181 N; Nagel: 1422 ± 1389 N). Die durchschnittliche Entlastung der Extremität betrug 12 ± 17% beim Fixateur extern und 37 ± 25% beim Nagel.

Schlussfolgerungen

Vorraussetzung für eine gezielte Beeinflussung der Spaltbewegungen in vivo ist das Wissen um die Belastung der stabilisierten Frakturzone. In dieser Studie konnte eine indirekte Abschätzung der Belastungen von stabilisierten Frakturen durchgeführt werden. Die beobachtete Lastenverteilung in der Defektzone, mit dominierenden Axial- und mäßigen Scherkräften, ist unabhängig von der Art der Osteosynthese. Die von der Lastamplitude abhängigen Gewebedehnungen werden dagegen maßgeblich durch die Steifigkeit der Osteosynthese, im Zusammenspiel mit den muskuloskeletalen Belastungen, definiert. Die Erkenntnisse dieser Studie erlauben eine prä-operativ optimierte Konfiguration von Osteosynthesen. Eine gemeinsame Analyse der Defekt- und Bodenreaktionskräften kann als Entscheidungshilfe bei der Ermittlung adäquater Lastniveaus im Rahmen von post-operativen Rehabilitationsmaßnahmen dienen.