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Unerwartete Auswirkungen von Tricalciumphosphat (TCP) auf die Frakturheilung in einem Femur-Defekt-Modell an der Ratte
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Veröffentlicht: | 19. Oktober 2004 |
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Fragestellung
Knochensubstanzdefekte stellen ein häufiges Problem in der Unfallchirurgie und Orthopädie dar. Als Goldstandard werden Knochendefekte derzeit je nach Größe mit autologem Knochen aufgefüllt oder am langen Röhrenknochen durch Verlängerung mittels Kallusdistraktion behandelt. Autologe Knochentransplantationen sind mit einer teilweise erheblichen Entnahmemorbidität verbunden. Um eine schnelle Überbrückung von Knochendefekten ohne Entnahmemorbidität zu erreichen, erscheinen daher biokompatible Knochenersatzstoffe wie Hydoxylapatit (HA) und Tricalciumphosphat (TCP) als gangbare Alternative. TCP wird mittlerweile klinisch zunehmend in der Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie eingesetzt, die klinische Erfahrung im Einsatz an Röhrenknochen ist jedoch noch sehr gering. In der vorliegenden Studie wird daher untersucht, wie sich das Einbringen von TCP in einen Femurdefekt bei zwei verschiedenen Rattenstämmen auf die Frakturheilung auswirkt.
Methoden
An 12 Lewis-Ratten und 12 rnu-Ratten (thymusaplastische Ratten) wird in Analgosedierung ein Critical-size-Defekt von 4 mm Länge am rechten Femurschaft erzeugt und durch einen Markdraht überbrückt. Im Bereich des Defektes wird bei der Hälfte der Tiere ein etwa 4 mal 4 mal 2 mm großes TCP-Implantat eingebracht. Es erfolgen Röntgenkontrollen in der ersten Woche nach OP sowie nach 3, 6, 9 und 12 Wochen. Zusätzlich werden für eine spätere differenzierte histologische Auswertung in zeitlichen Intervallen von jeweils 3 Wochen Azofarbstoffe (Fluorochrome) zur Verlaufsdarstellung der Frakturheilung subkutan verabreicht.
Ergebnisse
Entsprechend der Erwartungen aufgrund der bekannten osteokonduktiven Eigenschaft des TCP zeigt sich sowohl bei rnu-Ratten als auch bei Lewis-Ratten eine frühere und stärkere Kallusbildung in der Gruppe mit TCP im Vergleich zur jeweiligen Kontrollgruppe. Gleichzeitig kommt es aber in den Gruppen mit TCP in einem signifikant höheren Anteil zu ausgeprägten Umbauprozessen im Frakturbereich mit Erweiterungen des Markraums im Sinne einer Osteolyse und in der Folge häufiger zu einer Dislokation des Markdrahtes mit der Folge der Ausbildung einer instabilen Pseudarthrose.
Schlussfolgerungen
Das eingebrachte TCP führt in diesem Modell offenbar nicht nur zu einer vermehrten Knochenneubildung, sondern auch zu einer generellen Steigerung des Knochenumsatzes mit gleichzeitig osteoblastischen und osteoklastischen Prozessen. Im Gegensatz zur Verwendung von TCP im Bereich des Gesichtsschädels wird es in diesem Modell in einem starker mechanischer Belastung ausgesetzten Bereich, dem Femur eingesetzt. Hier erweist sich der gesteigerte Knochenumsatz durchaus nachteilig, wenn in einer temporären Phase der verminderten Belastung von Anteilen des Röhrenknochens diese verstärkt abgebaut werden. Weitere Untersuchungen sind notwendig, unter anderem, um zu klären, in wieweit unterschiedliche Knochentypen auch unterschiedliche Mechanismen der Frakturheilung bedingen und in wieweit diese Unterschiede in der Therapie mit Knochenersatzstoffen berücksichtigt werden müssen.