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Distale Unterarmfrakturen in einer neuen biomechanischen Sturzsimulation
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Veröffentlicht: | 11. November 2003 |
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Fragestellung
Die Frakturversorgung osteoporotischer Knochen rückt im Rahmen der "Bone and Joint Decade" verstärkt in das Interesse klinisch-experimenteller Untersuchungen. Stabilitätsuntersuchungen distaler Radiusfrakturen erfolgen bisher lediglich an Kunststoffmodellen oder Knochen mit Frakturen, die durch glatte Osteotomie erzeugt wurden. Auch wurden bisherige Versagenssimulationen lediglich am isolierten Radius oder bei fixiertem Unteram, ohne Berücksichtiung des normalen Kraftflusses durch das Ellbogengelenk und der Membrana interossea durchgeführt. Ziel der vorliegenden Studie war daher die Realisierung einer biomechanischen Sturzsimulation auf die Hand bei intaktem (und nur bedingt fixiertem) Unterarm zur Erzeugung klinisch realistischer distaler Unterarmfrakturen "loco typico" und die anschließende Validierung der radiologischen und präparatorischen Befunde mit klinisch-epidemiologischen Ergebnissen.
Methoden
Untersucht wurden 70 Unterarmpräparate (41 Frauen, 29 Männer, Alter 79,6 ± 10,7 Jahre) unter Erhaltung der Hand, des Ellbogengelenks sowie der Muskeln, Sehnen und Bänder. Die proximale Einspannung in der Prüfmaschine (Zwick 1445) erfolgte frei drehbar und unter Erhaltung des Ellbogengelenks; die Hand wurde in 80° Pronation und 70° Dorsalflexion auf einem Keil fixiert. Die Krafteinleitung erfolgte mit 100 mm/min. Bei einem Lastabfall von 30% wurde der Versuch beendet. Die Frakturen wurden zunächst radiologisch bestimmt und entsprechend den klinisch üblichen Klassifikationen nach Frykman sowie der AO eingeteilt. In der anschließenden Präparation erfolgte die Evaluation der Röntgenbefunde durch Inspektion der Frakturen sowie die Diagnose radiologisch nicht erkennbarer ligamentärer Begleitverletzungen.
Ergebnisse
Für die Männer fanden sich Versagenslasten von 1419 bis 6472 N (Mittelwert 3466 ± 1201 N), für Frauen von 400 bis 3784 N (Mittelwert 1888 ± 827 N). Bei Frauen ergaben sich in 90% Frakturen "loco typico" bei Männern nur in 55% (sonst: Schaft- und proximale Frakturen; Scaphoidfrakturen; teilweise radiologisch keine Fraktur erkennbar; reine und kombinierte ligamentäre Verletzungen). Es zeigten sich alle klinisch bekannten Frakturmuster (Frykman: I - VIII; AO: A1 bis C3). Schwere Mehrfragmentfrakturen mit Gelenkbeteiligung wurden seltener beobachtet als klinisch beschrieben.
Schlussfolgerungen
Mit dem Versuchsaufbau kann ein realitätsnaher Sturz simuliert und ein hoher Prozentsatz von Unterarmfrakturen "loco typico" erzielt werden. Bedingt durch den Versuchsabbruch bei Eintritt einer Fraktur kommt es gegenüber den klinisch-epidemiologischen Verteilungen zu einem geringeren Anteil der schweren Verletzungsmuster. Der Funktionstest eignet sich damit für die effiziente Evaluation unterschiedlicher Verfahren zur individuellen Vorhersage des Frakturrisikos bei Osteoporose sowie zur Erzeugung realitätsnaher Frakturen für operative Übungen und Verfahrensevaluationen.