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Transfusionsbedarf im Schockraum - Eine multivariante Analyse an 1103 Patienten
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Veröffentlicht: | 11. November 2003 |
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Fragestellung
Schwerverletzte Patienten benötigen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eine Bluttransfusion in der frühen klinischen Behandlungsphase. Deshalb werden in der eigenen Klinik bei jedem Schockraumpatienten 10 Erythrozytenkonzentraten (EK) angefordert, um im Bedarfsfall möglichst schnell Blut zu substituieren. Ziel dieser Studie war es zuverlässige, schnell ermittelbare Parameter zu analysieren, die einen sicheren Indikator für eine Bluttransfusion darstellen.
Methodik
Die Daten wurden im Rahmen eines Qualitätsmanagementsystems für die Versorgung schwerverletzter Patienten prospektiv erfasst. Bezüglich des Transfusionsbedarfs wurden 14 Parameter aus folgenden Bereichen analysiert, die innerhalb der ersten 10 Minuten der Schockraumversorgung zu erheben sind: Anamese/Untersuchung des Notarztes, initiale körperlichen Untersuchung, sonographische Diagnostik und initiale Vitalparameter. Anhand einer logistischen Regressionsanalyse wurden Prädiktoren für eine notfallmäßige EK-Gabe im Schockraum ermittelt.
Ergebnis
In die Studie wurden 1103 Patienten (ISS 21±16) eingeschlossen, die von 5/98-1/02 über den Schockraum der Klinik aufgenommen wurden. Insgesamt haben 116 (10,5%) Verletzte (ISS 39±18) notfallmäßig im Schockraum nach 24±13 Minuten Blut erhalten. Folgende Variablen korrelieren hoch signifikant mit der Wahrscheinlichkeit einer Bluttransfusion im Schockraum: [Abb. 1]
Die Wahrscheinlichkeit einer sofortigen Transfusion steigt in Abhängigkeit von der Höhe der Summe der Regressionskoeffizienten. Bei 1 Punkt beträgt die errechnete Wahrscheinlichkeit für eine Bluttransfusion im Schockraum 0,7%, bei 3 Punkten 5% und bei einer maximal zu erzielenden Summe von 9,5 Punkten 97%.
Schlußfolgerung
Auf Basis der genannten Kriterien könnte individuell für jeden Verletzten schnell und einfach die Wahrscheinlichkeit seines Blutbedarfs im Schockraum ermittelt und daran die sofortige Anforderung von Blutkonserven geknüpft werden. Setzt man z.B. den "cutt off" für eine EK Anforderung bei einer Wahrscheinlichkeit unter 5% (entspricht weniger als 3 Punkte) an, so hätte in unserer Analyse bei 625 Patienten (64 %) das Anfordern und Kreuzen von Blutprodukten eingespart werden können. Demnach ist zu überdenken, ob bei weniger als 3 Punkten in der Frühphase lediglich eine Blutgruppenbestimmung ausreichend ist. Das standardmäßige kostenintensive Kreuzen der Konserven (38 Euro/EK) würde entfallen. Das Risiko des EK-Verlustes wegen unsachgemäßen zwischenzeitlichen Gebrauch wäre minimiert. Bei mehr als 2,5 Punkten sollte bei akutem Schock (ggf. auch ohne vorherige Blutabnahme als o-negatives Blut) die zügige Anforderung von ungekreuzten EK erfolgen.