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21. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie

10. bis 12.09.2004, Freiburg/Breisgau

Optische Charakterisierung von Stimmbändern mittels OCT

Vortrag

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  • author presenting/speaker Kathrin Lüerßen - Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Hannover, Deutschland
  • author Holger Lubatschowski - Laser Zentrum Hannover e.V., Hannover, Deutschland
  • author Martin Ptok - Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Hannover, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 21. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP. Freiburg/Breisgau, 10.-12.09.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04dgppV49

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgpp2004/04dgpp78.shtml

Veröffentlicht: 9. September 2004

© 2004 Lüerßen et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Zusammenfassung

Die Optische Kohärenztomographie (OCT) ist ein non-invasives Verfahren zur Darstellung einzelner Schichten von transparentem oder streuendem Gewebe. Die Messung basiert auf einer Abtastung des Gewebes durch einen schwachen Laserstrahl nach einem dem Echolot ähnlichen Prinzip.

Dieses neue Verfahren soll additiv zu der etablierten Methode der Laryngoskopie eingesetzt werden. Dazu wurde ein OCT-System in ein Laryngoskop integriert. Im Rahmen der Laryngoskopie ist so eine gleichzeitige Untersuchung mittels Optischer Kohärenztomographie möglich.

Die Laryngoskopie liefert in Kombination mit der Stroboskopie als etabliertes Untersuchungsverfahren eine Aussage zur Oberflächenstruktur der Stimmlippe und eine Aussage zur Fuktionalität. Die OCT soll als weiteres Untersuchungsverfahren eingesetzt werden, um strukturelle Stimmlippenbefunde in ihrer Tiefenausdehnung beurteilen zu können. Mit diesem Verfahren werden die einzelnen Schichten der Stimmlippe einschließlich des Reinke Raumes dargestellt. Morphologische Veränderungen der Stimmlippe können bis zu einer Tiefe von 2 - 3 mm unterhalb der Oberfläche des Epithels mit einer Genauigkeit im µm-Bereich dargestellt werden. Der Einsatz der OCT soll im Rahmen der routinemäßigen Laryngoskopie erfolgen. Ziel ist es, nach Optimierung des Prototypen, die Indikation zur Mikrolaryngoskopie selektiver stellen zu können.


Text

Die Optische Kohärenztomographie (OCT) ist ein Verfahren zur Darstellung einzelner Schichten von transparentem oder streuendem Gewebe. Die Messung basiert auf einer Abtastung des Gewebes durch einen schwachen Laserstrahl nach einem, dem Echolot ähnlichen Prinzip. Mit Hilfe dieses neuen Verfahrens können Gewebestrukturen in einer Tiefe von bis zu 2 mm unterhalb der Oberfläche nichtinvasiv, mit einer Genauigkeit im µm-Bereich dargestellt werden.

Im Rahmen dieser Studie wurden zwei verschiedene Applikationssysteme miteinander verglichen. Die OCT-Strahlung wurde zum einen mittels Faseroptik im Kontaktverfahren an die Stimmlippen gebracht. Zum anderen wurde ein freier Strahlengang im Sinne eines Non-Kontakt Verfahrens mit Hilfe eines konventionellen Laryngoskopes realisiert.

Indikationen

Aussagen zur feingeweblichen Struktur von Stimmlippen werden üblicherweise durch eine Gewebeprobe und anschließende histologische Aufarbeitung gewonnen. Mit Hilfe der Optischen Kohärenztomographie sollen Aussagen zu feingeweblichen Stimmlippenveränderungen gewonnen werden, ohne invasiv zu handeln.

Komplikationen nach Gewebeexcision an Stimmlippen führten nicht selten zu einem partiellen oder phonatorischen Stimmlippenstillstand mit z. T. nachfolgender irreversibler Vernarbung. Mittels OCT soll eine nichtinvasive Diagnostik zum Einsatz kommen.

Insbesondere die präoperative Beurteilung der Stimmlippenveränderungen erscheint von Bedeutung, da auf diese Weise eine Aussage über Ausdehnung der Gewebeveränderung, sowie über deren Struktur und Dignität gewonnen werden kann.

Gewebeveränderungen stellen bei dieser Anwendung jegliche Form von entzündlichen Veränderungen dar. Indikationen sind weiterhin Hyperkeratosen, Leukoplakien, Phonationsverdickungen, polypoide Schleimhautverdickungen, Ödeme aber auch Kontaktveränderungen, wie Rötungen, Pachydermien, Erosionen, Ulcerationen und Granulome. Auch die Untersuchung funktioneller Stimmstörungen ohne morphologisches Korrelat stellt eine Indikation dar.

Material und Methoden

Für die Untersuchungen wurden zwei unterschiedliche OCT-Systeme verwendet. Zum einen kam ein fasergestütztes System der Fa. Optimec ltd. zum Einsatz. Zum anderen wurde ein OCT-System mit einem freien Arbeitsabstand von 20 cm an ein herkömmliches Laryngoskop adaptiert. Beim fasergestützen System musste im Kontaktverfahren gearbeitet werden. Der Faserapplikator hatte einen Außendurchmesser von 3 mm. Am distalen Faserende konnte nach lateral eine Strecke von 2 mm abgescannt werden. Die Scanzeit für eine OCT-Aufnahme (200 x 200 pixel) lag bei einer Sekunde.

Die OCT-Faser wurde in eine gebogenen Stahlhülle mit einem Außendurchmesser von 4 mm geführt und unter lupenlaryngoskopischer Kontrolle mit der Faseroptik an der Spitze des Gerätes auf die Stimmlippe gesetzt.

Das an das Laryngoskop adaptierte OCT-System (Lightlab USA) hatte einen Scan-Bereich von ca. 1 mm und eine frei wählbare Framerate von 1-20 Hz. Bei einer Aufnahmerate von einem Hz lag die Auflöserate bei 1288x800 Pixel. Bei 19,5 Hz- Aufnahmerate (Videorate) lag sie bei 160 x 800 Pixel.

Ergebnisse

OCT-Messungen werden ähnlich dem Ultraschall (B-Scan) als zweidimensionale Falschfarben - bzw. Graustufenbilder - dargestellt. Die Farbwerte entsprechen dabei der Intensität des zurückgestreuten infraroten Laserlichtes. Die Rückstreuung des Lichtes erfolgt entweder durch Unterschiede im optischen Brechungsindex einzelner Gewebeschichten oder Faserbündel bzw. durch direkte Streuereignisse an einzelnen Streukörpern wie beispielsweise Zellorganellen.

Abbildung 1 [Abb. 1] zeigt den OCT-Scan des faseroptischen Systems im Kontaktmodus. Deutlich sind die unterschiedlichen Gewebeschichten voneinander abzugrenzen.

In Abbildung 2 [Abb. 2] ist der Scan des im Non-Kontakt Modus verwendeten Systems dargestelllt. Aufgrund von Bewegungsartefakten konnte ausschließlich mit der höchsten Scanrate (25 Hz) gearbeitet werden. Dies führte zu einer erheblichen Kontrastminderung. Einzelne Schichten der Stimmlippe sind allenfalls zu erahnen. Der klinische Nutzen ist zur Zeit vergleichsweise gering.

Schlussfolgerung

Die mit der Faseropik gewonnenen OCT-Aufnahmen im Kontaktverfahren haben eine deutlich bessere Bildqualität. Diese Applikation erfordert jedoch, den Patienten zu anästhesieren. Das Handling ist deutlich unbequemer. Die Aufnahmen können jedoch für die angestrebten Indikationen von hohem klinischen Nutzen sein.

Das Laryngoskop gestützte Verfahren zeigt diese Nachteile im Handling nicht. Jedoch entstehen aufgrund des langen Hebelarmes zwischen distalem Ende des Laryngoskopes und der Stimmlippe (3-8 cm) starke Bewegungsartefakte, die selbst bei hoher Aufnahmerate unzureichenden Kontrast bzw. Bildschärfe liefern. Es bleibt abzuwarten, ob eine Steigerung in der Aufnahmerate bzw. eine Verkürzung der Hebelarme die Bildqualität wesentlich steigern.

Insgesamt stellt aber die OCT eine nichtinvasive Gewebeuntersuchung in histologischer Größenordnung dar und eröffnet damit neue Möglichkeiten in der Kehlkopfdiagnostik.