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Mausmutanten mit veränderten afferenten Synapsen der inneren Haarzellen als Tiermodelle der auditorischen Neuropathie
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Veröffentlicht: | 12. September 2003 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Die perisynaptische Audiopathie (auditorische Neuropathie) ist durch das Vorhandensein von otoakustischen Emissionen bei pathologischen auditorisch evozierten Potentialen gekennzeichnet. Die ursächlichen Pathomechanismen sind noch weitgehend unklar. Es könnte sich sowohl um Störungen des Hörvorganges im Bereich der inneren Haarzellen (IHZ), ihrer afferenten Synapsen oder des Hörnervs handeln [Ref. 1]. Die Charakterisierung der Pathomechanismen ist durch den Mangel an spezifischen audiologischen Tests, die zwischen Dysfunktionen an den genannten Strukturen unterscheiden könnten, limitiert. Wir untersuchen die Funktion der afferenten Synapse normaler und schwerhöriger Mäuse mit morphologischen sowie zell- und systemphysiologischen Methoden. Die zwei hier vorgestellten Tiermodelle, die Bassoon (synaptisches Protein) Mausmutante und die CaV1.3 (Ca2+ Kanal) Knockout-Maus, zeigen eine hochgradige Schwerhörigkeit bzw. Taubheit. In beiden Fällen liegt eine Dysfunktion der inneren Haarzelle und ihrer Synapsen vor, denen die synaptischen Bänder fehlen. Während in der CaV1.3 KO-Maus Depolarisationen wegen des fehlenden Ca2+-Einstroms auch bei langen Stimuli kaum Exozytose induzierten, beobachteten wir in den Bassoon-Mutanten nur einen selektiven Verlust der schnell freisetzbaren Vesikelpopulation (Readily Releasable Pool, RRP). Dieser Verlust des RRP führte zu einer pantonalen Anhebung der CAP-Schwelle um 50 dB.
Text
Einleitung
Die auditorische Neuropathie ist durch das Vorhandensein von Mikrophonpotentialen und otoakustischen Emissionen bei stark erhöhter Schwelle bzw. abnormaler Form der frühen auditorisch evozierten Potentiale gekennzeichnet [Ref. 2]. Die ursächlichen Pathomechanismen sind noch weitgehend unklar. Es könnte sich sowohl um Störungen des Hörvorganges im Bereich der inneren Haarzellen (IHZ), ihrer afferenten Synapsen oder des Hörnervs handeln (perisynaptische Audiopathie) [Ref. 1]. Die Charakterisierung der Pathomechanismen ist durch den Mangel an spezifischen audiologischen Tests, die zwischen Dysfunktionen an den genannten Stationen der Hörbahn unterscheiden könnten, limitiert. Daher sind wir auf Tiermodelle angewiesen, in denen zelluläre und molekulare Mechanismen mit invasiveren Methoden untersucht werden können. Hier wird die Analyse der Hörfunktion für zwei Mausmodelle der perisynaptischen Audiopathie vorgestellt. Dabei handelt es sich um die CaV1.3 Knockout Maus und die Bassoon-Mausmutante. CaV1.3 stellt den wichtigsten Ca2+ Kanal der IHZ dar, während Bassoon als präsynaptisches Matrixprotein an der molekularen Organisation der aktiven Zone beteiligt ist.
Material und Methoden
Die CaV1.3 Knockout Maus und die Bassoon Mausmutante wurden durch homologe Rekombination an der Universität Innsbruck und dem IfN Magdeburg hergestellt. Das Hörvermögen beider Mutanten wurde zunächst systemphysiologisch mittels Ableitung des CAP bzw. der FAEP getestet. Zudem wurden immunhistochemische und immunelektronenmikroskopische Untersuchungen zur Charakterisierung der Expression und subzellulären Lokalisation von Bassoon in IHZ normaler Mäuse sowie elektronenmikroskopische Untersuchungen an Corti'schen Organen der Bassoon-Mutante zur Charakterisierung der synaptischen Morphologie bei Fehlen funktionalen Bassoons durchgeführt.
Ca2+ Ströme und Exozytose der IHZ wurden mit patch-clamp Ableitungen an der basolateralen Membran durchgeführt, wobei EPC-9 „patch-clamp" Verstärker (HEKA-Elektronik, Lambrecht) benutzt wurden. Die Zellen wurden in der Spannungsklemme elektrisch stimuliert, da dies für die Bestimmung der Membrankapazität erforderlich ist. Die Membrankapazität wurde durch eine Impedanzanalyse nach Anregung mit einer sinusförmigen Spannung ermittelt. Eine ausführlichere Beschreibung der Methodik wird in [Ref. 3] gegeben.
Ergebnisse
Während die CaV1.3 KO-Mäuse taub sind [Ref. 4], wiesen die Bassoon-Mutanten eine pantonale Anhebung der CAP-Schwelle um 50 dB auf. Die morphologischen Untersuchungen zeigten, dass
·Bassoon in den afferenten Synapsen vorhanden ist und dort mit dem synaptischen Band ko-lokalisiert,
·in der Abwesenheit funktionalen Bassoons keine an der aktiven Zone verankerte synaptische Bänder mehr vorhanden sind.
Wir untersuchten dann die Funktion der afferenten Synapse der IHZ von CaV1.3 KO Mäusen und Bassoon-Mutanten mit patch-clamp Ableitungen von Ca2+-Strömen und der exozytischen Membrankapazitätsveränderungen. Während in der CaV1.3 KO-Maus Depolarisationen wegen des mangelnden Ca2+-Einstroms auch bei langen Stimuli kaum Exozytose induzierten, beobachteten wir in den Bassoon-Mutanten nur einen selektiven Verlust der schnell freisetzbaren Vesikelpopulation (Readily Releasable Pool, RRP). Dieser Verlust des RRP führte also zu der pantonalen Anhebung der CAP-Schwelle um 50 dB. Der Ca2+ Kanalmangel der CaV1.3 KO führte zudem zu einem spezifischen Entwicklungsdefekt der IHZ. So persisierten die efferente, cholinerge Innervation und das unreife Kaliumkanalmuster der IHZ. Schlussfolgernd wiesen beide Mauslinien Hörstörungen auf, die durch eine Dysfunktion der inneren Haarzelle und ihrer afferenten Synapsen erklärt werden.
Literatur
- 1.
- Lesinski-Schiedat A, Frohne C, Hemmaouil I, Battmer RD, Lenarz T (2001): [Subjective deafness in case of peri-synaptic audiopathy. Isolated defects of the inner haircells?]. Laryngorhinootologie 80,601-604.
- 2.
- Starr A, Picton TW, Sininger Y, Hood LJ, Berlin CI (1996): Auditory neuropathy. Brain 119,741-753.
- 3.
- Moser T, Beutner D (2000): Kinetics of exocytosis and endocytosis at the cochlear inner hair cell afferent synapse of the mouse. Proc Natl Acad Sci U S A 97,883-888
- 4.
- Platzer J, Engel J, Schrott-Fischer A, Stephan K, Bova S, Chen H, Zheng H, Striessnig J (2000): Congenital deafness and sinoatrial node dysfunction in mice lacking class D L-type Ca2+ channels. Cell 102,89-97