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125. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

22. - 25.04.2008, Berlin

Gibt es eine Korrelation zwischen postcommotionellem Syndrom und erhöhten Werten von S-100-β-Protein?

Meeting Abstract

  • corresponding author F.S. Schleich - Chirurgische Klinik, Spital Oberengadin, Samedan, Schweiz
  • K. Kleinert - Klinik für Unfallchirurgie, Universitätsspital Zürich, Zürich, Schweiz
  • N. Biasca - Chirurgische Klinik, Spital Oberengadin, Samedan, Schweiz
  • H.P. Simmen - Chirurgische Klinik, Spital Oberengadin, Samedan, Schweiz

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 125. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 22.-25.04.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. Doc08dgch9338

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgch2008/08dgch244.shtml

Veröffentlicht: 16. April 2008

© 2008 Schleich et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: In einer chirurgischen Klinik gehören Patienten mit „minor Traumatic Brain Injuries“ (mTBI), bzw. Schädel-Hirn-Trauma Grad I (SHT), bzw. Commotio cerebri zum Alltag. In den letzten Jahren zeigte sich immer deutlicher, dass auch nach mTBI bedeutungsvolle Langzeitprobleme für die betroffenen Patienten auftreten können. Dazu gehören die als postcommotionelles Syndrom (PCS) bezeichneten Symptome wie anhaltende Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsstörungen, Müdigkeit, Übelkeit, Antriebsschwäche, Licht- oder Geräuschempfindlichkeit u.a. Erhöhte Konzentrationen von S-100-β-Protein bei Läsion des Zentralnervensystems sind mehrfach dokumentiert. Postcommotionelle Symptome sind bis heute mittels Bildgebung nicht zu objektivieren. Deshalb sind wir der Frage nachgegangen, ob ein Zusammenhang zwischen der Konzentration von S-100-β und PCS besteht.

Material und Methoden: Alle Patienten, die wegen eines Schädel-Hirn-Traumas Grad I im Akutspital einer Sport- und Tourismusregion zur stationären Behandlung im Zeitraum 2005 bis 2007 aufgenommen wurden, sind prospektiv erfasst worden. Innerhalb der ersten drei Stunden nach dem Unfall erfolgte ein Schädel-CT. Zudem wurde im gleichen Zeitrahmen Blut zur Bestimmung des S-100-β asserviert. Als Normalwerte für S-100-β-Protein wurden Serumkonzentrationen < 0,15 μg/l betrachtet. Die Auswertung der Serumproben erfolgte per Immunoassay mittels des Analysegeräts Elecsys® von Roche. Frühestens nach 6 Monaten wurde den Patienten ein Fragebogen zur Erfassung möglicher postcommotioneller Symptome zugesandt. Als PCS bezeichneten wir ein Krankheitsbild von mindestens drei länger als zwei Wochen persistierenden Symptomen nach erlittenem leichten Schädel-Hirn-Trauma, welche der Patient ursächlich auf das Trauma zurückführt.

Ergebnisse: Von 223 verschickten Fragebögen erhielten wir 134 Antworten (Rücklauf 60 %), eine Zuordnung zu S-100-β-Werten war bei 73 Patienten möglich. Insgesamt wurden 73 Patienten (43 Männer, 30 Frauen, mittleres Alter 41 Jahre, Bereich 6-89 Jahre) in die Studie eingeschlossen. Bei lediglich 9 Patienten wurde eine Korrelation zwischen erhöhten S-100-β-Werten (≥ 0,15 μg/l) und mindestens drei postcommotionellen Symptomen gefunden (12%,). Dagegen wiesen 22 Patienten mit erhöhten S-100-β-Werten keinerlei bzw. weniger als drei Symptome auf (30%). 12 Patienten gaben mindestens 3 Symptome an, hatten labordiagnostisch jedoch keine erhöhten S-100-β-Werte (16%). 30 Patienten schliesslich wiesen normale S-100-β-Werte und keine Symptome auf (41%). Insgesamt konnten wir keine Korrelation zwischen erhöhten S-100-β-Werten und PCS feststellen (Korrelationskoeffizient 0,005, p = 0,032).

Schlussfolgerung: Das S-100-β-Protein hat einen Platz in der Diagnostik des Schädel-Hirn-Traumas. Die Korrelation zwischen behandlungsbedürftigen Befunden im Schädel-CT und erhöhten Werten von S-100-β ist mehrfach dokumentiert. In unserer Untersuchung konnten wir keine positive Korrelation zwischen erhöhten S-100-β-Werten und postcommotionellen Symptomen feststellen. Deshalb ist S-100-β als Marker zur Abschätzung des Risikos für ein PCS nicht geeignet. Somit bleibt die Diagnose des PCS aufgrund fehlender bildgebender und laborchemischer Korrelation sehr schwierig. Die ausführliche Anamnese und klinische Untersuchung zusammen mit einer CT- und/oder MRI-Untersuchung des Schädels ohne pathologischen Befund sind weiterhin erforderlich.