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124. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

01. - 04.05.2007, München

Der akademische Chirurg - ein Auslaufmodell ?

Meeting Abstract

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  • corresponding author M. Stöwhas - Abteilung für Allgemeine, Thorax-, Gefäß- und Transplantationschirurgie, Universität Rostock
  • T. Foitzik - Abteilung für Allgemeine, Thorax-, Gefäß- und Transplantationschirurgie, Universität Rostock
  • E. Klar - Abteilung für Allgemeine, Thorax-, Gefäß- und Transplantationschirurgie, Universität Rostock

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 124. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 01.-04.05.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07dgch6995

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgch2007/07dgch540.shtml

Veröffentlicht: 1. Oktober 2007

© 2007 Stöwhas et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Hochwertige Forschung in der Medizin kann heute nicht mehr nebenher, nach Feierabend und in der Freizeit geleistet werden. Mit der zunehmenden Personalverknappung und dem Trend zu einer möglichst raschen Facharztausbildung und frühzeitigen Spezialisierung, stellt sich gerade in den operativen Fächern die Frage, wie junge Mitarbeiter zu Forschungsrotationen motiviert werden können. Vor diesem Hintergrund untersucht die vorliegende Umfrage, wie Chirurgen den Sinn und die Inhalte der Forschung einschätzen. Dabei sollte auch die Frage beleuchtet werden, ob der früher propagierte "akademische Chirurg" (Forscher und Kliniker/Operateur) noch ein realistisches Berufsziel darstellt.

Material und Methoden: Erarbeitung eines zweiseitigen Fragebogens, der an 270 Kollegen aus chirurgischen Kliniken verschickt wurde. Die Auswahl erfolgte zufällig aus 4000 Ärzten aus dem Mitgliederverzeichnis der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Der Rücklauf innerhalb der ersten 3 Wochen betrug 40%. Die Auswertung der Umfragedaten erfolgte mittels Microsoft Excel.

Ergebnisse: Zwischenanalyse aus den ersten 90 eingegangenen Fragebögen. Es antworteten 42 Chef-, 21 Ober-, 14 Fach-, 13 Assistenzärzte aus 33 Kliniken (je ca. 30% Universitätskliniken und Krankenhäuser der Maximal- und Grundversorgung). 88% derer, die antworteten, waren aktuell an Forschungsprojekten beteiligt, 58% fungierten bei 1-2 Projekten als Leiter, 74% waren an Projekten beteiligt. Bei den Forschungsprojekten handelte es überwiegend um klinische Studien (davon 47% prospektiv; 48% multizentrisch). 25% der Befragten betrieben experimentelle Forschung (tierexperimentell; molekularbiologisch). An 42% der Kliniken existierten spezielle Förderprogramme, 90% der Projekte waren über Drittmittel (60%) bzw. universitäre Fördermittel (30%) finanziert. Im Durchschnitt investierten die Befragten 4 Stunden / Woche für die Forschung. Rund 80% forschten in der Freizeit und wünschten sich (mehr) Zeit für ihre Forschungsarbeit während der regulären Arbeitszeit. 66% der Befragten (85% der Nicht-Fachärzte) sahen ihre klinische Ausbildung durch externe, längerfristige Forschungsrotation gefährdet.Als Resultat der Forschungstätigkeit konnten von den Befragten im Durchschnitt 2 Erst- und 3 Co-Autorenschaften in den letzten 2 Jahren vorgewiesen werden. Die Motivation zu forschen war bei 60% das allg. wissenschaftliche Interesse, bei 30% der Wunsch zu publizieren und die eigene (klinische) Entwicklung zu fördern, bei 10% war es die Erlangung des Doktortitels bzw. der Habilitation. 60% bzw. 85% der Befragten sahen ihre Forschungstätigkeit (im Hinblick auf ihr persönliches Ziel) als effektiv an.

Schlussfolgerung: Die Interpretation der Umfrageergebnisse muss folgende Faktoren berücksichtigen: 1) Position und Motivation derer, die (bisher) geantwortet haben (z.B. hoher Anteil von Chef- und OÄ mit Leitungsfunktion bzw. Habilitationswunsch) 2) Art der Forschung, die betrieben wird - hoher Anteil von klinischen Studien, die intern und zumindest zum Teil auch während der klin. Arbeit durchgeführt werden können. Insgesamt wird klar, dass eine Diskrepanz zwischen dem Wunsch zu forschen -unabhängig von der Motivation- und der Möglichkeit ausreichend Zeit für die Forschungstätigkeit zu finden besteht (80% forschen in der Freizeit). Dieses schlägt sich auch in der Art der Forschung nieder (nur 20% Grundlagenforschung; >50% unizentrische, retrospektive Studien bzw. prospektive klin. Verlaufsbeobachtungen). Prinzipiell sehen rd. 50% der Befragten den akademischen Chirurgen als erstrebenswertes Berufsbild an. Längeren Forschungsrotationen stehen insbesondere die jüngeren Mitarbeiter wegen der Befürchtung dadurch die klinische/operative Ausbildung zu verzögern, skeptisch gegenüber. Ob der akademische Chirurg in Zukunft ein realistisches Berufsziel bleiben wird, hängt nach der vorliegenden Umfrage weniger von der Motivation der Chirurgen auch in ihrer Freizeit zu forschen ab, als von strukturellen Voraussetzungen (auch Arbeitszeitgesetz), die sich aufgrund der gesundheitspolitischen und ökonomischen Entwicklung in den letzten Jahren verschlechtert haben.