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124. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

01. - 04.05.2007, München

Differenzierte Therapie der Stuhlinkontinenz

Meeting Abstract

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  • corresponding author A. Wilhelm - Deutsche Klink für Diagnostik, Chirurgie/Koloproktologie, Aukammalle 33, 65191 Wiesbaden
  • L. Duschka - Deutsche Klink für Diagnostik, Chirurgie/Koloproktologie, Aukammalle 33, 65191 Wiesbaden

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 124. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 01.-04.05.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07dgch6703

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgch2007/07dgch039.shtml

Veröffentlicht: 1. Oktober 2007

© 2007 Wilhelm et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Häufig wird bei der analen Inkontinenz nur der defekte Sphinkterapparat als ursächlich betrachtet und entsprechend therapiert. Der weitaus größere Anteil der Patienten leidet aber an einer sekundären Inkontinenz auf Grund einer Beckenbodenschwäche mit resultierendem Rektumprolaps. Dieses führt zur Entwicklung einer gestörten Schließmuskelfunktion mit nachfolgender Inkontinenz. Um rationale Therapiestrategien anbieten zu können, muss neben der Abklärung des Sphinkterapparats mittels Endosonographie, EMG und Manometrie insbesondere die Beckenbodeninsuffiziens evaluiert werden. Hierzu gehört neben dem Kolon-KE im wesentlichen die Defäkographie und ggf. das dynamische Beckenboden-MRT. Im Folgenden soll anhand eines Patientenkollektivs unserer Klinik die morphologischen Veränderungen des Schließmuskelapparates und des Beckenbodens hinsichtlich der klinischen Beschwerden, dem therapeutischem Konzept und dem Outcome dargestellt werden.

Material und Methoden: In einer laufenden prospektiven Studie wurden von 11/05 bis 08/06 bislang bei 50 Patienten mit Stuhlinkontinenz der Schließmuskelapparat mittels endoanaler Sonographie (B+K-Medical, 10 MHz, 360°-Transrektalsonde), Sphinkter-EMG und -manometrie (Fa. Medtronic) evaluiert. Zusätzlich wurden eine Kolon-Doppelkontrastuntersuchung und ein Defäkogramm angefertigt. Die Stuhlinkontinenz währte zwischen 6 Monaten und 35 Jahren. Anhand der erhobenen Befunde wurden differenzierte Therapiestrategien durchgeführt und die Patienten hinsichtlich des Therapieerfolgs nachbeobachtet (Nachbeobachtungszeit beträgt z. Zt. 3-8 Monate).

Ergebnisse: Reine Sphinkterdefekte wurden nur bei 5 Patienten gefunden (10 %). Die Kombination aus Rektumprolaps und Sphinkterdefekt wurden in 48 % (24/50) beobachtet. Ein alleiniger Rektumprolaps lag bei 21 Patienten vor (42 %). In 54 % (27/50) bestand gleichzeitig eine Harninkontinenz. Hysterektomien lagen bei 58,9 % der Patientinnen vor. Anhand dieser Befunde wurden unterschiedliche therapeutische Strategien verfolgt. Bei alleinigem Rektumprolaps wurde die Resektionsrektopexie oder der STARR angewandt. Isolierte Sphinkterdefekte erhielten eine Sphinkterrekonstruktion und bei kombinierter Ursache wurde nach Entlastung des Beckenbodens eine Rekonstruktion des Sphinkters vorgenommen (n=9). Bei persistierender Inkontinenz und ohne Vorliegen eines schweren neurologischen Schadens schloss sich eine Sakralnervenstimulation an (n=5). Biofeedback wurde als Ergänzung angewendet. Urologische Eingriffe (Faszienzügelplastik oder Kolposuspension nach Burch, n=8) bzw. gynäkologische Eingriffe (Hysterektomie, n=1) wurden synchron durchgeführt. Insgesamt erhielten 8 Patienten eine abgestufte Therapie. 12 Wochen postoperativ sind z. Zt. 24/26 Patienten kontinent oder in ihrer Kontinenzleistung gebessert.

Schlussfolgerung: Neben den klassischen Sphinkterdefekten durch Geburtstrauma ist vor allem bei Frauen die komplexe Beckenbodeninsuffiziens mit Rektumprolaps im wesentlichem ursächlich für die anale Inkontinenz. Folglich kann daher bei letzterem eine alleinige operative Therapie des Schließmuskelapparates nicht zu dem gewünschten therapeutischen Ziel führen. Aufgrund dessen muss initial durch eine exakte apparative Diagnostik die Genese der Inkontinenz genauestens erfasst und eine differenzierte Therapiestrategie geplant werden. Dabei sollte das hintere Kompartiment des kleinen Beckens nicht isoliert, sondern die vorderen Kompartimente immer mitbetrachtet werden. Ist dies erfolgt, so kann mit einem hohen therapeutischen Erfolg gerechnet werden.