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123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

02. bis 05.05.2006, Berlin

Gastrointestinaler „field effect“: Folge immunologischer Prozesse im Darm?

Meeting Abstract

  • A. Koscielny - Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Universität Bonn, Bonn, Deutschland
  • T. Börner - Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Universität Bonn, Bonn, Deutschland
  • D. Engel - Institut für Molekulare Medizin und Experimentelle Immunologie, Universität Bonn, Bonn, Deutschland
  • C. Kurts - Institut für Molekulare Medizin und Experimentelle Immunologie, Universität Bonn, Bonn, Deutschland
  • A. Hirner - Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Universität Bonn, Bonn, Deutschland
  • J.C. Kalff - Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Universität Bonn, Bonn, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 02.-05.05.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06dgch4978

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgch2006/06dgch701.shtml

Veröffentlicht: 2. Mai 2006

© 2006 Koscielny et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Abdominelle Operationen und Traumata führen zu Störungen der Darmmotilität, welche potentiell Sepsis und MOV induzieren können. Diese funktionellen Störungen werden von einer Entzündung innerhalb der Tunica muscularis externa des Dünndarms begleitet, die sich, auch funktionell, bis in nicht manipulierte gastrointestinale Segmente (Colon, Magen) ausdehnt. Dieses Phänomen wird gastrointestinaler “field effect” genannt. Der kausale Mechanismus ist noch unklar. Wir postulieren eine immunologische Reaktion als Ursache, bei der die dendritischen Zellen des Darmes eine Schlüsselrolle spielen. Ziel unserer Untersuchungen war die Analyse der Aktivierung, Reifung und Migration der dendritischen Zellen (DC) der murinen intestinalen Tunica muscularis (ME) als immunkompetente antigen-präsentierende Zellen in Abhängigkeit von der intestinalen Manipulation (IM).

Material und Methoden: Mäuse des Wildtyp-Stammes C57/BL/6 bzw. des Stammes OT1BL wurden einer standardisierten IM, einer sham-Operation oder der i.p. Einmalgabe von LPS unterzogen. Die Gewebe der deepithelisierten Darmwand, der ME und der mesenterialen Lymphknoten wurden zu verschiedenen Zeitpunkten nach IM gewonnen. Die DC wurden durch Gewebeverdau isoliert und durch CD11c-positive Magnetseparation angereichert. Die geernteten DC wurden im FACS phänotypisiert, in Proliferationsassays mit CD8-positiven Des.TCR-Zellen eingesetzt, wobei die Interleukin-Freisetzung der letzteren nach Kokultur im ELISA gemessen wurde. Die Aktivierungsmuster der DC wurden mittels PCR analysiert. Schließlich erfolgten in-vivo-Transitmessungen von FITC-markiertem Dextran und Hanker-Yates-Färbungen an isolierten ME-Präparaten von OT1BL-Mäusen nach IM.

Ergebnisse: Wir fanden eine signifikante Erhöhung der DC-Zahl in der ME und in den mesenterialen Lymphknoten 6 – 24 Stunden nach IM bzw. nach einmaliger i.p.-Injektion von LPS (10 μg/kg KG). Die DC der Darmwand gehörten überwiegend zum CD11c+CD11b+F4/80+-Subtyp. Wir fanden eine Aufregulation der immunkompetenten kostimulatorischen Moleküle MHC II, CD 40, CD 80, CD 86 und CD 205 auf der DC-Oberfläche nach IM. Ebenso waren die DC-Rezeptoren CCR2, CCR5, CCR7, der Ligand CCL-19, das IL-12, das INF-γ, der Homing-Ligand MAdCAM und der lymphozytäre Homing-Rezeptor CCR9 im isolierten Gewebe zeit- und gewebeabhängig aufreguliert. Wurden die nach IM isolierten DC mit CD8-positiven Des.TCR-T-Zellen kokultiviert, fand sich eine erhöhte Aktivierung der T-Zellen mit signifikant erhöhter Freisetzung von IL-2 und INF-γ. Bei funktioneller Lymphozytendepletion, wie z. B. bei OT1BL-Tieren, zeigte sich eine Abschwächung des field effects mit signifikant verbesserten in-vivo-Transitzeiten und reduzierter leukozytärer Infiltration in nicht manipulierten Abschnitten nach IM.

Schlussfolgerung: Es gelang eine Phänotypisierung und funktionelle Analyse der aus der Darmwand bzw. den mesenterialen Lymphknoten zu verschiedenen Zeitpunkten nach IM isolierten DC. IM führt zur Rekrutierung, Aktivierung, Reifung und Migration der DC abhängig vom Zeitpunkt nach IM. Funktionelle Lymphozytendepletion führt zu verbessertem gastrointestinalen in-vivo-Transit und histologisch reduzierter Leukozyteninfiltration in nicht manipulierten Darmabschnitten. Diese Befunde zeigen ausreichende Vorbedingungen für einen immunologisch vermittelten gastrointestinalen field effect.