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123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

02. bis 05.05.2006, Berlin

Die supraacetabuläre Beckenzwinge – Notfallmaßnahme bei instabilen Beckenringverletzungen

Meeting Abstract

  • corresponding author K.-H. Frosch - Unfallchirurgie, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Georg-August-Universität Göttingen
  • S. Hingelbaum - Unfallchirurgie, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Georg-August-Universität Göttingen
  • K. Dresing - Unfallchirurgie, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Georg-August-Universität Göttingen
  • K.M. Stürmer - Unfallchirurgie, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Georg-August-Universität Göttingen

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 02.-05.05.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06dgch4538

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgch2006/06dgch545.shtml

Veröffentlicht: 2. Mai 2006

© 2006 Frosch et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die Anlage der Beckenzwinge wird im Kreuzungspunkt einer geschwungenen Linie der verlängerten Femurachse und dem Lot der Spina iliaca anterior superior empfohlen. Aus unserer Erfahrung gelingt über diesem Punkt oft kein befriedigender Schluß des Beckenrings, zusätzlich wird der Eintrittspunkt für die ISG-Verschraubung kontaminiert. Beim liegenden, evtl. auch adipösen Patienten ist dieser Punkt nicht leicht zu finden und mit nicht geringen Risiken von Gefäß-Nervenverletzungen verbunden.In vorliegender Studie werden deshalb die klinischen Erfahrungen mit der supraacetabulären Lage der Beckenzwinge vorgestellt.

Material und Methoden: In den letzten 6 Jahren wurde bei 14 polytraumatisierten Patienten (4 weiblich, Alter 48 (19 – 92), ISS 40,8 (25 – 66)) mit instabiler Beckenfraktur und bestehender instabiler Kreislaufsituation notfallmäßig eine Beckenzwinge (ACE-Clamp, DePuy) angelegt. Nach der AO-Klassifikation lag 4 x ein Typ B2, 1 x B3, 6 x C1, 2 x C2 und 1 x eine C3-Fraktur des Beckenrings vor. Die Beckenzwinge wurde jeweils über Stichinzision 2 – 3 cm oberhalb des Acetabulums in das Pfannendach eingebracht. 1 mal wurde die Lage der Beckenzwinge im Schockraum bei dorsal kranialer Lage (s. o.) und persistierender hämodynamischer Instabilität korrigiert und erfolgreich supraacetabulär angelegt.

Ergebnisse: Bei allen Patienten gelang die Reposition des Beckenrings. Die Zeit für die Anlage der Beckenzwinge betrug bei allen Patienten höchstens 15 min. Innerhalb der ersten 6 h wurden durchschnittlich 41 (9 – 175) EK´s und 42 FFP´s (4 – 200) transfundiert. 3 Patienten verstarben an den Folgen unstillbarer Blutungen, 1 Patient im Verlauf am Multiorganversagen. Bei 3 Patienten konnten durch die Anlage der Beckenzwinge innerhalb von 20 min stabile Kreislaufverhältnisse erreicht werden. 7 Patienten wurden sofort aufgrund von intraabdominellen, intrathorakalen oder intracerebralen Begleitverletzungen zusätzlich operativ versorgt. Die durchschnittliche Dauer der Zwingenbehandlung bis zur Definitivversorgung betrug 3 Tage (1,5 h – 12 Tage).

Schlussfolgerung: Die supraacetabuläre Anlage der Beckenzwinge bringt eine gleichmäßige Krafteinleitung in die beiden Beckenhälften und führt zu günstigen Hebelarmen für den Schluß des vorderen und hinteren Beckenrings. Die Risiken einer Perforation oder einer Verletzung von Gefäßen oder Nerven sind gering, der Zugang für die ISG-Verschraubung wird nicht kontaminiert. Die Reposition kann ohne Röntgen durch Palpation der sich schließenden Symphyse kontrolliert werden, die Anlage ist technisch deutlich einfacher als im von der AO empfohlenen Zugangspunkt. Die nachfolgende Osteosynthese wird durch die günstige Reposition des Beckenrings erleichtert und bedarf bei liegender Beckenzwinge oft nur der Feinadaptation.