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123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

02. bis 05.05.2006, Berlin

Critical Incident Reporting - Sind Chirurgen unfehlbar?

Meeting Abstract

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  • corresponding author L. Mahlke - Unfallchirurgische Klinik der Med. Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • C. Krettek - Unfallchirurgische Klinik der Med. Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 02.-05.05.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06dgch5720

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgch2006/06dgch431.shtml

Veröffentlicht: 2. Mai 2006

© 2006 Mahlke et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Im letzten Jahrhundert hat sich die Chirurgie zu einer hochspezialisierten und wissenschaftlich anerkannten Disziplin entwickelt. Allerdings sind Zwischenfälle und Fehler in der Medizin bisher in der Regel negiert oder als Fehler einzelner betrachtet worden. Und obwohl Literatur aus den USA über Zehntausende von Fehlern berichtet, die zu Todesfällen unter Krankenhaus-Patienten führen, ist eine Fehlerkultur in deutschen Hospitälern nur marginal vorhanden. Allerdings werden die meisten Katastrophen mittlerweile nicht als einzelne Fehler oder Fehler einzelner sondern als Summation vieler kleiner Zwischenfälle verstanden. Aus dem gleichen Grunde hat die Luftfahrt bereits vor 40 Jahren Critical Incident Reporting Systeme entwickelt, um aus Beinahe-Zwischenfällen Lehren zur Vermeidung zukünftiger Probleme zu ziehen. Dieses System hat die Medizin seit einigen Jahren versucht zu adaptieren. Wir berichten über 4 Jahre Erfahrung mit einem solchen Reporting System an einer unfallchirurgischen Universitätsklinik.

Material und Methoden: Ein web-basiertes Incident Reporting-System wurde in Analogie zum Baseler CIRS eingerichtet und für alle Mitarbeiter zugänglich gemacht. Alle beteiligten Berufsgruppen wurden geschult und aufgefordert, Beinahe-Zwischenfälle intensiv zu melden. Alle Berichte wurden dann in 3-wöchentlichem Abstand vom interdisziplinär besetzten RiskManagement-Team ausgewertet und bearbeitet.Analysiert wurden in dieser Studie die Anzahl der Berichte, die Meldungen der verschiedenen Berufsgruppen und die daraus abgeleiteteten Maßnahmen Konsequenzen.

Ergebnisse: Von September 2001 bis September 2005 wurden 518 Berichte analysiert. Dabei ist über den Zeitverlauf eine deutliche Zunahme der Reports zu verzeichnen. 213 Berichte monierten organisatorische oder logistische Probleme der Patientenversorgung. Weitere 96 Berichte beklagten problematische Interaktionen zwischen den verschiedenen Berufsgruppen. Weiterhin wurden 88 mal Probleme in der operativen Vorbereitung oder der Durchführung der Versorgung berichtet. Weitere 29 Berichte beschäftigten sich mit Irrtümern oder Beinahe-Fehlern im präklinischen Bereich der Hubschrauber-Notfallrettung. Ausserdem waren 10 Berichte über Unsicherheiten über die zu operierende Seite zu verzeichnen. In 98 Fällen konnte durch Dienstanweisungen, wiederholte Einweisungen oder Einzelgespäche eine Reaktion erfolgen. Allerdings waren auch Häufungen von "Critical Incidents" zu identifzieren, so dass gerade hier Vermeidungsstrategien entwickelt wurden, z.B. clinical pathways.Nach Implementation der Maßnahmen konnte eine deutliche Reduktion der Meldungen zu diesen Problemen verzeichnet werden.

Schlussfolgerung: Nach Einführung des Critical Incident Reporting Systems konnten verschiedene Häufungen von Beinahe-Fehlern identifiziert werden. Durch Einführung von Vermeidungsstrategien konnte bisher ein fataler Fehler vermieden werden. Das CIRS deckt Problembereiche auf und hilft Fehler in der Zukunft zu vermeiden. Das System kann aber nur bei einer abteilungsübergreifenden und berufsgruppenunabhängigen Benutzung seine Vorteile ausspielen. Wir sehen im Critical Incident Reporting System ein ideales Werkzeug zur Selbstreflexion und zur Reduktion vermeidbarer Fehler.