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Munitionsverklappung in der Ostsee
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Veröffentlicht: | 30. Juni 2008 |
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Als Folge des 2. Weltkrieges wurden nach Kriegsende große Mengen von Munition durch zum Teil sehr unqualifiziertes Personal in der Ostsee an entsprechend tiefen Stellen versenkt. Hierbei handelte es sich neben konventioneller Munition und Granaten vor allem um Lost, besser bekannt als Senfgas aus dem 1. und 2. Weltkrieg. Dieses Material wurde vorrangig in den tieferen Gewässern der Ostsee um Bornholm verklappt, konventionelle Munition wurde an Stellen versenkt, die vom Deutschen Hydrographischen Institut erfasst wurden, allerdings sind nach wie vor auch immer wieder Überraschungsfunde möglich, da nicht alle Munition korrekt an den vorbestimmten Stellen versenkt wurde, um letztlich Zeit zu sparen und mehr Geld durch diesen Prozess zu machen.
Ein zusätzliches Problem stellt die Bomberdierung von Peenemünde während des 2. Weltkrieges dar. Hier wurden versehentlich durch Lancesterbomber 3 Ladungen Phosphorbomben, die zur Branderzeugung vorgesehen waren, im Meer abgeworfen. Zusätzlich wurden weitere Bomber, die mit dieser Fracht bestückt waren, abgeschossen.
Die Folge ist ein unkontrolliert gestreutes Feld von Phosphorgranaten in der Ostsee um Usedom. Alle diese Munitionsanteile haben in den letzten 10 bis 15 Jahren durch Korrosionsprozesse ihre schützende Hülle verloren, das Material wird freigesetzt und unkontrolliert, anhängig von Strömung und Windeinwirkung an die Strände, sowohl Mecklenburg-Vorpommerns, als auch Schwedens und Dänemarks angeschwemmt. Auf der recht beliebten Insel Usedom mussten daher schon Warnschilder angebracht werden, um auf Phosphor hinzuweisen, der mit Bernstein verwechselt werden kann und fürchterliche Folgeschäden und Trocknen auslösen kann.
Das zweite chemisch-toxische Agens, nämlich Senfgas oder Lost, ist derzeit bedingt durch seine chemischen Eigenschaften eher auf dem Grund der Ostsee vorhanden und nach Austreten aus den korrodierten Granaten als weißlicher nebelartiger Teppich auf Meeresbodensenken zu sehen.
Der Kontakt mit Lost hinterlässt ähnlich wie bei Phosphor tiefgreifende Schädigung der Haut und kann vor allem auch durch Gummi perfundieren, was immer wieder Fischer erleben mussten, die derartige Granaten mit Grundnetzen an die Meeresoberfläche förderten. Bei Kontakt mit derartigen Substanzen muss eine sichere Akutbehandlung gewährleistet sein, dieses ist im Allgemeinen durch komplettes Nasshalten der betroffenen Areale für eine gewisse Zeit möglich. Es sollte so schnell wie möglich nach Kontakt gezielt dekontaminiert werden, die Nachbehandlung erfolgt ähnlich einer tiefen Verbrennung.
Mangels ausreichender Information besteht in den Ostseeanrainerstaaten für die Erstbehandler ein gewisses Defizit an Wissen um die korrekte Akutversorgung, die Verantwortung hier Abhilfe zu schaffen liegt bei den Innenministerien der einzelnen Bundesländern.