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Süddeutscher Kongress für Kinder- und Jugendmedizin

62. Jahrestagung der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gemeinsam mit der Süddeutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. – Landesverband Saarland

03.05. - 05.05.2013, Saarbrücken

Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) – „Fällt man vom Ritalin tot um?“ – Kritische Auseinandersetzung mit der Empfehlung zu einer kardialen Abklärung vor einer Stimulantientherapie

Meeting Abstract

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  • R. Eyermann - Kinder- und Jugendmedizin, Kinderkardiologie, Sportmedizin, München, Germany

Süddeutscher Kongress für Kinder- und Jugendmedizin. 62. Jahrestagung der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gemeinsam mit der Süddeutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. – Landesverband Saarland. Saarbrücken, 03.-05.05.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. Doc13sgkjP4

doi: 10.3205/13sgkj21, urn:nbn:de:0183-13sgkj218

Published: April 17, 2013

© 2013 Eyermann.
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Frage- bzw. Problemstellung: Die Notwendigkeit einer kardialen Risikoevaluation vor Stimulanzientherapie des Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) mit Methylphenidat (MPH) oder Atomoxetin wird seit längerem kontrovers diskutiert. Immer wieder berichten Kasuistiken über einen plötzlichen Herztod juveniler Patienten unter Stimulanzientherapie, wie immer wurde eine präexistente, nicht diagnostizierte Herzerkrankung detektiert. Solche Kasuistiken fordern eine Risikoevaluation vor Therapiebeginn.

Methodik: Evidenzbasierte Literaturrecherche und Erarbeitung/Präsentation von Empfehlungen.

Ergebnis: Leitlinien zum einheitlichen Praxisvorgehen wurden bereits 2008 von der American Heart Association (AHA) sowie im gleichen Jahr, als Reaktion darauf, von der American Academy of Pediatrics (AAP) publiziert.Nach den AHA-Guidelines führt keine in praxi verfügbare Substanz von Stimulanzien zu EKG-Veränderungen. Nur leichte kreislaufaktive Veränderungen wie ein leichter Herzfrequenz- und Blutdruck-Anstieg sind beschrieben. In vitro- und in vivo-Studien fanden keine messbaren EKG-Veränderungen, vor allem keine QT-Verlängerung in MPH-Dosen bis 30 mg/kg. Die AHA-Guidelines empfehlen aber ein EKG vor Therapiebeginn zur Detektion von Kardiopathien. Die AAP hat sich gegen die AHA-Guidelines ausgesprochen und deren Abklärungsprocedere mit EKG als zu weitgehend bezeichnet. Von der AAP aus kann und sollte auf ein EKG vor Therapiebeginn verzichtet werden, da evidenzbasiert numerisch belegt ist, dass die Anzahl plötzlicher Herztodesfälle (Sudden Cardiac Death-Rate) von ADHS-Patienten unter Stimulanzien nicht höher ist, als die Rate in einer pädiatrischen Normalpopulation. Gemäß dem Expertenstreit auf höchster Ebene herrschen in verschiedenen Kinderzentren und kinderkardiologischen Abteilungen differente Praktiken.

Diskussion und Konklusion: Von einem Konsens weit entfernt kann somit jeder Arzt einer der Expertenargumentationen bzw. -instanzen folgen.

Der pragmatische Ansatz der AAP, die klare Empfehlung von einem EKG vor Therapiebeginn des ADHS mit Stimulanzien abzusehen, erscheint rational und auch Kosten-Nutzen-orientiert.

Die Empfehlungen der AHA zielen dagegen nicht auf ein Nebenwirkungs-Screening der Stimulanzientherapie sondern vor allem auf die Detektion allfälliger Kardiopathien vor Therapiebeginn mit einer pharmakologischen Substanz ab.