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Patientenbeteiligung bei medizinischen Entscheidungen
2. Tagung des Förderschwerpunktes "Der Patient als Partner im medizinischen Entscheidungsprozess"

25. bis 27.03.2004, Freiburg

Die hausärztliche Kommunikation zur medizinischen Entscheidungsfindung bei der Versorgung depressiver Patienten

Meeting Abstract

  • corresponding author A. Loh - Universitätsklinikum Freiburg, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Hauptstr. 5, 79104 Freiburg
  • K. Hennig - Universitätsklinikum Freiburg, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Hauptstr. 5, 79104 Freiburg
  • B. Hennig - Universitätsklinikum Freiburg, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Hauptstr. 5, 79104 Freiburg
  • T. Falk - Universitätsklinikum Freiburg, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Hauptstr. 5, 79104 Freiburg
  • N. Giersdorf - Universitätsklinikum Freiburg, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Hauptstr. 5, 79104 Freiburg
  • M. Härter - Universitätsklinikum Freiburg, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Hauptstr. 5, 79104 Freiburg

Patientenbeteiligung bei medizinischen Entscheidungen. 2. Tagung des Förderschwerpunktes "Der Patient als Partner im medizinischen Entscheidungsprozess". Freiburg, 25.-27.03.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04pat04

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/pat2004/04pat04.shtml

Published: June 15, 2004

© 2004 Loh et al.
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Hintergrund

Die medizinische Entscheidungsfindung bei depressiven Patienten erfordert im Prozess aufeinander aufbauende Schritte [1]. Von Elwyn et al. wurde ein Konzept zur Beschreibung des Vorgehens bei der partizipativen Entscheidungsfindung vorgelegt [2]. Mit einem Verfahren zur standardisierten Fremdbeobachtung (OPTION) der ärztlichen Konsultationen auf einer 12-Item-Skala kann die Einbeziehung von Patienten bei medizinischen Entscheidungen anhand von 12 Kriterien bewertet werden [3]. In einem explorativen Vorgehen sollte untersucht werden, wie die Hausärzte ihr Vorgehen bei der Entscheidungsfindung subjektiv bewerten, in welchem Ausmaß die Schritte zur partizipativen Entscheidungsfindung umgesetzt werden, und wieviel Zeit für einzelne Bausteine des Konzeptes jeweils aufgewendet wird.

Methoden

34 Hausärzte aus Südbaden wurden mit der Methode des halbstandardisierten Interviews [4] bezüglich ihres Vorgehens bei der Entscheidungsfindung im Rahmen der Versorgung depressiver Patienten befragt. Zusätzlich wurden von neun interviewten Hausärzten 21 Konsultationen mit depressiven Patienten aus dem Praxisalltag auf Tonband aufgezeichnet. Diese wurden mit der OPTION-Skala [3], bewertet.

Ergebnisse

Im Interview geben 44% der befragten Hausärzte an, die Patienten im Sinne einer partizipativen Entscheidungsfindung zu beteiligen, weitere 36% der Ärzte bevorzugen ein paternalistisch-partizipatives Modell, 16% eine rein paternalistische Vorgehensweise und 4% eine informierte Entscheidungsfindung (Patienten-Autonomie-Modell).

Die Summenscores der OPTION-Skala bewegen sich zwischen 2 und 16,5 mit einem Mittelwert von 7. Die höchsten Werte erreichten die Ärzte auf den Items 6 (Exploration der Erwartungen des Patienten), 9 (Möglichkeit zum Fragenstellen) und 12 (erneut auf die Entscheidung zurückkommen), die niedrigsten Werte auf den Items 3 (Art der Informationsdarbietung erfragen), 8 (Verständnis des Patienten überprüfen) und 10 (nach dem Ausmaß der Beteiligung fragen). Die Auswertung der Zeitsequenzen ergab einen hohen Range zwischen dem Maximalwert bei der Problemdefinition (762,74 s) und dem geringsten Wert bei Equipoise-Statements (0,79 s).

Diskussion

Die Angaben der Ärzte bezüglich ihrer bevorzugten Vorgehensweise stehen im Gegensatz zu den niedrigen OPTION-Scores. Die Ärzte gehen stärker davon aus, ihre depressiven Patienten bei Entscheidungen zu beteiligen, was sich bei detaillierter Analyse der Ergebnisse des Fremdbeobachtungsverfahrens aber nicht sicher bestätigen lässt. Die OPTION-Werte liegen weit unter denen einer walisischen Untersuchung [3]. Neben den Einschränkungen, dass es sich nur um eine kleine, nicht repräsentative Stichprobe handelt, kommt als Begründung hierfür unter anderem in Frage, dass den Ärzten das Konzept der partizipativen Entscheidungsfindung noch nicht hinreichend bekannt ist. Aus diesem Grund wurde eine spezifische Fortbildung entwickelt und durchgeführt.


Literatur

1.
Towle A, Godolphin W (1999) Framework for teaching and learning informed shared decision making. BMJ 319: 766-771
2.
Elwyn, G., Edwards, A., Wensing, M., Hibbs, R., Wilkinson, C. & Grol, R. (2001). Shared decision making observed in clinical practice: visual displays of communication sequence and patterns. Journal of Evaluation in Clinical Practice, 7, 211-221.
3.
Elwyn, G., Edwards, A., Wensing, M., Hood, K., Atwell, M.A. & Grol, R. (2003). Shared decision making: Developing the OPTION scale for measuring patient involvement. Quality and Safety in Health Care, 12, 93-99.
4.
Mayring, P. (2003). Qualitative Inhaltsanalyse. Weinheim: Beltz