gms | German Medical Science

Symposium Methodik der Medizinischen Ausbildungsforschung

25. - 26.05.2013, Berlin

Risikokommunikation: Umgang mit Unsicherheit in der Medizin

Plenumsvortrag

Search Medline for

  • corresponding author Wolfgang Gaissmaier - Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Harding Zentrum für Risikokompetenz, Berlin

Jahressymposium des GMA Ausschuss für Methodik der Ausbildungsforschung. Berlin, 25.-26.05.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocID1

doi: 10.3205/13maf01, urn:nbn:de:0183-13maf011

Published: April 23, 2013

© 2013 Gaissmaier.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.


Vortrag

„Das Mammographie-Screening senkt das Risiko, an Brustkrebs zu sterben, um 20%.“

„Der HIV-Test erkennt 99,9% aller HIV-Erkrankten.“

„Die 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit nach einer Prostatakrebsdiagnose beträgt in den USA 82%, in Großbritannien hingegen nur 44%.“

Hätten Sie gewusst, dass die relative Risikoreduktion um 20% durch Mammographie-Screening bedeutet, dass 1 von 1000 Frauen weniger an Brustkrebs stirbt (aber im selben Zeitraum vermutlich an etwas anderem)? Dass die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich HIV-infiziert zu sein, wenn der Test positiv anschlägt, für Menschen, die zu keiner Risikogruppe gehören, nur bei ungefähr 50% liegt? Dass die Wahrscheinlichkeit, in den USA an Prostatakrebs zu sterben genauso hoch ist wie in Großbritannien?

Wenn nein, sind Sie in guter Gesellschaft. Viele Menschen, und zwar sowohl Patienten als auch Ärzte, haben oft erhebliche Probleme, statistische Angaben zu verstehen und mit Zahlen umzugehen. Dies wäre aber zwingend erforderlich, damit Menschen Nutzen und Risiken von diagnostischen und therapeutischen Verfahren in der Medizin richtig einschätzen und informierte Entscheidungen treffen können. Viele Untersuchungen zeigen, dass die wesentliche Ursache für solche Fehleinschätzungen darin liegt, wie Zahlen und Statistiken dargestellt werden. Man kann Einsicht durch passende Repräsentation von statistischer Information erzeugen (z.B. 1 von 1000 Frauen stirbt weniger an Brustkrebs) oder Verwirrung durch nicht-transparente Formen (z.B. ein um 20% gesenktes Risiko).

Viele Informationen, die Patienten, aber auch Ärzte, erhalten, sind leider nicht darauf ausgerichtet, wirklich zu informieren, sondern darauf, Menschen dazu zu überreden, das vermeintlich Richtige zu tun. Solche Formen der Manipulation werden häufig damit begründet, dass man dies ja nur zum Wohle der Bürger tue. Dahinter verbirgt sich ein Bild des Menschen, der nicht in der Lage ist, für sich selbst gute Entscheidungen zu treffen.

Diesem Menschenbild möchte ich eine klare Absage erteilen. Viele Studien belegen, dass die meisten Männer und Frauen dazu sehr wohl in der Lage sind. Dazu ist zum einen wichtig, dass Journalisten, Broschüren und Ärzte verständlich informieren. Zum anderen sollten Menschen einen grundlegenden Umgang mit Unsicherheit und statistischen Informationen in der Medizin und darüber hinaus bereits frühzeitig lernen.


Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass er keinen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel hat.