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62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

17.09. - 21.09.2017, Oldenburg

AGT-Reha: Assistierende Gesundheitstechnologien für das medizinische Tele-Reha-Training – Ausgewählte Ergebnisse der Pilotstudie

Meeting Abstract

  • Klaus-Hendrik Wolf - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Braunschweig, Deutschland
  • Birgit Saalfeld - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Bianca Oppermann - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Braunschweig, Deutschland
  • Jana Riquel - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Braunschweig, Deutschland
  • Axel Kobelt - Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover, Laatzen, Deutschland
  • Horst P. Borrmann - Deutsche Rentenversicherung Nord Ost West Informationstechnik GmbH, Laatzen, Deutschland
  • Andreas Figlewicz - Rehazentrum Bad Pyrmont, Bad Pyrmont, Deutschland
  • Detlev Kasprowski - Rehazentrum Bad Pyrmont, Bad Pyrmont, Deutschland
  • Michael Thiel - Rehazentrum Bad Pyrmont, Bad Pyrmont, Deutschland
  • Reinhold Haux - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Braunschweig, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Oldenburg, 17.-21.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocAbstr. 194

doi: 10.3205/17gmds134, urn:nbn:de:0183-17gmds1341

Published: August 29, 2017

© 2017 Wolf et al.
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Text

Einleitung: Rehabilitanden erlernen während ihres Klinikaufenthalts Eigenübungen, um die Beweglichkeit der Schulter zu verbessern und die Schmerzen zu reduzieren. Nach der Entlassung aus der Klinik sind sie gehalten die Übungen selbstständig fortzuführen. Dies geschieht jedoch häufig nur mit unzureichender Qualität und Quantität. Assistierende Gesundheitstechnologien haben das Potential hier zu unterstützen [1].

Das Tele-Rehabilitationssystem AGT-Reha hilft Patienten mit Schulterbeschwerden bei ihrem poststationären, häuslichen Rehabilitationstraining. Die Rehabilitanden führen mit AGT-Reha ein eigenständiges Heimtrainingsprogramm unter indirekter Kontrolle der Übungsquantität und -qualität durch einen Physiotherapeuten aus.

Im Folgenden wird AGT-Reha als Alternative oder Ergänzung zu bestehenden Nachsorgeformen vorgestellt und ein Überblick über das AGT-Reha-Projekt gegeben.

Methoden: Das eingesetzte Tele-Rehabilitationssystem AGT-Reha besteht aus einer im Rahmen des Projekts iterativ entwickelten Kombination von Hard- und Software – zunächst Notebooks, nun All-in-One-PCs, jeweils ergänzt mit einer Tiefen- und Farbbildkamera (KinectTM Version 1 bzw. Version 2). AGT-Reha leitet individuell aus einem Übungskatalog ausgewählte krankengymnastische Übungen an. Der Katalog wurde gemeinsam mit Ärzten und Physiotherapeuten für Rehabilitanden mit Schulterbeschwerden entwickelt. Mit AGT-Reha führt der Rehabilitand sein Training selbstständig in der Häuslichkeit durch und erhält unmittelbar Rückmeldungen zu seiner Übungsausführung.

Jede Übung beginnt mit einem kurzen Anleitungsvideo. Anschließend gelangt der Rehabilitand in einen virtuellen Trainingsraum. Dort sieht er während der Übungsausführung sein Spiegelbild und einen animierten Trainer, der die Übung vorführt. Der Rehabilitand kann selbständig Abweichungen von der idealen Übungsausführung erkennen und korrigieren. AGT-Reha gibt zusätzlich Warnhinweise bei ungenauem Bewegungsablauf oder zu hoher Bewegungsgeschwindigkeit. AGT-Reha überträgt Qualität und Quantität der Bewegungsausführung verschlüsselt an einen Server. Die behandelnden Physiotherapeuten überwachen diese Daten der Rehabilitanden per Web-Interface und greifen bei Bedarf korrigierend in den poststationären Rehabilitationsprozess ein.

Ergebnisse: Zur ersten Erprobung trainierten 20 Patienten in der Klinik unter Aufsicht eines Physiotherapeuten mit den ersten Prototypen. Danach fand eine erweiterte Erprobung in den Patientenzimmern (n=15) statt, bei der die Rehabilitanden selbstständig mit dem System trainierten. Während dieser initialen Tests traten keine schwerwiegenden technischen Fehler auf. Identifizierte Fehler wurden zeitnah behoben. In der anschließenden explorativen Machbarkeitsstudie trainierten acht Rehabilitanden zunächst während des Klinikaufenthaltes und danach drei Monate selbstständig in der Häuslichkeit mit AGT-Reha. Die Rückmeldungen der Rehabilitanden halfen AGT-Reha kontinuierlich zu verbessern. Schwachstelle des Systems war die erste Version der Tiefenkamera mit einer unzureichenden Erkennung und hohen Fehleranfälligkeit. Dies wurde auch von anderen berichtet [2], [3]. Sechs weitere Rehabilitanden trainierten anschließend mit der Version 2 von AGT-Reha.

Die im März 2017 erfolgreich abgeschlossene Machbarkeitsstudie zeigte die technische Funktionsfähigkeit des AGT-Reha-Konzepts und eine hohe Nutzerakzeptanz. Alle zwölf Probanden, die AGT-Reha für mehr als drei Monate verwendet haben, würden es weiterempfehlen, elf sahen das System als Hilfestellung für sich an, zehn würden es auf jeden Fall selbst wiederverwenden.

Diskussion: Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Pilotstudie läuft aktuell eine Wirksamkeitsstudie zur Evaluation der Nichtunterlegenheit des Trainings mit AGT-Reha im Vergleich zur Medizinischen Trainingstherapie. Diese schließt eine vergleichende Untersuchung der Kosten ein. Die Wirksamkeitsstudie startete im Februar 2017 mit erneut verbesserter Software. Aktuelle Arbeitspakete beinhalten die weitere Integration des Systems in die klinischen Arbeitsabläufe und die damit zusammenhängende Integration in die bestehende IT-Infrastruktur.



Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Chang YJ, Han WY, Tsai YC. A Kinect-based upper limb rehabilitation system to assist people with cerebral palsy. Research in Developmental Disabilities. 2013;34(11):3654-9.
2.
Antón D, Goñi A, Illarramendi A, Torres-Unda JJ, Seco J. KiReS: A Kinect-based telerehabilitation system. IEEE 15th International Conference on e-Health Networking, Applications and Services (Healthcom 2013); 2013. p. 444-8.
3.
Michels H, Gedwien A, Clemens U, Tiemann M, John M, Klose S, Häusler B. Reha-Nachsorgeprogramm DigiTrain. f&w führen und wirtschaften im Krankenhaus. 2017;1:74-6.