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62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

17.09. - 21.09.2017, Oldenburg

Populationsbasierte Anteile an Krebs Geheilter in Deutschland

Meeting Abstract

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  • Jörg Haberland - Robert Koch-Institut, Berlin, Deutschland
  • Nadia Baras

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Oldenburg, 17.-21.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocAbstr. 062

doi: 10.3205/17gmds121, urn:nbn:de:0183-17gmds1212

Published: August 29, 2017

© 2017 Haberland et al.
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Text

Einleitung: Die Überlebensaussichten von Krebspatienten werden in der Epidemiologie vielfach mittels relativer 5- bzw. 10-Jahresüberlebensraten beschrieben. Diese stellen jedoch nur jeweils Momentaufnahmen in den Überlebenszeiten dar. Parametrische Heilungsmodelle suchen dagegen nach einem Plateau, dem sich die relativen Überlebensraten mit wachsendem Abstand zum Diagnosezeitpunkt annähern. Diese Modelle schätzen damit einen endgültigen Wert, der den Anteil derjenigen Patienten beschreibt, die trotz ihrer Krebserkrankung keine höhere Sterblichkeit als die Allgemeinbevölkerung aufweisen. International sind derartige Analysen weit verbreitet. Für Deutschland stehen bislang nur Auswertungen des Robert Koch-Instituts für wenige Krebserkrankungen zur Verfügung.

Methoden: Auf der Basis ausgewählter bundesdeutscher epidemiologischer Krebsregisterdaten werden die Überlebenszeiten von Patienten im Altersbereich von 15 bis 79 Jahren für nahezu 30 Krebserkrankungen parametrisch modelliert. Um aktuelle Ergebnisse zu erhalten, werden Periodenanalysen mit einer Follow-Up-Zeit von 10 Jahren für das Periodenfenster 2011-2013 durchgeführt. Die Modelle liefern sowohl Schätzungen der Anteile Geheilter als auch die medianen Überlebenszeiten der fatalen Fälle. Anhand der medianen Überlebenszeit wird außerdem für Krebs gesamt untersucht, wie stark der DCO (Death Certificate Only)-Anteil in den Krebsregisterdaten die Schätzung des Anteils Geheilter beeinflusst.

Ergebnisse: Bezüglich Krebs gesamt bei Frauen resultiert ein geschätzter Anteil statistisch Geheilter von rund 62%. Bei Männern fiel dieser Anteil mit rund 56% geringer aus. Berücksichtigt man in den Analysen die DCO-Fälle, so reduzieren sich diese Anteile bei Männern um 1,4% (DCO-Anteil 4,4%), bei Frauen um 1,3% (DCO-Anteil 3,3%). Damit liegen diese korrigierten Anteile Geheilter bei Männern und Frauen außerhalb der jeweiligen Konfidenzintervalle. Für die hier untersuchten Krebserkrankungen zeigen sich bei Frauen überwiegend höhere geschätzte Anteile Geheilter als bei Männern. Die höchsten Anteile Geheilter werden beim Schilddrüsenkrebs der Frauen mit 97% sowie beim Hodenkrebs mit rund 96% geschätzt. Der niedrigste Anteil Geheilter zeigt sich dagegen beim Mesotheliom der Männer mit rund 4%. Aber auch beim Bauchspeicheldrüsenkrebs der Männer liegen die geschätzten Anteile Geheilter noch unter 10%. Die höchste mediane Überlebenszeit wurde mit 10 Jahren beim Brustkrebs der Frauen ermittelt. Die niedrigste Überlebenszeit wurde dagegen bei Schilddrüsenkrebs der Frauen mit nur 0,4 Jahren geschätzt. Bei Männern zeigt sich die niedrigste mediane Überlebenszeit beim Bauchspeicheldrüsenkrebs mit 0,5 Jahren und die höchste beim Kehlkopfkrebs mit 3,4 Jahren.

Diskussion: Die vorliegenden Analysen zahlreicher Krebserkrankungen zeigen, dass sich parametrische Heilungsmodelle bei geeigneter Wahl von Startwerten auf zahlreiche Krebserkrankungen sinnvoll anwenden lassen. Diese Modelle liefern neben Modellierungen der weit verbreiteten relativen Überlebensraten auch Schätzungen des Anteils Geheilter sowie der medianen Überlebenszeit, die wiederum verwendet werden kann, um den Einfluss der DCO-Anteile in den epidemiologischen Krebsregisterdaten zu bewerten.



Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


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