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62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

17.09. - 21.09.2017, Oldenburg

Auf dem Weg zu einem entscheidungsunterstützenden System zur Behandlung von Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom

Meeting Abstract

  • Jens Hüsers - Hochschule Osnabrück - University of Applied Sciences, Osnabrück, Deutschland
  • Jan Heggemann - Christliches Klinikum Melle, Melle, Deutschland
  • Guido Hafer - Christliches Klinikum Melle, Melle, Deutschland
  • Stefan Wiemeyer - Marienhospital Osnabrück, Osnabrück, Deutschland
  • Ursula Hübner - Hochschule Osnabrück - University of Applied Sciences, Osnabrück, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Oldenburg, 17.-21.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocAbstr. 212

doi: 10.3205/17gmds098, urn:nbn:de:0183-17gmds0984

Published: August 29, 2017

© 2017 Hüsers et al.
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Text

Einleitung: Das Diabetische Fußsyndrom (DFS) ist eine Komplikation des Diabetes Mellitus welche zur Amputation der betroffenen Extremität führen kann [1]. Die frühzeitige Initiierung der richtigen Behandlung, die auch eine Amputation sein kann, ist für den Therapieerfolg entscheidend. Dazu zählt das Erkennen von Risikopatienten, für die belastende, sukzessive Amputationen vermieden werden können. Daher werden zunehmend klinische Vorhersagemodelle zur Entscheidungsunterstützung eingesetzt [2] Mit Punktesystemen werden Patientenmerkmale erfasst und Summenscores gebildet [3], deren Attraktivität in der einfachen, manuellen Berechnungsweise liegt, z.B. PEDIS-Skala [4], [5] und SINBAD-Skala [6]. Diesen Risikoskalen stehen komplexere Vorhersagemodelle gegenüber, welche überlicherweise durch entscheidungsunterstützende Informationssysteme berechnet werden. Die Forschungsfrage dieser Arbeit war, ob sich ein gewichtetes Vorhersagemodell von einem Summenscore hinsichtlich seiner prädiktiven Aussagekraft unterscheidet.

Methoden: Zur Beantwortung dieser Frage wurde ein gewichtetes Vorhersagemodell auf Basis der PEDIS-Skala entworfen und dieses mit dem PEDIS-Summenscore verglichen. Die Daten für diese Studie wurden von Juli 2013 bis Dezember 2016 prospektiv an DFS Patienten in einer Klinik der Region Osnabrück erhoben. Die betroffene Extremität wurde hinsichtlich der Merkmale Perfusion, Ausmaß, Tiefe, Infektion, und Sensibilität gemäß der PEDIS-Skala [2] beurteilt. Ebenfalls wurden CRP-Wert, Lokalisation, Dialysepflicht, Alter und Geschlecht dokumentiert. Nach einer Follow-Up Phase von sechs Monaten wurde erhoben, ob eine Major-Amputation erfolgte. Dieses Outcome diente als Kriterium in einem binären logistischen Regressionsmodell, welches mit R berechnetet wurde [7]. Als Prädiktoren wurden die erhobenen Patientenmerkmale eingeschlossen. Um die Nachteile einer schrittweisen Regression zu vermeiden, erfolgte eine Optimierung der Gewichte bzw. die Selektion der Prädiktoren mittels der LASSO-Methode [8]. Zum Vergleich der Modelle, wurden die Sensitivität, Spezifität und die Area-Under-The-Curve (AUC) genutzt. Das gewichtete Modell wurde mittels eines stratifizierten 5-fachen Kreuzvalidierungsverfahren berechnet, um eine höhere externe Validität zu erreichen.

Ergebnisse: Das Regressionsmodell wurde auf Basis von 131 Patienten (Durchschnittsalter 65,83 Jahre; SD 11,21) entworfen, von denen bei 19 Personen eine Major-Amputation erforderlich war. Das finale, gewichtete Vorhersagemodell schloss alle Variablen der PEDIS-Skala, sowie das Alter und den CRP-Wert ein. Die AUC besaß einen Wert von 0,93 (95%CI: 0,86-0,99), die Sensitivität und Spezifität betrug 93,9% respektiv 75,0%. Im Vergleich dazu erzielte der PEDIS-Summenscore einen AUC-Wert von 0,90 (95%CI: 0,84-0,97) mit einer Sensitivität von 88,0% und einer Spezifität von 66,7%.

Diskussion: Das gewichtete Modell ist hinsichtlich der Kennwerte dem Summenscore überlegen, was sich insbesondere über den klinisch wichtigen Spezifitätswert zeigt. Auch Pickwell et al. [5] mit 0,85 einen AUC-Wert auf Basis des PEDIS-Skala-Summenscores, der niedriger ist als der Wert von 0,93 in dieser Studie. Chuan et al. [6] dagegen erhielten für den PEDIS Summenscore einen AUC-Wert von 0,95. Diese Summenscores [5], [6] sind jedoch nicht kreuzvalidiert und besitzen daher tendenziell eine geringe externe Validität [9]. Daher sind sie als weniger stabil und klinisch nutzbar einzuschätzen, wenn sie auf neue Patientendaten treffen. Das hier vorgestellte logistische Modell besitzt die Schwäche, dass es bislang auf einer kleinen, monozentrischen Stichprobe basiert. Vor diesem Hintergrund werden zukünftig weitere Patientendaten multizentrisch prospektiv erhoben, um das vorliegende gewichtete Modell für die Vorhersage von Amputationen mittels zusätzlicher Daten und Kreuzvalidierung zu optimieren. Aktuell wird die Berechnung des Vorhersagemodells in ein entscheidungsunterstützendes System integriert.



Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Zhang P, Lu J, Jing Y, Tang S, Zhu D, Bi Y. Global epidemiology of diabetic foot ulceration: A systematic review and meta-analysis. Annals of Medicine. 2017;49:106–16. DOI: 10.1080/07853890.2016.1231932 External link
2.
Schaper NC, Van Netten JJ, Apelqvist J, Lipsky BA, Bakker K; International Working Group on the Diabetic Foot (IWGDF). Prevention and management of foot problems in diabetes: A Summary Guidance for Daily Practice 2015, based on the IWGDF Guidance Documents. Diabetes/Metabolism Research and Reviews. 2016;32:7–15. DOI: 10.1002/dmrr.2695 External link
3.
Karthikesalingam A, Holt PJE, Moxey P, Jones KG, Thompson MM, Hinchliffe RJ. A systematic review of scoring systems for diabetic foot ulcers: Scoring systems for diabetic foot ulcer. Diabetic Medicine. 2010;27:544–9. DOI: 10.1111/j.1464-5491.2010.02989.x External link
4.
Wiemeyer S, Heggeman J, Hafer G. Die PEDIS-Klassifikation als Prädiktor der Amputationshöhe bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom. Fuß & Sprunggelenk. 2012;10:184–90. DOI: 10.1016/j.fuspru.2012.05.004 External link
5.
Pickwell K, Siersma V, Kars M, Apelqvist J, Bakker K, Edmonds M, et al. Predictors of Lower-Extremity Amputation in Patients With an Infected Diabetic Foot Ulcer. Diabetes Care. 2015;38:852–7. DOI: 10.2337/dc14-1598 External link
6.
Chuan F, Tang K, Jiang P, Zhou B, He X. Reliability and Validity of the Perfusion, Extent, Depth, Infection and Sensation (PEDIS) Classification System and Score in Patients with Diabetic Foot Ulcer. PLOS ONE. 2015;10:e0124739. DOI: 10.1371/journal.pone.0124739 External link
7.
R Core Team. R: A Language and Environment for Statistical Computing. Vienna, Austria: R Foundation for Statistical Computing; 2016. https://www.R-project.org/ External link
8.
Tibshirani R. Regression shrinkage and selection via the lasso: a retrospective. Journal of the Royal Statistical Society: Series B (Statistical Methodology). 2011;73:273–282. doi:10.1111/j.1467-9868.2011.00771.x External link
9.
Krstajic D, Buturovic LJ, Leahy DE, Thomas S. Cross-validation pitfalls when selecting and assessing regression and classification models. Journal of cheminformatics. 2014;6:10.