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62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

17.09. - 21.09.2017, Oldenburg

Abschätzung der administrativen Inzidenz und Prävalenz psychischer Störungen im Erwerbsalter anhand von Sekundärdaten der AOK Niedersachsen

Meeting Abstract

  • Cornelia Gerdau-Heitmann - Jade Hochschule, Oldenburg, Deutschland
  • Sarah Mümken - Jade Hochschule, Oldenburg, Deutschland
  • Sveja Eberhard - AOK Niedersachsen, Hannover, Deutschland
  • Frauke Koppelin - Jade Hochschule, Oldenburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Oldenburg, 17.-21.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocAbstr. 239

doi: 10.3205/17gmds030, urn:nbn:de:0183-17gmds0304

Published: August 29, 2017

© 2017 Gerdau-Heitmann et al.
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Text

Einleitung: Die psychische Gesundheit resultiert aus dem Zusammenspiel von diversen Risiko- und Schutzfaktoren, die sozial, genetisch, verhaltens- oder umweltbezogen sein können. Eine Beeinträchtigung derselben in Form von psychischen Störungen ist ein Problem, das einen bedeutsamen Anteil der Bevölkerung betrifft. Nichtsdestotrotz mangelt es an epidemiologischen Auswertungen, die eine konkrete Abschätzung der Prävalenz und vor allem der Inzidenz von psychischen Störungen erlauben.

Methode: Um hierzu Aussagen machen zu können, sollen mit Hilfe der Daten der AOK Niedersachsen aus den Jahren 2010 bis 2013 zum einem die administrative Prävalenz (ambulante Diagnosen) als auch die Inzidenz (ambulante und stationäre Diagnosen) psychischer Störungen in Niedersachsen altersstandardisiert ermittelt werden.

Die in den Krankenkassendaten enthaltenen Diagnosen psychischer und Verhaltensstörungen von Haus- und Fachärzt_innen sowie Psychotherapeut_innen sind nach dem International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD-10) klassifiziert und liegen als vierstelliger Schlüssel vor.

Die Aussagen zur administrativen 12-Monats-Prävalenz psychischer Störungen basieren auf den Daten von etwa 1,3 Millionen Versicherten der AOK Niedersachen, die zwischen 1940 und 1994 geboren wurden und im jeweils betrachteten Zeitraum durchgängig bei der Krankenkasse versichert waren. Ermittelt wird, ob mindestens einmal im Untersuchungsjahr eine gesicherte F-Diagnose [exkl. Nikotinabhängigkeit (F-17)] dokumentiert wurde.

Zur Bestimmung der Inzidenz wurde zunächst eine Kohorte gebildet, die nur Personen dieser Altersklassen enthält, die in den Jahren 2010 und 2011 durchgängig versichert waren und sowohl im ambulanten als auch stationären Bereich keine dokumentierte Diagnose einer psychischen Störung in diesem Zeitraum aufwiesen. Nach Anwendung dieser Ausschlusskriterien verbleiben noch etwa 794.000 Versicherte in der Kohorte, anhand derer die Raten an neu gestellten Diagnosen ermittelt werden können.

Ergebnisse: Für den Zeitraum von 2010 bis 2013 werden die Prävalenzen psychischer Störungen differenziert für Geschlecht, Alter und Region (auf Kreisebene) präsentiert. Es zeigt sich, dass nahezu jede dritte versicherte Person mindestens eine dokumentierte gesicherte Diagnose in dem jeweiligen Untersuchungsjahr aufweist. Darüber hinaus lassen sich Geschlechterunterschiede feststellen, da die Frauen (etwa 38 %) deutlich höhere Anteile aufweisen als Männer (ca. 25 %). Die regionale Verteilung zeigt dagegen für beide Geschlechter ähnliche Verteilungen.

Die Inzidenz wird anhand der ambulanten und stationären Diagnosen dargestellt. Eine Betrachtung der kumulativen Inzidenz der Jahre 2012 und 2013 ermöglicht darüber hinaus quartalsbezogene Aussagen zum Verlauf der Neuerkrankungen.

Diskussion: Die Verwendung von Sekundärdaten stellt eine gute Möglichkeit dar, die administrative Prävalenz psychischer Störungen abzuschätzen. Es zeigt sich, dass die ermittelten Prävalenzen sich mit den Ergebnissen aus anderen Untersuchungen decken (s. [1], [2]). Hinsichtlich der Inzidenz sind aktuelle bevölkerungsbezogene Vergleiche in Bezug auf die Gesamtheit der psychischen Störungen aufgrund der mangelnden Datenlage schwierig. Gleichwohl nur gesicherte Diagnosen für die vorliegende Untersuchung herangezogen wurden, lässt sich ein Einfluss von Fehldiagnosen nicht gänzlich ausschließen. Dies gilt sowohl im Hinblick auf eine Über- als auch Unterschätzung des Auftretens psychischer Störungen.



Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Jacobi F, Hofler M, Strehle J, Mack S, Gerschler A, Scholl L, et al. Erratum zu: Psychische Störungen in der Allgemeinbevölkerung. Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland und ihr Zusatzmodul „Psychische Gesundheit“ (DEGS1-MH). Der Nervenarzt. 2016;87(1):88–90.
2.
Gaebel W, Kowitz S, Fritze J, Zielasek J. Inanspruchnahme des Versorgungssystems bei psychischen Erkrankungen: Sekundärdaten von drei gesetzlichen Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung Bund. Deutsches Ärzteblatt international. 2013;110(47):799–808.