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GMDS 2013: 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

01. - 05.09.2013, Lübeck

Merkmale erfolgreicher IT-Governance und deren Umsetzung in deutschen Krankenhäusern – Ergebnisse einer empirischen Untersuchung

Meeting Abstract

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  • Jan-David Liebe - Hochschule Osnabrück - University of Applied Sciences, Osnabrück, DE
  • Matthias-Christopher Straede - Hochschule Osnabrück - University of Applied Sciences, Osnabrück, DE
  • Ursula Hübner - Hochschule Osnabrück - University of Applied Sciences, Osnabrück, DE

GMDS 2013. 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Lübeck, 01.-05.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocAbstr.296

doi: 10.3205/13gmds288, urn:nbn:de:0183-13gmds2886

Published: August 27, 2013

© 2013 Liebe et al.
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Einleitung: Mit steigendem Innovationspotenzial und zunehmender Komplexität der IT wächst auch in Krankenhäusern die Bedeutung von IT-Governance [1]. Deren Hauptaufgabe ist das Management von IT-Potentialen vor dem Hintergrund der Unternehmensstrategie [2], womit der Rahmen einer erfolgreichen IT-Adoption geschaffen wird [3]. IT-Governance ist somit eine wesentliche Voraussetzung für die IT-basierte Optimierung der Patientenversorgung [4] und kann darüber hinaus zu einer Verbesserung der finanziellen Performance führen [5]. Bis Dato wurden verschiedene Erfolgsfaktoren von IT-Governance in Krankenhäusern identifiziert [6]. Im Zentrum steht die IT-Strategie [7], deren Entwicklung und Umsetzung von einer geeigneten organisatorischen Einbindung des IT-Verantwortlichen und der Partizipation der Anwender abhängt. Nur wenn der IT-Verantwortliche im Top-Management angesiedelt ist, entsteht über den Austausch von technischem und betriebswirtschaftlichem Know-How [2] eine effektive Planung von IT-Ressourcen [1], [5], [8]. Die Partizipation von Anwendern im Strategieentwicklungsprozess und ein formelles Projektmanagement sind aufgrund der vielschichtigen Organisationsform des Krankenhauses weitere Erfolgsfaktoren der IT-Governance und erleichtern den späteren Einsatz der IT in den klinischen Prozessen [1], [2], [6], [9]. Aufbauend auf diesen strukturellen Merkmalen etabliert sich IT-Governance über optimierte Abläufe in Form formeller IT-Managementprozesse [2]. Industrielle Standards, wie COBIT und ITIL, können hierfür herangezogen werden [10]. In dieser Arbeit soll untersucht werden, inwieweit die beschriebenen IT-Governance-Merkmale in deutschen Krankenhäusern umgesetzt sind.

Methode: Ausgangsbasis für die Untersuchung war eine Anfang 2013 durchgeführte Onlinebefragung von 1317 IT-Leitern (zuständig für 1675 Krankenhäuser). IT-Governance-Merkmale wurden wie folgt abgefragt: (a.) IT-Strategie: Existiert eine IT-Strategie und ist diese mit der Unternehmensstrategie abgeglichen, (b.) Position IT-Verantwortlicher: Ist der IT-Verantwortliche Mitglied des Top-Management, als Stabsstelle eingesetzt oder anders positioniert, (c.) Partizipation: Ist ein Mediziner oder Pflegender für IT-Angelegenheiten verantwortlich, (d.) Projektmanagement: Existiert eine dezidierte Projektleitung mit Projektmanagementausbildung und (e.)existieren formeller IT-Managementprozesse. Bei Vorhandensein formeller IT-Managementprozesse wurde, in Anlehnung an Schlegel [10], die Reife von 12 ausgewählten Prozessen erhoben.

Ergebnis: Insgesamt nahmen 259 IT-Leiter an der Befragung teil (Rücklaufquote 19,7%). Vertreten waren Krankenhäuser aller Größenklassen und Trägerschaften. Die erhobenen IT-Governance-Merkmale zeigten folgende Ausprägung: (a.) 45,8% der Krankenhäuser besaßen eine mit der Unternehmensstrategie abgeglichene IT-Strategie. (b.) 1,7% der IT-Leiter waren Mitglied der Geschäftsführung, 7,6% Mitglied der Geschäftsleitung und 31,8% als Stabsstelle positioniert. (d.) In 16,4% der Krankenhäuser war ein Mediziner und in 22,7% eine Pflegekraft für IT-Angelegenheiten verantwortlich. (d.) In 68,2% der teilnehmenden Krankenhäuser war eine formell ausgebildete Projektleitung für IT-Projekte zuständig und (e.) in 21,3% der Krankenhäuser existierten formelle IT-Managementprozesse. Davon waren durchschnittlich 2,7% initial, 3,1% wiederholbar, 5,7% definiert, 7,5% gemanagt und 2,2% optimiert vorhanden. Am ausgereiftesten war der Prozess der Finanz- und Investitionsplanung, am wenigsten ausgereift die Erhebung der Anwenderzufriedenheit.

Diskussion: IT-Governance ist in deutschen Krankenhäusern erst ansatzweise vorzufinden. Die eher geringe strategische Einbindung der IT in die Unternehmensplanung wird durch die managementferne Positionierung der IT-Leiter und die geringe Anwender-Partizipation zusätzlich strukturell begünstigt. Formelle IT-Managementprozesse sind lediglich in jedem fünften Krankenhaus vorhanden und selten optimal ausgereift. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass die vielfältigen Innovationspotenziale von IT in den Krankenhäusern längst nicht ausreichend systematisch gesteuert werden. Zukünftige Arbeiten müssen prüfen, ob es Zusammenhänge zwischen bestimmten Krankenhauscharakteristika und den Ausprägungen der IT-Governance-Merkmale gibt und welchen Einfluss eine ausgereifte IT-Governance auf die (IT-)Performance eines Krankenhauses hat.


Literatur

1.
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3.
Ross JW, Weill P. IT governance on one page. SSRN Working Paper Series - Centre for Information Systems Research, MIT, WP No. 349 and Sloan WP No. 4516-04. 2004.
4.
Chaudhry B. Systematic review: impact of health information technology on quality, efficiency, and costs of medical care. Ann Intern Med. 2006; 144(10):742–752.
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10.
Schlegel H. IT-Governance mit COBIT® - Methodenunterstützung für das Management. In: Schlegel H, Hrsg. Steuerung der IT im Klinik-Management: Methoden und Verfahren. Wiesbaden: Vieweg + Teubner; 2010. p. 7-27.