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GMDS 2013: 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

01. - 05.09.2013, Lübeck

Monitoring in epidemiologischen Krebsregistern: Möglichkeiten – Grenzen – Risiken

Meeting Abstract

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  • Joachim Kieschke - Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen (EKN), Oldenburg, DE
  • Michael Hoopmann - Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA), Hannover, DE

GMDS 2013. 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Lübeck, 01.-05.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocAbstr.258

doi: 10.3205/13gmds199, urn:nbn:de:0183-13gmds1994

Published: August 27, 2013

© 2013 Kieschke et al.
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Einleitung und Fragestellung: „Während die meisten Verfahren der Routineberichterstattung zum Krebsgeschehen erprobt und methodisch gut fundiert sind, muss der praktische Nutzen von epidemiologisch-analytischen Methoden der regionalisierten Auswertung von Krebsregisterdaten noch unter Beweis gestellt werden. Methoden zur Aufklärung regionaler Häufungen von Krebserkrankungen, insbesondere Verfahren der Identifizierung und Analyse von Clustern, werden im wissenschaftlichen und öffentlichen Bereich kontrovers diskutiert.“ Diese Sätze aus dem Jahr 1996 haben nichts von ihrer Gültigkeit verloren [1]. Andererseits wird von der Öffentlichkeit und den politisch Verantwortlichen erwartet, dass Krebsregister ihre Daten aktiv nach möglichen regionalen Krebshäufungen hin untersuchen.So erteilte das Niedersächsische Sozialministerium dem EKN 2010 den Auftrag, ein Konzept für ein Monitoring zu entwickeln, um in Niedersachsen nach Gemeinden mit auffällig hoher Krebsinzidenz zu suchen. Anlass für diesen Auftrag war unter anderem die politische Diskussion, die sich im Anschluss an die Veröffentlichung erhöhter Leukämieraten in der Samtgemeinde Asse entwickelte. Die Konzeption des Monitoring und erste Testerfahrungen werden vorgetragen.

Material und Methoden: Festlegung auf ein 2-Phasen-Modell mit Such- und optionaler Beobachtungsphase. Im Suchtest umfasst die Hypothesenbildung allein die Erhöhung (spezifischer) Krebsinzidenz und keine mutmaßliche Exposition.Ein positiver Bestätigungstest wäre im Kontext der Phasen einer Krebsclusterproblematik wie ein epidemiologischer Anfangsverdacht nach einer orientierenden Evaluation einzustufen, dem eine vertiefende Evaluation, die sich nicht allein auf die Krebshäufigkeit bezöge, folgen könnte (vgl. [2], [3]). Für den Suchtest wird der SIR verwendet (einseitig getestet, p< 0,05), der Bestätigungstest mittels sequentieller Verfahren durchgeführt [4].Beim vorgesehenen „Sequential Probability Ratio Test“ (SPRT) wird im Gegensatz zu anderen Untersuchungen weder die Anzahl der einzubeziehenden Fälle noch die Dauer der Untersuchung vorher festgelegt wird. Sowohl eine deutliche Erhöhung (Ablehnung der Nullhypothese gleicher oder geringer Fallzahl) als auch eine (auffällig) geringe Anzahl an beobachteten Fällen (Ablehnung der Alternativhypothese einer bestimmten Erhöhung), können und sollen zu einer Entscheidung und damit zum Beendigung der Beobachtung führen.

Ergebnisse: Die Häufigkeit nur zufällig erhöhter positiver Monitoringergebnisse hängt von der Anzahl durchgeführter Tests ab und daher von der Anzahl der zu untersuchenden regionalen Einheiten, der Anzahl der zu untersuchenden Diagnosen(-gruppen), Durchführung von Subgruppenanalysen (z.B. geschlechts- oder altersspezifisch) und der Periodizität des Monitorings. Für Niedersachsen sind angedacht:ca. 400 Regionale Beobachtungseinheiten (mit durchschnittlich etwa 20.000 EW), 3 Diagnosen(-gruppen), keine routinemäßigen Subgruppenanalysen und eine Durchführung der Suchphase alle 2 Jahre (anhand der Durchschnittswerte der letzten 5 Jahre). In einer ersten Testphase (mit einer Diagnosengruppe) waren 36 Regionen in der Suchphase indiziert worden und gab es nach 1-jähriger Beobachtungsphase 1 Bestätigung, 11 Entwarnungen und 24 Regionen, die weiter zu beobachten waren.

Diskussion: Mit dem vorgestellten Konzept lässt sich ein Monitoring mit vertretbarem Aufwand durchführen. Vor Einführung in die Routinephase müssen jedoch diegesellschaftlichen Kosten eines Fehl-Alarms und der Nutzen eines eventuell aufgedeckten Clusters gegeneinander abgewogen werden. Hierzu müsste vorab festgelegt werden, welche Inzidenzerhöhung soll mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit aufgedeckt werden bzw. wie viele Fehlalarme sind zu verkraften? Wann, wie und an wen sollen welche Ergebnisse kommuniziert werden und wie sollen die Strukturen für eine vertiefende Krebsclusteruntersuchung nach Bestätigung des Anfangsverdachtes aussehen? Auch in Niedersachsen sind diese Fragen bisher noch nicht beantwortet.


Literatur

1.
von Manikowsky S, Baumgardt-Elms C, Schümann M, Haartje U, editors. Methoden regionalisierter Beschreibung und Analyse von Krebsregisterdaten: Symposium in Hamburg 1996 Vorwort. Bremen: Ed. Temmen; 1997
2.
CDC. Guidelines for investigating clusters of health events. MMWR Recommendations and Reports. 1990; 39 (RR-11): 1–16, http://www.cdc.gov/mmwr/preview/mmwrhtml/00001797.htm External link
3.
Washington State Department of Health. Guidelines for investigating clusters of chronic disease and adverse birth outcomes. Revised July 2007. Washington, DC. 2007. http://www.doh.wa.gov/Portals/1/Documents/1200/Phs-EP2-2-2Whatcom.pdf External link
4.
Wald A.Sequential Analysis. New York: Wiley; 1947