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GMDS 2013: 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

01. - 05.09.2013, Lübeck

Väterliches Alter und das Risiko für psychische und physische Erkrankungen des Kindes. Daten der bevölkerungsbezogenen Heinz Nixdorf Recall Studie

Meeting Abstract

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  • Andrea Schmidt-Pokrzywniak - Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg, Halle, DE

GMDS 2013. 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Lübeck, 01.-05.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocAbstr.219

doi: 10.3205/13gmds193, urn:nbn:de:0183-13gmds1937

Published: August 27, 2013

© 2013 Schmidt-Pokrzywniak.
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Einleitung: Nicht nur werdende Mütter, sondern auch werdende Väter werden immer älter. Je älter ein Mann ist, desto mehr Zellteilungen haben die Spermatogonien im Testis durchgemacht: 35 bei einem 15jährigen Jungen und 840 Zellteilungen bei einem 50jährigen Mann [1]. Wenn sich ein Spermatogonium teilt und die DNA repliziert wird, können Mutationen auftreten. Studien zeigen, dass verschiedene psychische und physische Erkrankungen des Kindes mit dem Zeugungsalter des Vaters assoziiert sind [2]. So zeigte eine schwedische Studie: Kinder, deren Väter bei ihrer Geburt älter als 55 Jahre waren, hatten ein 1.4-fach höheres Risiko, im Laufe ihres Lebens an einer Bipolaren Störung zu erkranken als Kinder von Vätern, die jünger als 24 waren [3]. Des Weiteren wird das Alter (> 35 Jahre) des Vaters für 5% aller angeborenen Herzfehler verantwortlich gemacht [4]. Diese Arbeit untersucht die Zusammenhänge zwischen Zeugungsalter des Vaters und psychischen und physischen Erkrankungen des Kindes.

Material/Methoden: Die zugrundeliegenden Daten stammen von der Heinz Nixdorf Recall Studie, einer populationsbezogenen Kohortenstudie, welche 4.814 Probanden aus Essen, Mülheim, Bochum im Alter von 45–75 Jahren zum Zeitpunkt der Basisuntersuchung (2000-2003) einschließt [5]. Risikofaktoren als auch vorangegangene Erkrankungen wurden mittels Interview (Eigenangabe des Probanden) erfasst. Der Zusammenhang zwischen Zeugungsalter des Vaters und Erkrankungen des erwachsenen Kindes wurde mittels multivariabler Analyse im logistischen Regressionsmodell berechnet (OR(95% Konfidenzintervall)). Der Einfluss des Zeugungsalter des Vaters wurde auf zwei Arten modelliert: a. Alter als dichotomisierte Variable (< 40 Jahre,≥ 40 Jahre), b. Alter als stetige Variable. Adjustiert wurde bei den psychischen Erkrankungen für Alter des Probanden und Empfängnisalter der Mutter, bei den angeborenen Herzfehlern nur Empfängnisalter der Mutter.

Ergebnisse: Insgesamt 4.394 Probanden (91,3%) der Kohorte wussten das Alter des Vaters und wurden in die Analyse eingeschlossen. Bei Dichotomisierung des Alters des Vaters bei 40 Jahren und älter (n=641) zeigt sich ein erhöhtes Risiko eines angeborenen Herzfehlers (AH) (adj. OR: 2.1 (95% KI 1.0-4.7)) im Vergleich zu Kindern jüngerer Väter n=(3753) (AH n=54; n=12 Wanddefekte, n=5 Klappendefekte, n=3 Herzrhythmusstörungen, n=3 Gefäßprobleme, n=8 Sonstige, n=23 keine Angaben). Bei stetiger Modellierung des Alters zeigt sich ein adj. OR von 1.2 (95%KI 0.9-1.6) pro Anstieg um 5 Lebensjahre des Vaters. Auch zeigte sich ein erhöhter Schätzer bei der Dichotomisierung des väterlichen Alters für Schizophrenie bei Kindern älterer Väter (adj. OR:2.0 (95% KI 0.1-35.3)), allerdings beruht die Analyse lediglich auf 4 Fällen. Bei der stetigen Modellierung des Alters: adj. OR 1.3 (95%KI 0.5-3.3). Bei Depressionen und anderen psychische Erkrankungen zeigten sich keine Assoziationen zwischen dem Zeugungsalter des Vaters und dem Outcome.

Diskussion: Wie auch in vorangegangenen Studien zeigt sich, dass das fortgeschrittene väterliche Alter (> 40 Jahre) bei Geburt des Kindes mit einer fast 2-fachen Risikoerhöhung eines angeborenen Herzfehlers, einhergeht. Dieser ist möglicherweise auf eine Punktmutation, die bei der Teilung der Spermatogonien aufgetreten ist, zurückzuführen. Je älter der Vater, desto mehr Teilungen hat eine Stammzelle durchgemacht und mit jeder weiteren Teilung steigt die Gefahr einer punktuellen Mutation im Erbgut. Der 2-fach erhöhte Schätzer bei der Schizophrenie liegt im Einklang mit der Literatur, ist jedoch so unpräzise geschätzt, dass er keine Informationen liefert.


Literatur

1.
Engel W, Laccone F, Sancken U. Das väterliche Alter aus humangenetischer Sicht. J. Reproduktionsmed. Endokrinol. 2004;1: 263-67.
2.
Buizer-Voskamp JE, Laan W, Staal WG, et al. Paternal age and psychiatric disorders: findings from a Dutch population registry. Schizophr Res. 2011;129:128-32.
3.
Frans EM, Sandin S, Reichenberg A, et al. Advancing paternal age and bipolar disorder. Arch Gen Psychiatry. 2008;65:1034-40.
4.
Olshan AF, Schnitzer PG, Baird PA. Paternal age and the risk of congenital heart defects. Teratology. 1994;50:80-4.
5.
Schmermund A, Möhlenkamp S, Stang Aet al. Assessment of clinically silent atherosclerotic disease and established and novel risk factors for predicting myocardial infarction and cardiac death in healthy middle-aged subjects: rationale and design of the Heinz Nixdorf RECALL Study. Risk Factors, Evaluation of Coronary Calcium and Lifestyle. Am Heart J. 2002;144:212-8