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GMDS 2013: 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

01. - 05.09.2013, Lübeck

IT-Unterstützung der Arztbriefschreibung - Die Perspektive des Arztes

Meeting Abstract

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  • Franziska Jahn - Universität Leipzig, Leipzig, DE
  • Alfred Winter - Universität Leipzig, Leipzig, DE

GMDS 2013. 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Lübeck, 01.-05.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocAbstr.254

doi: 10.3205/13gmds035, urn:nbn:de:0183-13gmds0358

Published: August 27, 2013

© 2013 Jahn et al.
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Einleitung und Fragestellung: Während des Prozesses der Arztbriefschreibung entsteht neben einer Zusammenfassung des Behandlungsgeschehens eine Visitenkarte des Krankenhauses für niedergelassene Ärzte. Diese benötigen die im Arztbrief enthaltenen Angaben zur Medikation sofort nach der Entlassung des Patienten [1]. Verlässt ein Arztbrief bis zu ein Jahr nach der Entlassung des Patienten das Krankenhaus und wird dieser Umstand der IT des Krankenhauses zur Last gelegt (z.B. [2]), stellt sich die Frage, inwieweit integrierte Anwendungssysteme im Krankenhausinformationssystem gegenwärtig dem Workflow der Arztbriefschreibung gerecht werden. Neben einer systematischen Auswertung der Routinedaten aus Anwendungssystemen, die ermittelt, ob Arztbriefe das Haus rechtzeitig verlassen [3], kann eine Umfrage unter Ärzten die Schwachstellen der Prozessunterstützung offenlegen.

Material und Methoden: In [4] wurde ein Vorgehensmodell für die Bewertung und das Benchmarking von dokumentationsintensiven Krankenhausprozessen entwickelt. Dieses beurteilt die IT-Unterstützung von Prozessen ausgehend vom Prozessergebnis und stellt Zusammenhänge mit dem Workflow und den zugrundeliegenden IT- und Organisationsstrukturen her. Betrachtet werden u. a. die Arbeitszeit am Dokument, die Rechtzeitigkeit des Dokuments, die Verfügbarkeit der zur Dokumenterstellung benötigten Anwendungssysteme sowie die Nutzerzufriedenheit und IT-Unterstützung während des Prozesses. Für die Bestimmung der Nutzerzufriedenheit wurden Teile des HIS-Monitors [5] verwendet. Die Kennzahlen sollen je nach Datenverfügbarkeit mittels Routinedaten und / oder Nutzerbefragungen ermittelt werden. In einem deutschen Universitätsklinikum, dessen verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten der Arztbriefschreibung 2011 auf dem Prüfstand waren, wurde in 8 Kliniken mittels einer Onlineumfrage mit LimeSurvey® ein Vergleich zwischen Anwendern verschiedener Anwendungssysteme für die Arztbriefschreibung durchgeführt.

Ergebnisse: Die Umfrage wurde innerhalb von 10 Wochen durchgeführt , es beteiligten sich 76 von 332 (22,9%) Ärzten aus den 8 Kliniken. Die befragten Ärzte verbrachten ca. 3 h am Tag mit dem Schreiben von Arztbriefen. 43,4% nutzten das digitale Diktat mit Spracherkennung, 14,5% das analoge Diktat und 32,9% schrieben ihre Briefe komplett selbst. Obwohl verfügbar, spielte die Nutzung von Spracherkennung in den befragten Kliniken keine Rolle. In den 8 Kliniken waren 7 unterschiedliche Anwendungssysteme zum Verfassen von Arztbriefen im Einsatz. Über 70% der Befragten fühlten sich beim Gesamtprozess der Arztbriefschreibung „eher schlecht“ bis „schlecht“ unterstützt. Mögliche Gründe finden sich in den weiteren Ergebnissen der Umfrage: Die Übernahme von Befunden in den Arztbrief geschieht bei 30,5% u. a. durch durch Copy & Paste, 21,3% tippen aus der Papierakte, 17% aus anderen Anwendungssystemen ab, 19,9% nutzen die automatische Übernahme von Texten. Zudem gaben 38,2% der Ärzte an, dass sie im Monat vor der Befragung mindestens einmal nicht in gewohnter Weise Arztbriefe verfassen konnten, weil für den Prozess erforderliche Anwendungssysteme nicht verfügbar waren.

Diskussion: Dass die befragten Ärzte ca. ein Drittel ihrer regulären Arbeitszeit mit dem Schreiben von Arztbriefen verbringen, untermauert die Bedeutung dieses Prozesses für das Krankenhaus. Um die Nutzerzufriedenheit und die Nutzung von bestehenden Möglichkeiten des Informationssystems zu überprüfen, sollten regelmäßige Analysen von wichtigen dokumentationsintensiven Prozessen durchgeführt werden. Dies kann im Sinne eines Best-Practice-Benchmarking innerhalb des Krankenhauses oder auch mit anderen Krankenhäusern durchgeführt werden, wozu sich das in [4] vorgestellte Vorgehensmodell eignet. Insbesondere sollten Umfrageergebnisse um Auswertungen aus Routinedaten ergänzt werden, um z. B. Abhängigkeiten zwischen Nutzerzufriedenheit und Rechtzeitigkeit der Fertigstellung von Arztbriefen zu identifizieren.


Literatur

1.
Karapinar F, van den Bemt PMLA, Zoer J, Nijpels G, Borgsteede SD. Informational needs of general practitioners regarding discharge medication: content, timing and pharmacotherapeutic advices. Pharm World Sci. 2010 April; 32(2): 172–178.
2.
Collins G. Discharge letters one year late. Pulse. 2012. http://www.pulsetoday.co.uk/discharge-letters-one-year-late/14539726.article. Last access: 2013-04-12. External link
3.
Dugas M, Eckholt M, Bunzemeier H. Benchmarking of hospital information systems: Monitoring of discharge letters and scheduling can reveal heterogeneities and time trends. BMC Med Inform Decis Mak. 2008 Apr 19;8:15. doi: 10.1186/1472-6947-8-15. External link
4.
Jahn F, Winter A. A KPI framework for process-based benchmarking of hospital information systems. Stud Health Technol Inform. 2011;169:542-6.
5.
Ammenwerth E, Ehlers F, Hirsch B, Gratl G. HIS-Monitor: An approach to assess the quality of information processing in hospitals. Int J Med Inform. 2007 Feb-Mar;76(2-3):216-25. Epub 2006 Jun 14.