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GMDS 2012: 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

16. - 20.09.2012, Braunschweig

Regionale Unterschiede bei vermeidbaren Aufnahmen ins Krankenhaus – Untersuchung von Hypertonie und Herzinsuffizienz

Meeting Abstract

  • Saskia Drösler - Hochschule Niederrhein, Krefeld, Deutschland
  • Silke Knorr - Hochschule Niederrhein, Krefeld, Deutschland
  • Lasse van de Sand - Hochschule Niederrhein, Krefeld, Deutschland
  • Maria Weyermann - Hochschule Niederrhein, Krefeld, Deutschland

GMDS 2012. 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Braunschweig, 16.-20.09.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12gmds200

doi: 10.3205/12gmds200, urn:nbn:de:0183-12gmds2002

Published: September 13, 2012

© 2012 Drösler et al.
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Outline

Text

Hintergrund und Fragestellung: Im Rahmen des OECD (Organization of Economic Co-operation and Development) Health Care Quality Indicators Projektes nahmen 22 Länder an der Kalkulation von Qualitäts-Indikatoren zur der Beurteilung der Versorgung chronischer Erkrankungen teil [1]. Diese sogenannten Prevention Quality Indicators (PQI) wurden von der US Agency for Healthcare Research and Quality (AHRQ) entwickelt und basieren auf den Hauptdiagnosen aller erwachsener Krankenhausfälle [2].

Alters- und Geschlechts-standardisierte Aufnahmeraten pro 100.000 Einwohner für Hypertonie (HTN) und Herzinsuffizienz (HF) variieren im Jahr 2007 beträchtlich zwischen den OECD-Ländern: sie liegen zwischen 11 (Großbritannien) und 396 (Österreich) für Hypertonie sowie zwischen 110 (Korea) und 474 (Polen) für Herzinsuffizienz (OECD-Mittelwerte: 84 für HTN bzw. 234 für HF) [1]. Experten der teilnehmenden Länder vermuten als eine mögliche Ursache für erhöhte Raten eine unzureichende ambulante Versorgung. Deutschland lieferte die dritthöchsten Aufnahmeraten für beide Erkrankungsgruppen.

Da die Datenerhebungen in den teilnehmenden Ländern variieren können, lassen sich internationale Unterschiede nicht vollständig durch Ungleichheiten in der Gesundheitsversorgung erklären. Das Ziel dieser Studie ist daher innerhalb Deutschlands Aufnahmeraten differenziert für die 16 Bundesländer zu erheben, um auf diese Weise weniger verzerrte Ergebnisse ableiten zu können. Darüber hinaus sollen mögliche Unterschiede zwischen den Bundesländern mittels Prävalenzen, sozioökonomischen bzw. Faktoren der Gesundheitsversorgung wie Anzahl der Krankenhausbetten oder Hausarztdichte je Bundesland erklärt werden.

Material und Methoden: Die Untersuchung erfolgte auf Basis der stationären Abrechnungsdaten nach §21 KHEntgG des Jahres 2009 mittels Datenzugriff über das Forschungsdatenzentrum des statistischen Bundesamtes. Die Studienpopulation bestand aus allen stationären Behandlungsfällen der etwa 1780 Akutkrankenhäuser Deutschlands mit einem Alter größer 14 Jahre.

Ergebnisse: Alters- und Geschlechtsstandardisierte Aufnahmeraten variieren innerhalb der Bundesländer für Hypertonie zwischen 99 (Berlin) und 331 (Mecklenburg-Vorpommern) per 100.000 Einwohner (Mittelwert 211) und für Herzinsuffizienz zwischen 190 (Schleswig-Holstein) und 370 (Sachsen-Anhalt) pro 100.000 Einwohner (Mittelwert 288). In den alten Bundesländern fanden sich vergleichsweise niedrigere PQI-Raten.

Statistisch signifikante Pearson’s Korrelationskoeffizienten konnten zwischen den PQI-Raten und dem Bildungsstand identifiziert werden, ausgedrückt als prozentualer Anteil eines Schulabschlusses zur tertiären Bildung (HTN: -0,744; HF: -0,533). Dieser Zusammenhang konnte ebenfalls für das durchschnittlich verfügbare Einkommen/Einwohner bestätigt werden (HTN: -0,566; und HF -0,659), jedoch nicht für Arbeitslosenraten.

Prävalenzen, die im Rahmen des GEDA Telefonsurveys [3] durch das RKI erhoben wurden, zeigen auf Basis von vier Regionen einen signifikanten Einfluss für Männer und Frauen bei Herzinsuffizienz (0,996), jedoch bei Hypertonie nur für Männer (0,975). Versorgungsdaten wie Krankenhausbetten- oder Hausarztdichte zeigen keinen signifikanten Zusammenhang.

Diskussion: Es bleibt unklar inwieweit Variationen der PQI-Raten tatsächlich mit Qualitätsunterschieden in der ambulanten Versorgung zusammen hängen. Die Studie zeigt, dass in Deutschland regionale Prävalenzen einen starken Einfluss auf die Bundesland-bezogenen Hospitalisierungsraten haben. Für weitere Untersuchungen sollten dieser Einfluss sowie weitere mögliche Faktoren mittels multivariater Analysen auf einer weniger aggregierten Ebene untersucht werden.

In den neuen Bundesländern liegen die Raten der Krankenhausaufnahmen bei den betrachteten Erkrankungen 23 Jahre nach der Wiedervereinigung höher. Dies könnte durch Unterschiede der Prävalenzen einzelner Regionen erklärt werden. Die Arztdichte auf Bundeslandebene zeigt keinen Zusammenhang zu den Hospitalisierungsraten. Vor dem Hintergrund politischer Diskussionen über die Unterversorgung im ambulanten Bereich in bestimmten Regionen Deutschlands ist dieses Ergebnis unerwartet.


Literatur

1.
Organization of Economic Co-operation and Development OECD. Health at a Glance. 2009. Available from: http://www.oecd-ilibrary.org/social-issues-migration-health/health-at-a-glance-2009_health_glance-2009-en [cited 24.04.2012] External link
2.
Agency for Healthcare Research and Quality. Prevention Quality Indicators Resources. Available from: http://www.qualityindicators.ahrq.gov/Modules/pqi_resources.aspx [cited 24.04.2012] External link
3.
Robert Koch Institut. GEDA 2009: Neue Daten zur Gesundheit in Deutschland. 2009. Available from: http://www.rki.de/DE/Content/Service/Presse/Teaser-Archiv/2011/110224_Teaser-GEDA.html [cited 24.04.2012] External link