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GMDS 2012: 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

16. - 20.09.2012, Braunschweig

Medizinisch-technischer Fortschritt und demografischer Wandel bei den GKV-Ausgaben im DRG-Bereich im Krankenhaus

Meeting Abstract

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  • Reinhard Schuster - MDK Nord, Geschäftsbereich Gesundheitsökonomie, Biometrie und Medizinische Informatik, Lübeck, Deutschland
  • Heike Voss - MDK Nord, Stationäre Versorgung, Kiel, Deutschland

GMDS 2012. 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Braunschweig, 16.-20.09.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12gmds099

doi: 10.3205/12gmds099, urn:nbn:de:0183-12gmds0995

Published: September 13, 2012

© 2012 Schuster et al.
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Einleitung/Hintergrund: Die DRG-Krankenhausausgaben sind der größte Kostenblock im GKV-System. Es ist daher von zentralem Interesse, wie Medizinisch-technischer Fortschritt und demografischer Wandel Kosten und Strukturen der stationären Versorgung beeinflussen. In der Literatur werden in vielen Variationen die Kompressions- und die Medikalisierungsthese diskutiert. Hier sollen strukturelle Veränderungen analysiert und eine Prognose bis 2016 erstellt werden. Sowohl für Fragen der Krankenhausplanung als auch für den Wettbewerb um eine optimale Versorgung der Patienten müssen in Zukunft strukturelle Analysen eine größere Rolle spielen.

Material und Methoden: Für die GKV-Versicherten eines Bundeslandes wurden kassenübergreifend die DGR-Routinedaten der Jahre 2006 bis 2011 analysiert, um damit eine Prognose bis 2016 zu erstellen. Als Kostenmaßstab wurden die Casemixpunkte (CM) verwendet. Die bundeseinheitlichen Zusatzentgelte wurden jahresweise in CM-Punkte umgerechnet. Für die Altersgruppe jeweils eines Geburtsjahres wurden Übergangskoeffizienten zur Anzahl der Krankenhauspatienten für das Folgejahr und entsprechend für die Durchschnittskosten nach Casemisindex (CMI) ermittelt. Auf dieser Basis wurde eine altersspezifische lineare Regression ermittelt. Zusammen mit den vorliegenden Kohortenzahlen der Geburtsjahrgänge kann damit eine Prognose erstellt werden. Zur Untersuchung der Ungleichmäßigkeit der Kosten in den Geburtsjahrgängen und deren zeitlicher Entwicklung wurden Lorenzkurven und Ginikoeffizienten berechnet. Als Indikationsbezug wird die MDC-Verteilung betrachtet.

Ergebnisse und Diskussion: Um die Auswirkung der demografischen Veränderungen zu bewerten, wurden die Anteile der ab 65-jährigen an den Fällen als auch an den Kosten betrachtet. Von 2006 zu 2011 nahm der Anteil der ab 65-jährigen um 1,6% zu, in der Prognose von 2011 zu 2016 um weitere 4,2%. Kostenseitig ist Veränderung größer: von 2006 zu 2011 um 2,5%, von 2011 zu 2016 um 7,6%. Zu beachten ist, dass im Prognosemodell die Gesamtkosten konstant bleiben, die Veränderungen also im wesentlichen struktureller Natur sind. Die Modalwerte (Geburten ausgenommen) der Kosten zeigen noch deutlichere Veränderungen. Das Alter zu den Modalwerte verschiebt sich von 2006 zu 2011 und 2016 um jeweils 5 Jahre (67, 72, 77). Der Modalwert selbst steigt im Beobachtungs- und Prognosezeitraum jeweils um 16%. In der Prognose gibt es eine ebenso deutliche Kostensteigerung in der Altersgruppe 50-60 Jahre. Die Gini-Koeffizienten (ohne Entbindungen) als Maß für die Ungleichmäßigkeit Kosten zeigen die höchsten Werte in der Altersgruppe 50–80 Jahre mit höheren Werte bei den Männern. Die drei häufigsten Diagnosegruppen nach MDC sind für 2010 altersgruppenbezogen Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (von 50–60jährigen zu 80–84jährigen im wesentlichen gleich: 22,6%->22,5%), bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems (von 50–60jährigen zu 80–84jährigen deutlich steigend: 19,2%->26,2%) und Krankheiten und Störungen der Verdauungsorgane (von 50-60jährigen zu 80-84jährigen abnehmend: 10,3->9,1%). Im Gegensatz zu den Arzneimittels spielen Hämatologische und solide Neubildungen beim Kostenanteil eine untergeordnete Rolle (von 50-60jährigen zu 80-84jährigen abnehmend: 2,3%->1,5%).

Schlussfolgerungen/Vergleiche: In der stationären Versorgung sind im Vergleich zu den Arzneimitteln Innovationen in gleichem Maße auch für die ab 65jährigen wirksam. Altersbezogene Kostengipfel sind ambulant und stationär gleichermaßen in der Gruppe der 75-80jährigen Patienten. Die alterspezifischen Kostenunterschiede, gemessen als Gini-Koeffizienten sind bei den Arzneimittel größer als in der stationären Versorgung und zeigen auch größere altersspezifische Unterschiede. Auch im DRG-Bereich liegen die Ergebnisse näher an denen im Rahmen der Kompressionsthese diskutierten Veränderungen.


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