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MAINZ//2011: 56. GMDS-Jahrestagung und 6. DGEpi-Jahrestagung

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

26. - 29.09.2011 in Mainz

Der Einfluss des Migrationshintergrundes auf das Ernährungsverhalten 11–14-jähriger Mädchen in Berlin – Ergebnisse der BSCOC-Studie

Meeting Abstract

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  • Jana Rüter - Charité Berlin, Berlin
  • Andrea Ernert - Charité Berlin, Berlin
  • Anne-Madeleine Bau - Charité Berlin, Berlin

Mainz//2011. 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi). Mainz, 26.-29.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11gmds343

doi: 10.3205/11gmds343, urn:nbn:de:0183-11gmds3431

Published: September 20, 2011

© 2011 Rüter et al.
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Hintergrund: In Deutschland leben zurzeit ca. 15,4 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Über ihr Ernährungsverhalten, insbesondere das ihrer Kinder ist nur wenig bekannt [1], [2]. Ziel der Untersuchung war, den Einfluss spezifischer Merkmale des Migrationshintergrundes auf das Ernährungsverhalten von 11–14-jährigen Mädchen in Berlin zu untersuchen [3].

Methode: Die Studienpopulation der 1.532 Mädchen (11–14 Jahre) wurde aus dem Datensatz der Berlin School Children’s Cohort (BSCOC, September 2006-März 2007) am Institut für Experimentelle Pädiatrische Endokrinologie, Universitätsmedizin Charite [4] gewonnen. Gewicht und Größe wurden von einer Studienassistentin gemessen und der BMI-SDS berechnet [5], alle anderen Daten wurden mittels standardisiertem Fragebogen erhoben. Drei Teilaspekte des Ernährungsverhaltens (Ernährungsmusterindex-Score, Mahlzeitenstruktur-Score und Portionsgrößen-Score) wurden nach den Empfehlungen der „Optimierten Mischkost“ für Kinder und Jugendliche des FKE Dortmund konzipiert [6], [7], [8]. Das Ernährungsverhalten wurde in Bezug auf die „Herkunft“, „Sprachvermögen“, „zuhause gesprochene Sprache“, „Aufenthaltsdauer der Eltern in Deutschland“ und „Migrationshintergrund“ [9] untersucht. Im multivariaten Regressionsmodell wurde der Einfluss der Größen „Alter“, „sozialer Status“, „Bildung der Eltern“, „Familiensituation“, „Sprachvermögen“, „zuhause gesprochene Sprache“, „Aufenthaltsdauer der Eltern in Deutschland“ und „BMI der Mutter“ als unabhängige Variablen auf die Ernährungsvariablen geprüft.

Ergebnisse: 9,1 % der untersuchten Mädchen hatten einen einseitigen Migrationshintergrund, 26,8 % einen beidseitigen Migrationshintergrund und 64,1 % keinen Migrationshintergrund. Die multivariate Regression ergab unterschiedliche Einflussfaktoren auf die Teilaspekte des Ernährungsverhaltens. Das Risiko eines ungünstigen Ernährungsmusterindex steigt mit dem Alter der Kinder. Weitere Risikofaktoren sind eine niedrige soziale Schicht, eine mittlere soziale Schicht sowie „mittelmäßiges“ Sprechen der deutschen Sprache. Ungünstige Mahlzeitenstrukturen steigen bei den Kindern mit zunehmendem Alter, der Zugehörigkeit zu einer niedrigen sozialen Schicht, einer mittleren sozialen Schicht und wenn die Kinder mit nur einem Elternteil zusammenleben. Auf ungünstige Portionsgrößen der Kinder haben eine niedrige Schulbildung der Eltern und die Aufenthaltsdauer der Eltern in Deutschland einen Einfluss. Einen positiven Einfluss auf die Portionsgrößen der Kinder hat das Normalgewicht der Mutter.

Diskussion: Signifikante Zusammenhänge konnten zwischen Ernährungsverhalten und Alter der Mädchen, sozialem Status, Familiensituation, Schulbildung der Eltern sowie BMI der Mutter nachgewiesen werden. Die beiden migrationsspezifischen Variablen „Sprachvermögen“ und „Aufenthaltsdauer der Eltern in Deutschland“ lassen auf einen direkten Einfluss des Migrationshintergrundes schließen. Die Merkmale „niedriger sozialer Status“, „niedrige Schulbildung der Eltern“ und ein hoher BMI der Mutter haben ebenfalls einen Einfluss auf ein ungünstiges Ernährungsverhalten der Mädchen. Sie sind häufig Eigenschaften von Menschen mit Migrationshintergrund und lassen indirekt auf einen Einfluss des Migrationshintergrundes auf das Ernährungsverhalten schließen. Stärkster Risikofaktor für ein ungünstiges Ernährungsverhalten ist die Zugehörigkeit zur unteren sozialen Schicht.


Literatur

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Kleiser C, Mensink GBM, Neuhauser H, Schenk L, Kurth BM. Food intake of young people with a migration background living in Germany. Public Health Nutrition. 2009;13(3):324-30.
2.
Bau AM, Gothe RM, Borde T. Ernährungsverhalten von 3- bis 6-jährigen Kindern verschiedener Ethnien – Ergebnisse einer Kitastudie in Berlin. Ernährungsumschau. 2003;50(6):214-8.
3.
Rüter J. Der Einfluss des Migrationshintergrundes auf das Ernährungsverhalten 11–14-jähriger Mädchen in Berlin – Ergebnisse der BSCOC-Studie [Diplomarbeit, Fachbereich Ernährungswissenschaft der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam]. November 2010.
4.
Bau AM, Ernert A, Schenk L, Wiegand S, Martus P, Grueters-Kieslich A, Krude H. Is there a further acceleration in the age at onset of menarche? A cross-sectional study in 1840 school children focusing on age and bodyweight at the onset of menarche. European Journal of Endocrinology. 2009;160:107.
5.
Kromeyer-Hauschild K, Wabitsch M, Kunze D, Geller F, Geiß HC, Hesse V, von Hippel A, Jaeger U, Johnsen D, Korte W, Menner K, Müller G, Müller JM, Niemann-Pilatus J, Remer T, Schaefer F, Wittchen HU, Zabransky S, Zellner K, Ziegler A, Hebebrand J. Perzentile für den Body-Mass-Index für das Kindes und Jugendalter unter Heranziehung verschiedener deutscher Stichproben. Monatsschrift Kinderheilkunde. 2001;149:807-18.
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Kersting M, Alexy U, Kroke A, Lentze MJ. Kinderernährung in Deutschland –– Ergebnisse der DONALD-Studie. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz. 2004;47:213-8.
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Winkler G, Doring A. Kurzmethoden zur Charakterisierung des Ernährungsmusters: Einsatz und Auswertung eines Food-Frequency-Fragebogens. Ernährungsumschau. 1995;42:289-91.
8.
Bau AM, Krull S, Ernert A, Babitsch B. Eating behaviour and its association with social living conditions and weight status among adolescent girls – results of the cross-sectional BSCOC study. Public Health Nutrition. accepted 7. Febr. 2011.
9.
Schenk L, Bau AM, Borde T, Butler J, Lampert T, Neuhauser H, Razum O, Weilandt C. Mindestindikatorensatz zur Erfassung des Migrationsstatus. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz. 2006;49:853-60.