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MAINZ//2011: 56. GMDS-Jahrestagung und 6. DGEpi-Jahrestagung

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

26. - 29.09.2011 in Mainz

Muster der Inanspruchnahme von niedergelassenen Ärzten durch Kinder und Jugendliche - Ergebnisse einer Clusteranalyse mit Daten des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS)

Meeting Abstract

  • Hans Butschalowsky - Robert Koch-Institut, Berlin
  • Petra Rattay - Robert Koch-Institut, Berlin
  • Eckardt Bergmann - Robert Koch-Institut, Berlin
  • Panagiotis Kamtsiuris - Robert Koch-Institut, Berlin

Mainz//2011. 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi). Mainz, 26.-29.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11gmds279

doi: 10.3205/11gmds279, urn:nbn:de:0183-11gmds2797

Published: September 20, 2011

© 2011 Butschalowsky et al.
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Text

Einleitung/Hintergrund: Auf der Basis von Angaben zur Kontakthäufigkeit zu niedergelassenen Ärzten werden typische Muster der Inanspruchnahme im Kindes- und Jugendalter identifiziert.

Material/Methoden: Datenbasis bildet die 2003-2006 durchgeführte, für Deutschland repräsentative KiGGS-Studie (Stichprobengröße: 8.656 Mädchen, 8.985 Jungen). Die Daten zur Inanspruchnahme niedergelassener Ärzte in den letzten 12 Monaten beruhen für die unter 14-Jährigen auf Angaben der Eltern und für die 14- bis 17-Jährigen auf Selbstangaben.

Zur Bestimmung der Clusteranzahl wurde mit einer Zufallsstichprobe von 50% eine hierarchische Clusteranalyse mit dem Ward-Verfahren berechnet (Distanzmaß: quadrierte euklidische Distanz). Optimiert wurde die Clusterzuordnung für die Gesamtstichprobe durch das K-Means-Verfahren.

In die Clusterbildung ging die Anzahl der Kontakte zum Kinderarzt, Allgemeinmediziner, Zahnarzt und zu 11 weiteren Facharztgruppen ein.

Zur Beschreibung der Cluster wurden Alter, Geschlecht, Ost-/West-Zugehörigkeit, Wohnortgröße, Migrations-, Sozial- und Versichertenstatus sowie akute und chronische Erkrankungen herangezogen.

Ergebnisse: Die zur Abbildung der Inanspruchnahmemuster im Kindes- und Jugendalter geeigneteste Clusterlösung beinhaltet 10 Cluster.

Die geringste Inanspruchnahme mit insgesamt 2 Arztkontakten und keinem Kontakt zum Zahnarzt in den vergangenen 12 Monaten weist ein Cluster mit 12,8% der Kinder und Jugendlichen auf, das sich durch einen hohen Anteil an Migranten und einen niedrigen Sozialstatus auszeichnet. Das Cluster mit einer überdurchschnittlich hohen Kontaktrate zum Kinderarzt (14 Kontakte) umfasst eher jüngere Kinder mit einer hohen Anzahl akuter Erkrankungen. Kennzeichen des Clusters mit den jüngsten Kindern ist ebenfalls eine erhöhte Anzahl an Kontakten zum Kinderarzt (5 Kontakte) sowie eine sehr geringe Inanspruchnahme des Allgemeinmediziners und des Zahnarztes. Besonderheiten zweier Cluster mit hohen Inanspruchnahmeraten von Allgemeinmedizinern (3,7 und 2,8 Kontakte) sind ein höheres Durchschnittsalter sowie eine eher ländlich geprägte Wohnregion. Das kleinste Cluster mit einer sehr hohen Kontaktrate zu Psychologen (17 Kontakte) fällt durch starke psychische Beeinträchtigungen und die hohe Anzahl von 10 Klinikübernachtungen pro Jahr auf.

Cluster-Unterschiede bestehen insbesondere nach Alter, Wohnortgröße sowie Krankheitsspektrum und häufigkeit. Abweichungen vom Durchschnitt zeigen sich beim Sozial-, Migrations- und Versichertenstatus sowie bei der Ost-/West-Zugehörigkeit nur bei einzelnen Clustern.

Diskussion/Schlussfolgerungen: Die dargestellten Cluster liefern ein komplexes Bild der Inanspruchnahme niedergelassener Ärzte und ermöglichen es, Kinder und Jugendliche, die das ambulante Versorgungssystem relativ häufig/selten in Anspruch nehmen, entlang sozialer und gesundheitsbezogener Merkmale zu charakterisieren. Die Beschreibung der Cluster anhand gesundheitsbezogener Parameter zeigt insgesamt ein stimmiges Bild, d.h. Krankheits- und Inanspruchnahmemuster passen größtenteils zueinander. Neben den „Need-Faktoren“ besitzen auch „prädisponierende Faktoren“ wie Wohnortgröße und Alter bedeutenden Einfluss auf die Inanspruchnahme. Die Identifikation einer Gruppe mit hohem Migrantenanteil und deutlich unterdurchschnittlicher Inanspruchnahme liefert allerdings Hinweise auf eine mögliche Unterversorgung.