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MAINZ//2011: 56. GMDS-Jahrestagung und 6. DGEpi-Jahrestagung

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

26. - 29.09.2011 in Mainz

Effekte der demografischen Alterung auf die Entwicklung der Krankenhausfallzahlen wichtiger chronischer Krankheiten seit dem Jahr 2000

Meeting Abstract

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  • Enno Nowossadeck - Robert Koch-Institut, Berlin

Mainz//2011. 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi). Mainz, 26.-29.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11gmds230

doi: 10.3205/11gmds230, urn:nbn:de:0183-11gmds2302

Published: September 20, 2011

© 2011 Nowossadeck.
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Einleitung/Hintergrund: Von der demografischen Alterung gehen steigende Belastungen für das Gesundheitsversorgungssystem aus, so lautet eine allgemeine Annahme. Es gibt jedoch kaum empirische Analysen dazu, wie sich diese demografischen Prozesse in den letzten Jahren auf die Gesundheitsversorgung bereits ausgewirkt haben. Der Beitrag untersucht, welchen Einfluss die demografische Alterung auf die stationäre Versorgung chronischer Krankheiten in den letzten Jahren hatte. Dies erfolgt anhand einer Analyse der Entwicklung der Krankenhausfallzahlen ausgewählter Diagnosegruppen überwiegend chronischer Krankheiten.

Material und Methoden: Altersgruppen- und geschlechtsspezifische Angaben zu den Krankenhausfallzahlen für den Zeitraum 2000-2009 wurden der Krankenhausdiagnosestatistik [1] entnommen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Statistik nicht auf personenbezogenen Angaben zu Inzidenzen/Prävalenzen basiert, sondern Angaben zu Behandlungsfällen liefert. Die Analyse erfolgt für die fallzahlenstärksten Diagnosehauptgruppen Bösartige Neubildungen (ICD-10-Codes C00-C97, ohne C44), Herz-Kreislauferkrankungen (I00-I99) sowie Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes (M00-M99). Innerhalb dieser Diagnosehauptgruppen wurden weitere, für die stationäre Versorgung wichtige Diagnosegruppen untersucht. Die Analyse erfolgt mit der Methode der Indexzerlegung [2]. Diese zerlegt den Index der Fallzahlenveränderung in einen demografischen Faktor und in einen weiteren Faktor, der die Effekte des „Risikos“ benennt, mit einer bestimmten Diagnose stationär behandelt zu werden.

Ergebnisse: In allen untersuchten Diagnosegruppen sind die Krankenhausfallzahlen demografisch bedingt angestiegen. Besonders stark ist der Fallzahlenanstieg mit der Diagnose Herzinsuffizienz (+22%, I50), während es den niedrigsten Anstieg bei den Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens (+6%, M40-M54) gab. Die Wirkungen des veränderten Risikos einer Krankenhausbehandlung fallen unterschiedlich aus. Sie reichen von fallzahlerhöhenden (+51%, Krankheiten der Wirbelsäule/des Rückens; +26%, Arthrosen, M15-M19) bis zu fallzahlsenkenden Effekten (-39%, Darmkrebs, C18-C21; -36%, ischämische Herzkrankheiten, I20-I25). Die Effekte beider Faktoren können sich verstärken (Herzinsuffizienz, Krankheiten der Wirbelsäule/des Rückens), kompensieren (Herz-Kreislauferkrankungen I00-I99; Lungenkrebs, C33-C34) oder überkompensieren (zerebrovaskuläre Krankheiten, I60-I69; ischämische Herzkrankheiten). Der alterungsbedingte Anstieg der Fallzahlen kann bestimmten Altersgruppen und Geburtsjahrgängen zugeordnet werden. So liegt die Ursache für den Alterseffekt beim Lungenkrebs in den zahlenmäßig stark besetzten Geburtsjahrgängen 1934 bis 1944, die den deutlich schwächer besetzten vorhergehenden Geburtsjahrgängen nachfolgen. Diese geburtenstarken Jahrgänge erreichten im Analysezeitraum sukzessive das Alter oberhalb von 65 Jahren, in dem das Risiko einer Lungenkrebs-Neuerkrankung am höchsten ist [3].

Diskussion/Schlussfolgerung: Die wellenartige Veränderung der Altersstruktur hat in den vergangenen Jahren die stationäre Versorgung der untersuchten Diagnosegruppen unterschiedlich beeinflusst. Es ist davon auszugehen, dass die demografische Alterung in Zukunft zeitlich gestaffelte Wirkungen auf die stationäre Versorgung der verschiedenen chronischen Krankheiten entfalten wird. Das betrifft neben der stationären Versorgung auch andere Sektoren des Gesundheitssystems wie die ambulante Versorgung oder die Rehabilitation.


Literatur

1.
Statistisches Bundesamt. Gesundheit. Diagnosedaten der Patienten und Patientinnen in Krankenhäusern. Fachserie 12, Reihe 6. Wiesbaden; laufend
2.
Rinne H. Wirtschafts- und Bevölkerungsstatistik. Erläuterungen – Erhebungen – Ergebnisse. München, Wien: R. Oldenbourg Verlag; 1996.
3.
Robert Koch-Institut, Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e. V., Hrsg. Krebs in Deutschland 2005/2006. Häufigkeiten und Trends. 7. Ausgabe. Berlin; 2010.