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54. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. bis 10.09.2009, Essen

Anatomie versus Ontologie

Meeting Abstract

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  • Jörg Niggemann - GompuGROUP Holding AG, Koblenz
  • Stefan Schulz - Institute for Medical Biometry and Medical Informatics, University Medical Center Freiburg, Freiburg

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 54. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Essen, 07.-10.09.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09gmds260

doi: 10.3205/09gmds260, urn:nbn:de:0183-09gmds2609

Published: September 2, 2009

© 2009 Niggemann et al.
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Einleitung/Hintergrund: In der Entwicklung von Ontologien für Biowissenschaften und Medizin wird von einer Seite vehement die Ansicht vertreten, dass Ontologie "realistisch", also als beobachterunabhängige Darstellung der Welt verstanden und in allquantifizierten Aussagen über Individuen definiert werden müsse [1]. Diese Ansicht setzt sich in die aktuellen Bemühungen fort, SnomedCT mit Hilfe der Description Logic oder OWL zu definieren [2], [3] .

Material und Methoden: Eine Anatomie-Wissensbasis wie z.B. das Foundational Model of Anatomy (FMA) oder die entsprechende Achse von SnomedCT soll in der Praxis zur Kodierung von Beobachtungen und als eine Wissensbasis für Entscheidungsunterstützungssysteme (DSS) genutzt werden. Aus dieser Perspektive und nach den von den Vertretern der o.g. Denkrichtung selbst aufgestellten Kriterien [4] wird an mehreren Beispielen die "realistische" einer "konzeptuellen" Betrachtungsweise gegenübergestellt.

Ergebnisse, Diskussion: Die Einteilung der Welt in Objekte setzt voraus, dass man Objekte als kontinuierlich verstehen und ihre Grenzen beschreiben kann. Der Kontinuitätsbegriff in biologischen Systemen ist aber sehr granularitätsabhängig [5]. Fast alle Grenzen (wie die zwischen Arm und Hand) sind "fiat", also willkürlich und Beobachter-abhängig. Lateralität ("Hand" vs. re/li Hand, nach "kontralateral" überkreuzende Nervenverbindungen), die Natur von Hirnstrukturen (vgl. [6]) und Variabilität sind weitere Phänomene, die mit der "für alle ... gibt es ..." Struktur beschreibungslogischer Aussagen kaum zu fassen sind. Letztlich steht auch die kanonische, also idealtypische Aussage von Anatomie-Modellen ihrer "realistischen" Interpretation im Weg. Nur die systematische Anatomie beschreibt Objekttypen und Subsumtionen ("Knochen/Röhrenknochen"). Deskriptive, topographische und funktionelle Anatomie beschreiben idealtypische Instanzen. Die Notwendigkeit allquantifizierter Aussagen für praktische Anwendungen wird zwischen den Autoren kontrovers diskutiert.

Schlussfolgerungen: Eine Aufteilung in T-Box (Typen), A-Box (Instanzen) und R-Box (Relationen- Hierarchien [7]) wird dem anatomischen Wissen eher gerecht als eine rein Typen-orientierte Darstellung. Variationen können nebeneinander repräsentiert werden, das Default-Reasoning mit einer Auswahl der passenden Variation kann dem übergeordneten DSS überlassen bleiben und muss in der Anatomie-Wissensbasis nicht abgebildet werden.


Literatur

1.
Smith B. From concepts to clinical reality: An essay on the benchmarking of biomedical terminologies. Journal of Biomedical Informatics. 2006;39:288-98.
2.
Rector AL, Brandt S. Why do it the hard way? The case for an expressive description logic for SNOMED. J Am Med Inform Assoc. 2008;15:744-51.
3.
Schulz S, Suntisrivaraporn B, Baader F. SNOMED CT's problem list: ontologists' and logicians' therapy suggestions. Stud Health Technol Inform. 2007;129:802-6.
4.
Schulz S, Stenzhorn H, Boeker M, Smith B. Strengths and Limitations of Formal Ontologies in the Biomedical Domain. Electronic Journal of Communication, Information & Innovation in Health (RECIIS), special issue on ONTOLOGIES, SEMANTIC WEB AND HEALTH. 2009.
5.
Schulz S, Boeker M, Stenzhorn H, Niggemann J. Granularity issues in the alignment of upper ontologies. Methods Inf Med. 2009;48:184-9.
6.
Niggemann JM, Gebert A, Schulz S. Modeling functional neuroanatomy for an anatomy information system. J Am Med Inform Assoc. 2008:15:671-8.
7.
Keet CM, Artale A. Representing and reasoning over a taxonomy of part/whole relations. Applied Ontology. 2008;3:91-110.