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53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

15. bis 18.09.2008, Stuttgart

Wechselwirkungen zwischen Telematikinfrastruktur und intersektoraler Versorgung – Bedeutung für die Krankenhaus-IT

Meeting Abstract

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  • Matthias Nestmann - Kliniken Erlabrunn gGmbH, Breitenbrunn, Deutschland
  • Anke Häber - Westsächsische Hochschule Zwickau, Zwickau, Deutschland
  • Peter Groh - Kliniken Erlabrunn gGmbH, Breitenbrunn, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Stuttgart, 15.-19.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. DocMI14-4

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2008/08gmds175.shtml

Published: September 10, 2008

© 2008 Nestmann et al.
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Einleitung und Fragestellung

Ziel des deutschen Gesundheitssystems ist es, die Gesundheit der etwa 80 Millionen Bürger als eines der höchsten Lebensgüter zu erhalten, zu fördern und im Krankheitsfall wiederherzustellen. Die Herausforderung dabei ist, die Gesundheitsversorgung qualitativ auf einen hohen Stand und gleichzeitig finanzierbar zu halten. Um dieses zu gewährleisten, hat die Bundesregierung mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) 2004 zwei wesentliche Dinge festgelegt. Zum einen soll nach die Krankenversichertenkarte in eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) umgewandelt werden (§291a SGB V), die neben den rein administrativen Daten zu einem Patienten auch das elektronische Rezept, die European Health Insurance Card und durch den Patienten selbst in ihrem Nutzungsumfang bestimmten freiwillige Anwendungen enthält, zum anderen wird durch das GMG eine integrierte Versorgung der Patienten im Bereich von Versorgungsnetzwerken gefordert (§140a SGB V).

Zur Patientenversorgung sind in Deutschland 123.000 niedergelassene Ärzte, 65.000 Zahnärzte, 2200 Krankenhäuser, 21.000 Apotheken und rund 270 Krankenkassen tätig. Vor allem aufgrund traditionell gewachsener Strukturen steht der Patient einem sehr zergliederten System der Gesundheitsversorgung gegenüber. Die starke Trennung zwischen niedergelassenem und stationärem Sektor tritt hier am auffälligsten hervor.

Die Kommunikation zwischen den einzelnen am Behandlungsprozess beteiligten Einrichtungen, also eine sektorübergreifende bzw. intersektorale Kommunikation, ist für eine effektive und damit kostengünstige Behandlung des Patienten unerlässlich. Dabei müssen sowohl administrative als auch medizinische Daten ausgetauscht werden. Nur so können mehrfache Datenerhebungen bzw. Doppeluntersuchungen vermieden werden. Die intersektorale Kommunikation ist damit zu einem wichtigen Aspekt für eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung bei gleichzeitiger notwendiger Kosteneinsparung im Gesundheitswesen geworden.

Obwohl die eGK den Datenaustausch im Gesundheitswesen optimieren soll, wird sie kurzfristig nicht zu einer wirksamen intersektoralen Kommunikation führen. Dagegen sprechen der noch ungewisse bundesweite Ausgabetermin sowie die geplanten Anwendungen in den Einführungsphasen. Erst mit dem Ausbau der Telematikinfrastruktur und der Umsetzung freiwilliger Anwendungen kann sich daran etwas ändern. Es müssen also die Einführung der eGK und die intersektorale Kommunikation als eigenständige, zumindest am Anfang parallel laufende Prozesse betrachtet werden.

Die Einführung der eGK als Muss-Forderungen im Gesetz bringt in einem Krankenhaus technische und organisatorische Veränderungen mit sich. Die Krankenhaus-IT sollte sich allerdings auf beide gesetzlichen Anforderungen vorbereiten. Dabei ist es wichtig, die Anschaffungen, die für die eGK und ihre Einbindung in die Telematikinfrastruktur hardware- und softwareseitig getätigt werden müssen, auch für die Anforderungen einer intersektoralen Kommunikation offen zu halten. Dadurch ist es dem Krankenhaus möglich, die Chancen, die diese bietet, ohne unnötige Doppelinvestitionen zu nutzen.

Material und Methoden

Ausgehend von gematik-Dokumenten [1] und Spezifikationen zum Projekt eFallakte [2], aber auch anderen in der Literatur und auf Webseiten verfügbaren Informationen, werden die Anforderungen der Telematikinfrastruktur auf die Krankenhaus-IT und mögliche Umsetzungsszenarios für die intersektorale Kommunikation unter Berücksichtigung der Einweiserstruktur eines Beispielkrankenhauses unabhängig voneinander beschrieben. Anschließend wird auf die Wechselwirkungen zwischen Telematikinfrastruktur und ausgewählten intersektoralen Kommunikationsmethoden eingegangen. Daraus leitet sich ein Umsetzungsvorschlag für die Krankenhaus-IT ab, in dem neben Zeitplan und Projektspezifika auch erste Kostenabschätzungen vorgenommen werden.

Ergebnisse

Die Telematikinfrastruktur besteht neben der eGK beim Patienten und ihrem Gegenstück, dem Heilberufsausweis (HBA), mit dem der Arzt auf diese Daten zugreifen kann, aus weiteren für ein Krankenhaus notwendigen zentralen Komponenten wie Kartenterminals, Security Module Cards (Typ A und Typ B), Konnektoren, notwendigen zusätzlichen LAN-Anschlüssen und einem gesicherten Zugang ins geschützte Internet. Die im Krankenhaus eingesetzte Software muss in der Lage sein, diese Komponenten zu erkennen und mit ihnen zu kommunizieren. Ferner muss die Software die sich ändernden Arbeitsprozesse und die aus den Anwendungen der eGK heraus notwendigen Dienste unterstützen.

Die Untersuchung des Beispielkrankenhauses zeigt auf, dass im betrachteten Zeitraum (1 Jahr) ca. 1000 niedergelassene Ärzte als Einweiser erfasst wurden. Allerdings weisen die Ärzte sehr unterschiedlich viele Patienten ein. So zeigen die Zahlen, dass 60% der Einweisungen von 60 verschiedenen Ärzten stammen. Um 75% der Einweisungen zu erreichen, wäre bereits eine Kommunikation mit 125 Ärzten notwendig. Aus diesem Grund muss die verwendete Lösungsvariante für eine intersektorale Kommunikation einfach bedienbar, kostengünstig und ohne nennenswerten Aufwand für zusätzliche Einweiser nutzbar sein.

Technisch gesehen gibt es in Deutschland einige Ansätze zur intersektoralen Kommunikation mit unterschiedlichen Sichtweisen: Verbindungsorganisation (z.B. D2D, Einweiserportale), Inhalt (z.B. eFallakte), Sicherheit (z.B. PDTZ).

Durch die Telematikinfrastruktur entsteht deutschlandweit eine gemeinsame Basis für die Umsetzung der Anwendungen der eGK. Die zusätzlich notwendige intersektorale Kommunikation sollte als Erweiterung auf das vorhandene System der Telematikinfrastruktur aufbauen. Wichtig ist dabei ein Konsens bezüglich der technischen Verfahren sowie auch des Rechtemanagements und der Strukturierung und Repräsentation auszutauschender Daten. Da zurzeit eine intersektorale Kommunikation auf Grundlage der Spezifikation der eFallakte eine hohe Kompatibilität mit der zukünftigen Telematikinfrastruktur aufweist, steht diese im Zentrum der weiteren Betrachtungen. Weitere Wechselwirkungen und die konkreten Auswirkungen auf die Krankenhaus-IT werden im Vortrag erläutert. Eine erste Kostenabschätzung wird vorgenommen.

Als Vorschlag für die Umsetzungen der Überlegungen lassen sich drei Projekte herleiten, die im Vortrag näher erläutert werden:

1.
Planung und Umsetzung der Einführung der eGK im gesetzlich geforderten, notwendigen Rahmen.
2.
Einführung einer intersektoralen Kommunikation auf Basis der eFA noch vor der Umsetzung der Gesundheitsakte als freiwillige Anwendung der eGK.
3.
Schrittweise Umstellung der Dokumente im Datenaustausch nach internationalen Standards (CDA), insbesondere Einführung des VHitG-Arztbriefes.

Diskussion

Die rechtzeitige und umfassende Information der Leistungserbringer wird auch zukünftig einen hohen Stellenwert einnehmen. Die elektronische Gesundheitskarte mit der Umsetzung der freiwilligen Anwendungen kann dazu einen wesentlichen Beitrag leisten, ist aber nicht für alle Anwendungsfälle ideal. So beinhaltet die Gesundheitsakte als Anwendung der eGK eine lebenslange Übersicht über die Behandlungsfälle des Patienten. Als freiwillige Anwendung hat der Patient allerdings die Entscheidungsfreiheit, diese Anwendung zu nutzen und den Inhalt zu filtern. Ergänzend dazu ist eine elektronische Fallakte als sektorübergreifende, ärztliche Arbeitsgrundlage für den aktuellen Fall geeignet. Die Telematikinfrastruktur soll als gemeinsame Basis nutzbar sein. Es ist notwendig, dass die jeweiligen Komponenten von den verantwortlichen Verbänden aufeinander abgestimmt werden, um den Krankenhäusern eine optimale Nutzung bei gleichzeitiger Investitionssicherheit zu gewährleisten.


Literatur

1.
Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH: www.gematik.de. Letzter Zugriff: 18.03.2008 External link
2.
Umsetzungsprojekt elektronische Fallakte (eFA): www.elektronische-fallakte.de. Letzter Zugriff: 18.03.2008 External link