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53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

15. bis 18.09.2008, Stuttgart

Interaktives eLearing auf der Basis quantitativ-numerischer Simulationen: DiabSim – Glukose-Insulin-Regelkreis und Diabetes mellitus

Meeting Abstract

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  • Oliver Thews - Universität Mainz, Mainz, Deutschland
  • Jürgen Bergeler - Universität Mainz, Mainz, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Stuttgart, 15.-19.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. DocMI2-5

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Published: September 10, 2008

© 2008 Thews et al.
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Einleitung und Fragestellung

Zahlreiche physiologische Vorgänge des Organismus lassen sich mathematisch durch Differentialgleichungssysteme quantitativ formulieren (z.B. Blutdruck). Um Studierenden das dynamische Systemverhalten zu vermitteln, reichen statische Beschreibungen in der Regel nicht aus und es müssen im Unterricht praktische Versuche durchgeführt werden. Um ein Selbststudium in diesen Themenbereiche zu ermöglichen, können quantitativ-numerische Simulationen eingesetzt werden. Hierdurch kann sowohl das zeitliche Verhalten der Prozesse untersucht als auch therapeutische Eingriffe (z.B. Pharmakotherapie) gefahrlos nachgebildet werden.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Entwicklung eines interaktiven Simulationsprogramms zum Glukose-Insulin-Regelkreises und zum Diabetes mellitus ("Zuckerkrankheit") für das Selbststudium oder für Praktika der Physiologie. Die physiologischen Zusammenhänge werden durch ein mathematisches Modell der Insulin-Glukose-Kinetik in gesunden Personen und Diabetikern nachgebildet [1]. Das Programm leitet von den physiologischen Grundlagen der Glukose-Regelung zu den Grundzügen der Insulintherapie des Diabetiker über. Hierbei können die Studierenden gefahrlos Insulin applizieren mit dem Ziel, die ausgefallene Regelfunktion des Organismus durch die therapeutische Maßnahme zu ersetzen

Material und Methoden

Programmstruktur

Das Programm beruht auf einem Multi-Kompartiment-Modell des Glukose-Insulin-Haushalts [1], in dem Austausch und Verteilung der Glukose in verschiedenen Körperräumen quantitativ nachgebildet werden. Als Ergebnis der Simulation erhält man den zeitlichen Verlauf der Glukose- bzw. Insulin-Konzentration sowie das Ausmaß der Glukoseausscheidung über die Niere. Für die Insulintherapie des Diabetikers enthält dieses Modell die Pharmakokinetik der Insulin-Resorption nach einer subkutanen Injektion.

Das Programm verfügt über eine benutzerfreundliche Oberfläche (Abbildung 1 [Abb. 1]), in der zunächst wichtige demographische Daten eines fiktiven Patienten eingegeben werden müssen (Alter, Geschlecht, Körpergewicht). Danach stellt der Programmnutzer eine Testmahlzeit für den Patienten zusammen, woraus die Zusammensetzung der Nahrungsbestanteile (Fette, Kohlenhydrate, Proteine etc.) ermittelt wird. Diese Daten dienen als Grundlage der Simulation.

Anschließend sollen die Studierenden sechs verschiedene Unterrichtseinheiten durchlaufen. Nach Aufruf einer Unterrichtseinheit wird die numerische Simulation gestartet, wobei das Ergebnis in Form der Konzentrationsverläufe dargestellt wird (Abbildung 2 [Abb. 2]). Daneben wird ein schematisches Bild des Regelkreises gezeigt, welches das dynamische Verhalten des Reglers grafisch wiedergibt.

Unterrichtseinheiten
1.
Einführung in die Grundzüge des Glukose-Insulin-Regelkreises. Es wird der zeitliche Verlauf der Glukose- und Insulinkonzentration im Blutplasma im Anschluss an die Testmahlzeit berechnet.
2.
Darstellung der unterschiedlichen Regleranteile (P- und D-Regler) im Glukose-Insulin-Regelkreises. In der Simulation können Regler nachgebildet werden, die nur proportionale oder differentielle Eigenschaften haben.
3.
Der Programmnutzer soll die Funktion der B-Zelle des Pankreas übernehmen und selbst die Freisetzung des Insulin steuern, um den Blutzucker im Referenzbereich zu halten.
4.
Darstellung verschiedener Formen des Diabetes mellitus (Typ-I und Typ-II-Diabetes). Es können beide Formen in jeweils zwei Schweregraden simuliert werden.
5.
Einführung in die Insulin-Therapie von Typ-I-Patienten. Simulation einer einmaligen Insulingabe, wobei der Zeitpunkt und die Dosierung variiert werden kann.
6.
Darstellung der Veränderung des Organismus nach Insulingabe durch körperliche Belastung bzw. bei Fieber.

Ergebnisse und Diskussion

Das Programm wird in den Studiengängen Medizin und Ernährungswissenschaften eingesetzt und findet bei den Studierenden gute Akzeptanz.

Gegenüber statischen Modellen erlaubt die numerische Simulation Einblicke in das dynamische Systemverhalten. Insbesondere bei der Nachbildung der Insulintherapie ist dieses dynamische Verhalten von großer Bedeutung, um den geeigneten Zeitpunkt der Insulin-Gabe zu ermitteln. Zwischenzeitlich wurde dieses Programm auch als Webserver-Applikation realisiert, wodurch es möglich wird, über das Internet die Aufgaben zu bearbeiten. Die Simulation läuft hierbei auf dem Webserver und die Ergebnisse werden grafisch auf den Browser übertragen.


Literatur

1.
Bergeler J. Ein rechnergestütztes Therapieverfahren zur Behandlung von Diabetikern auf der Basis eines Modellregelsystems. Darmstadt: Dissertation, Fachbereich Elektrotechnik, TH Darmstadt, 1986.