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53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

15. bis 18.09.2008, Stuttgart

Leukämien im Kindesalter und Expositionen gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern in der Umgebung von Rundfunkstationen – eine Fall-Kontroll-Studie

Meeting Abstract

  • Hiltrud Merzenich - Universität Mainz, Mainz, Deutschland
  • Sven Schmiedel - Institute of Cancer Epidemiology, Kopenhagen, Dänemark
  • Sabrina Bennack - Universität Mainz, Mainz, Deutschland
  • Hauke Brüggemeyer - Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, Hildesheim, Deutschland
  • Johannes Philipp - Südwestrundfunk, Stuttgart, Deutschland
  • Joachim Schüz - Institute of Cancer Epidemiology, Kopenhagen, Dänemark

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Stuttgart, 15.-19.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. DocEPI3-3

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Published: September 10, 2008

© 2008 Merzenich et al.
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Einleitung und Fragestellung

Im Rahmen einer Fall-Kontroll-Studie wurde der Zusammenhang zwischen dem Leukämierisiko bei Kindern und der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern in der Umgebung leistungsstarker Sendestationen von Rundfunk und Fernsehen untersucht. Bislang wurden fünf ökologische Studien im Umkreis von Rundfunksendeanlagen durchgeführt [1], [2], [3], [4], [5]. Die Aussagekraft der zitierten Studien wird maßgeblich begrenzt durch den ökologischen Studienansatz, bei dem keine individuellen Expositionsdaten zugrunde gelegt werden. Expositionsmaß in diesen Studien ist der Abstand zwischen Wohnort und Sendeanlage. Insbesondere bei Rundfunksendeanlagen trifft die Annahme einer mit wachsender Entfernung monoton abnehmenden Exposition häufig nicht zu. Vor diesem Hintergrund sollte das Leukämierisiko bei Kindern durch hochfrequente elektromagnetische Felder (HF-EMF) erneut überprüft werden. Zentrales Element der vorgestellten Studie ist die individuelle Expositionsabschätzung mit Rechenverfahren zur Feldstärkeprognose, die zur Modellierung der Rundfunkversorgung entwickelt wurden.

Material und Methoden

Zum Studiengebiet gehörten 16 leistungsstarke Mittelwellensender (AM) und 8 FM/TV-Sender in Westdeutschland. Zur Definition des Studiengebietes wurde unter Zugrundelegung betriebsspezifischer Expositionsdaten für jeden AM-Sender der 1 V/m (120 dB(µV/m)) - Radius bestimmt bzw. der 90 dB(µV/m) - Radius für FM/TV-Sender. Für die Senderregionen wurden die zugehörigen Gemeinden ermittelt. Zur Studienpopulation gehörten alle im Diagnosezeitraum aufgetretenen Fälle, die im Umkreis der Sender leben bzw. gelebt haben. Als „Fälle“ wurden alle Kinder zwischen 0-14 Jahren definiert, die im Diagnosezeitraum von 1984 bis 2003 an einer Leukämie erkrankt und dem Deutschen Kinderkrebsregister bekannt waren. Matchkriterien für Kontrollkinder waren Alter, Geschlecht, Senderregion und Meldezeitpunkt entsprechend dem Diagnosemonat und -jahr des Falls. Kontrollen wurden 1:3 gematcht (1.959 Fälle und 5.848 Kontrollen). Es wurde mit Hilfe von aktuellen und historischen Betreiberdaten zu den ausgewählten Sendeanlagen die mittlere Exposition ein Jahr vor dem Diagnosezeitpunkt geschätzt. Relevante Betriebsdaten sind die tatsächlich abgestrahlte Senderleistung über die Zeit, Tag- und Nacht-Unterschiede und die räumliche Antennenausrichtung. Mithilfe von Wellenausbreitungsmodellen für die Berechnung der Rundfunkversorgung, wurden die Immissionen in der gesamten Studienregion bzw. für die Wohnortkoordinaten von Fällen und Kontrollen berechnet. Die Studienpopulation wurde anhand der Verteilung der Exposition am 90% bzw. 95%-Quantil der Kontrollen in höher und niedriger Exponierte eingeteilt und in einem bedingten logistischen Regressionsmodell untersucht. Stratifizierte Analysen wurden getrennt nach Frequenz- bzw. Modulationsart durchgeführt sowie für Expositionsperioden (vor 1992 und nach 1992) und für Kinder zwischen 1 und 4 Jahren.

Ergebnisse

Die Ergebnisse lagen zum Zeitpunkt der Erstellung des Abstracts noch nicht vor. Sie werden im Rahmen dieses Vortrags vorgestellt und mit Ergebnissen einer koreanischen Fall-Kontrollstudie [6], [7] zu Leukämien im Kindesalter im Zusammenhang mit HF-EMF Expositionen durch AM-Sendeanlagen verglichen. In dieser Studie zeigte sich bei Berücksichtigung der „Gesamt HF-EMF“-Exposition in der höchsten Expositionsklasse bei myeloischer Leukämie ein erniedrigtes Odds ratio im Vergleich zur Referenzgruppe. Bei Betrachtung der Exposition durch den jeweils stärksten Sender resultierte in der höchsten Expositionsklasse ein signifikant erhöhtes Odds ratio für lymphoide Leukämien. Die deutsche Studie wurde im Rahmen des Mobilfunkforschungsprogramms des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) gefördert.


Literatur

1.
Dolk H, Elliott P , Shaddick G, Walls P, Thakrar B. Cancer incidence near radio and television transmitters in Great Britain. II. All high power transmitters. Am J Epi 1997;145: 10-17.
2.
Hocking B, Gordon JR, Grain HL, Hatfield GE. Cancer incidence and mortality and proximity to TV towers. Med J Aust 1996;165: 601-5.
3.
Maskarinec G, Cooper J, Swygert L. Investigation of increased incidence in childhood leukemia near radio towers in Hawaii. J Environ Pathol Toxicol Oncol 1994;13: 33-7.
4.
Michelozzi P, Capon A, Kirchmayer U. Forastiere F, Biggeri A, Barca A, Perucci CA. Adult and childhood leukemia near a high-power radio station in Rome. Am J Epi 2002;155:1096-103.
5.
Park SK, Ha M, Im HJ. Ecological study on residences in the vicinity of AM radio broadcasting towers and cancer death: preliminary observation in Korea. Int Arch Occup Environ Health 2004;77:387-394.
6.
Ha M, Im H, Lee M, et al. Radio-frequency radiation exposure from AM radio transmitters and childhood leukemia and brain cancer. Am J Epidemiol 2007;166 (3):270-9.
7.
Ha M, Im H, Kim BC, et al. Letter to the editor. Five authors reply. Am J Epidemiol 2008; DOI: 10.1093/aje/kwn013. External link