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Kongress Medizin und Gesellschaft 2007

17. bis 21.09.2007, Augsburg

Entscheidungsrelevante Motive und psychische Wachstumsprozesse im Kontext einer Lebendnierentransplantation

Meeting Abstract

  • Silke Neuderth - Universität Würzburg, Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie, Würzburg
  • Matthias Lukasczik - Universität Würzburg, Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie, Würzburg
  • Daniel Köhn - Universität Würzburg, Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie, Würzburg
  • Alexandra Stoffers - Universität Würzburg, Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie, Würzburg
  • Kai Lopau - Universität Würzburg, Medizinische Klinik und Poliklinik I, Abteilung Nephrologie, Würzburg
  • Hermann Faller - Universität Würzburg, Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie, Würzburg

Kongress Medizin und Gesellschaft 2007. Augsburg, 17.-21.09.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07gmds641

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2007/07gmds641.shtml

Published: September 6, 2007

© 2007 Neuderth et al.
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Text

Hintergrund: In der Transplantationsmedizin gewinnt die Option der Lebendnierenspende zunehmend an Bedeutung. Psychosoziale Auswirkungen einer Lebendnierentransplantation bei Spendern und Empfängern sind bislang vorrangig im Hinblick auf Lebensqualität und psychische Belastungen untersucht worden [1], [4] Entscheidungsrelevanten Variablen auf Seiten der Spender und positiven psychologischen Folgen im Sinne von „benefit finding“ [2], welches in erster Linie im Zusammenhang mit Krebserkrankungen untersucht wurde [3], wurde bislang wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

Methode: Im Rahmen einer schriftlichen Nachbefragung von 46 Spender-Empfänger-Paaren, die im Vorfeld einer Lebendnierenspende psychologisch begutachtet worden waren, wurden Aspekte des Transplantationsprozesses (z. B. Entscheidungsfindung, Risikowahrnehmung), gesundheitsbezogene Lebensqualität, psychische Belastungen, Selbstwert und Benefit Finding erfasst. Ergänzend wurden mittels strukturierter Interviews (n = 20) entscheidungsrelevante Motive auf Seiten der Spender erhoben.

Ergebnisse: Der Rücklauf der schriftlichen Befragung lag bei 72% (je 33 Spender und Empfänger). Auf Seiten der Spender wird die Entscheidung zu spenden primär durch die Zuneigung zum Empfänger und den Wunsch, dessen Befinden zu verbessern, beeinflusst. 26 Spender (78%) geben an, dass ihnen die Entscheidung zu spenden leicht gefallen sei. Sorgen der Empfänger beziehen sich vorrangig auf die gesundheitlichen Risiken für den Spender und die Funktion des Transplantats. Die prä- und postoperative psychische Belastung von Spendern und Empfängern ist unauffällig; ihre postoperative Lebensqualität unterscheidet sich nicht von der Allgemeinbevölkerung. Die Akzeptanz des Geschehenen und eine größere Wertschätzung familiärer und sozialer Beziehungen werden von den Empfängern als positive Auswirkung der Transplantation beschrieben. Die Spender geben häufig an, dass ihnen durch die Transplantation ihre Bestimmung im Leben deutlich wurde. 7 Spender (21%) berichten über eine Steigerung ihres Selbstwerts durch die Spende.

Schlussfolgerungen: Altruistische Motive stehen bei Lebendnierenspendern klar im Vordergrund. Sowohl bei Spendern als auch Empfängern finden sich Hinweise auf Wachstumsprozesse in der Folge der Transplantation (benefit finding).


Literatur

1.
Giessing M, Reuter S, Schönberger B, Deger S, Türk I, Hirte I, et al. Quality of life of living kidney donors in Germany: A survey with the validated Short Form-36 and Giessen Subjective Complaints List-24 questionnaire. Transplantation. 2004;78:864-72.
2.
Helgeson VS, Reynolds KA, Tomich PL. A meta-analytic review of benefit finding and growth. Journal of Consulting and Clinical Psychology. 2006;74:797-816.
3.
Mohamed NE, Böhmer S. Die deutsche Version der Benefit Finding-Skala: Ihre psychometrischen Eigenschaften bei Tumorpatienten. Zeitschrift für Medizinische Psychologie. 2004;13:85-91.
4.
Reimer J, Franke GH, Lütkes P, Kohnle M, Gerken G, Philipp T, Heemann U. Die Lebensqualität von Patienten vor und nach Nierentransplantation. Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie. 2002;52:16-23.