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Kongress Medizin und Gesellschaft 2007

17. bis 21.09.2007, Augsburg

Können Therapieleitlinien kontraindiziert sein? Evaluierung einer elektronischen Entscheidungsunterstützung

Meeting Abstract

  • Harald Dormann - Medizinische Klinik 1, Universitätsklinikum, Erlangen
  • Reinhold Sojer - Lehrstuhl für Medizinische Informatik, Erlangen
  • Yurdagül Zopf - Medizinische Klinik 1, Universitätsklinikum, Erlangen
  • Thomas Bürkle - Lehrstuhl für Medizinische Informatik, Erlangen
  • Eckhart Georg Hahn - Medizinische Klinik 1, Universitätsklinikum, Erlangen
  • Hans-Ulrich Prokosch - Lehrstuhl für Medizinische Informatik, Erlangen

Kongress Medizin und Gesellschaft 2007. Augsburg, 17.-21.09.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07gmds070

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2007/07gmds070.shtml

Published: September 6, 2007

© 2007 Dormann et al.
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Hintergrund: Die konsequente klinische Umsetzung von Therapieleitlinien wird von den zuständigen Fachgesellschaften zunehmend gefordert [Teich 2005]. Die Anwendbarkeit wird derzeit aber durch die fehlende Integration am klinischen Arbeitsplatz häufig eingeschränkt [2]. Zum anderen können Komorbiditäten oder Komedikationen schwerwiegende Kontraindikationen zu den empfohlenen Therapieleitlinien darstellen [1].

Ziel dieses Modellprojektes ist es, eine leitlinienbasierte elektronische Entscheidungsunterstützung für die Therapie mit Antiinfektiva am klinischen Arbeitsplatz zu implementieren und die Verbesserung der Arzneimittelsicherheit zu evaluieren.

Methodik: Individuelle Patientenparameter aus dem klinischen Informationssystem, beispielsweise Diagnosen, Laborbefunde und Medikation, wurden sowohl mit den Therapieleitlinien als auch mit einer Medikamentendatenbank in Beziehung gesetzt. Zur Standardisierung erfolgte beispielsweise eine Zuordnung pathologischer Laborwerte zu den ICD Codes der jeweiligen möglichen Grunderkrankung, die den Laborwert erklären kann. Basierend darauf wurde eine automatische patientenindividuelle Risikoanalyse bezüglich bestehender Gegenanzeigen, Anwendungsbeschränkungen und Medikamenteninteraktionen definiert.

Ergebnis: Insgesamt wurden 29 Antiinfektiva zur Verordnung bei Pneumonie, bei Infektexazerbation bei chronisch obstruktiven Atemwegserkrankungen, bei Peritonitis, bei Sepsis, bei Fieber, sowie zur Helicobacter Pylorii Eradikation konzeptionell abgebildet. Dazu wurden 545 Gegenanzeigen und Anwendungsbeschränkungen (z.B. Herzinsuffizienz, Elektrolytstörung, Leberfunktionsstörung, etc.) mit den entsprechenden Labortests assoziiert. Mit Hilfe des kommerziellen Arzneimittelinformationssystems OntoDrug® konnten über 2800 Medikamenteninteraktionen überprüft werden.

In einem aufwendigen Studiendesign wird die Konsequenz der Umsetzung der Empfehlungen des elektronischen Entscheidungsunterstützungssystems erfasst. Zusätzlich und parallel erfolgt eine Intensiverfassung unerwünschter Arzneimittelwirkungen sowohl in der Interventions- als auch in der Kontrollgruppe. Anhand dieses Studiendesigns wird eine Aussage über die Anwendbarkeit und die Wirksamkeit elektronischer Therapieleitlinien ermöglicht.

Schlußfolgerung: Elektronische Entscheidungsunterstützungssysteme können potentiell einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung von Therapieleitlinien und zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit leisten. Die Anwendbarkeit von Therapieleitlinien ist allerdings aufgrund der häufig bestehenden Gegenanzeigen insbesondere bei Patienten mit Komedikation nicht immer gegeben. Die Studienergebnisse werden diese Diskrepanzen näher beleuchten.


Literatur

1.
Boyd CM, Darer J, Boult C, Fried LP, Boult L, Wu AW. Clinical practice guidelines and quality of care for older patients with multiple comorbid diseases: implications for pay for performance. 2005.
2.
Egger T, Dormann H, Ahne G, Runge U, Neubert A, Criegee-Rieck M, Gassmann KG, Brune K. Identification of adverse drug reactions in geriatric inpatients using a computerised drug database. 2003.