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51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (gmds)

10. - 14.09.2006, Leipzig

Der Faktor Chirurg in klinischen Studien

Meeting Abstract

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  • Steffen Witte - Universität Heidelberg, Heidelberg

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (gmds). 51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Leipzig, 10.-14.09.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06gmds347

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Published: September 1, 2006

© 2006 Witte.
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Einleitung und Fragestellung

Klinische Studien in der Chirurgie sind angesichts der schwachen Evidenz in diesem Fachgebiet dringend erforderlich [1]. Jedes Fachgebiet hat spezielle Herausforderungen, denen sich der Kliniker und der Biometriker bei der Planung, Durchführung und Auswertung von klinischen Studien beschäftigen muss. Die Identifikation dieser Schwierigkeiten, Lösungsvorschläge und Beispiele sind Thema dieser Präsentation.

Material und Methoden

Dieser Übersichtsvortrag spiegelt das Facettenreichtum des Faktors Chirurg im Kontext chirurgischer klinischer Forschung wider. Betrachten wir als Beispiel den Vergleich zweier Interventionen A und B. Entweder ist A der Standard und B die Innovation oder A und B sind zwei bereits gebräuchliche Interventionen, etwa Verschlusstechniken der Bauchdecke, Methoden zur Naht von Anastomosen, etc. Unter anderem können folgende Schwierigkeiten auftreten:

  • Operationen haben extrem viele Freiheitsgrade, die es einzustellen gilt. Klinische Studien sind nicht in der Lage alle offenen Fragen gleichzeitig zu klären.
  • Die Chirurgen, die im Rahmen einer klinischen Studie Patienten randomisieren sollen, sind nur von einer der Interventionen überzeugt (Eminenz statt Evidenz). Das führt dazu, dass die Planung der Studie daran scheitern kann: Einige Chirurgen sind derart von einer der Interventionen überzeugt, dass sie nicht bereit sind, Patienten zu randomisieren.
  • Spezialzentren bieten nur eine der zu untersuchenden Interventionen an.
  • Der behandelnde Operateur ist (i.d.R.) nicht zu verblinden, kann aber un-bewusst Einfluss ausüben (Behandlungsgleichheit verletzt).
  • Konfirmatorische Analysen sollen gewährleisten, dass die Studienergebnisse auf eine Grundgesamtheit von Patienten verallgemeinert werden kann. Bei chirurgischen Studien gibt es außerdem eine Grundgesamtheit der Chirurgen.
  • In der Medikamentenentwicklung ist man gewohnt die Wirksamkeit zu untersuchen, ggf. sind bestimmte pharmazeutische Präparate nur für eine spezielle Gruppe von Patienten geeignet. Eine chirurgische Intervention ist ebenso abhängig von Patienten, aber zusätzlich von den behandelnden Chirurgen. Ein Patient ist unter Umständen in einer Klinik besser mit Intervention A versorgt als mit B, in einer anderen Klinik aber besser mit B als mit A.
  • Chirurgen haben einen wesentlichen Einfluss auf den Therapieerfolg. Die Variabilität durch den Operateur, das Operationsteam und die Klinik können erheblich sein [2].
  • Die Definition von "Erfahrung des Operateurs" ist problematisch und kann wesentlich von der Intervention abhängen.
  • Der Erfolg ist nicht nur von der angewendeten Methode und der Erfahrung des Operateurs abhängig sondern auch von dem gesamten Umfeld. Die Qualität des Krankenhauses kann eine Rolle spielen.
  • Die Definition von "Qualität des Krankenhauses" ist problematisch.
  • Lernkurven von Chirurgen verlaufen je nach Intervention vor allem bei technisch/handwerklich komplexen Methoden unterschiedlich. Es kann sein, dass die zu einer Intervention gehörende Lernkurve (A) anfänglich steiler verläuft als die andere Lernkurve (B), die Lernkurven können sich auch schneiden [3].
  • Durch Routine kann nach anfänglichem Steigen eine Lernkurve wieder fallen.
  • Eine Lernkurve endet früh auf hohem Niveau, beginnt aber extrem tief (unerfahrene Chirurgen erzielen sehr schlechte Ergebnisse). Ist die dazugehörige Intervention sinnvoll oder nicht vertretbar.

Ergebnisse

Lösungsvorschläge zur Ausbildung, zur Ermittlung von Vorinformationen, zum Studiendesign und zur Auswertung werden kurz vorgestellt und illustriert.

Diskussion

Es wird ein Kaleidoskop an Herausforderungen in chirurgischen klinischen Studien geschildert und Lösungsansätze skizziert. Weitere Schulungs- und Forschungsaktivitäten im Bereich der chirurgischen klinischen Forschung sind notwendig.


Literatur

1.
Wente MN, Seiler CM, Uhl W, Buchler MW. Perspectives of evidence-based surgery. Dig Surg. 2003; 20: 263-269.
2.
MRC. Health technology assessment in surgery (2003), http://www.mrc.ac.uk/prn/pdf-health_tech_assessment.pdf
3.
Roberts C. The implications of variation in outcome between health professionals for the design and analysis of randomized controlled trials. Statistics in Medicine 1999; 18: 2605-2615