gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Prozessorientierte Unterstützung von Leistungsallianzen

Meeting Abstract

Search Medline for

  • Martin Henze - SH-MED / GSK, Scharbeutz-Schulendorf
  • Günter Steyer - SeeBeyond, Berlin

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds606

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2005/05gmds436.shtml

Published: September 8, 2005

© 2005 Henze et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.


Outline

Text

I. Stand der Integrierten Versorgung

Wenngleich die anhaltende Kritik um die jüngste Gesundheitsreform die sich eröffnenden Spielräume für Gesundheitsförderung, Versorgungsoptimierung und Prävention vergessen lässt, kann die Integrierte Versorgung doch als ein weit reichendes Reorganisationsinstrument bewertet werden.

Mit dem System der Integrierten Versorgung erhalten neue Begrifflichkeiten, sog. Managed-Care-Techniken [1]. ihren Einzug in die Versorgungslandschaft:

  • Prozess-Management,
  • Behandlungspfade (Critical Pathways),
  • sektorübergreifende Leistungskomplexe (sLks),

II. Stand der Elektronischen Gesundheitskarte

Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) ab 2006 stellt ein wichtiges Instrumentarium zur Prozessbeschleunigung und –vereinfachung für die effektive Nutzung von Leistungsallianzen im Rahmen der prozessgesteuerten Integrierten Versorgung dar. Wenngleich noch eine Reihe von Voraussetzungen insbesondere bei den Leistungserbringern (personell und technisch) zu schaffen und offene Fragen (z.B. Einbeziehung von Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten) zu klären sind, ist die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte jedoch ein wesentlicher Schritt, um eine patientenorientierte, sektorenübergreifende Dokumentation und Archivierung unter ökonomischen Gesichtspunkten auf der Grundlage einer einrichtungsübergreifenden, prozessorientierten elektronischen Kommunikation (durch elektronischen Informationsfluss) aufzubauen [2].

III. Geschäftsprozessoptimierung und -steuerung als Kernaufgaben der kommenden Jahre

Methoden zur Steuerung von Abläufen sind wesentlich stärker in der Industrie und im Dienstleistungsgewerbe ausgearbeitet, als die Steuerung von Abläufen im Gesundheitsbereich. Aktuell wird versucht, mit Kostensenkungsprogrammen, die gut quantifizierbaren und leicht zu ermittelnden Sachkosten zu reduzieren.

Ein höheres Einsparpotential verbirgt sich jedoch in der Optimierung der Ablauforganisation und der Steuerung des Prozesses. Die durch die DRG verbundene höhere Leistungsdichte in den Funktionsbereichen und auf den Stationen erfordert eine bessere Auslastung der vorhandenen personellen, technischen und räumlichen Ressourcen [3]. Was hilft ökonomisch und inhaltlich einem Klinikum, wenn es Daten austauschen kann, den tatsächlichen Dienstleistungsablauf innerhalb des Klinikums, wie auch zu einem Integrationspartner nicht homogen gestalten und EDV gestützt steuern kann? Durch die Optimierung des pflegerischen und medizinischen Workflows, auf der operativen Ebene gekoppelt mit einer einheitlichen Prozessteuerung, kann eine wesentliche Senkung der Fallkosten bei gleichzeitiger Verbesserung der Prozessqualität erreicht werden.

1. Integrierte Prozesssteuerung

Im Zentrum hierbei steht eine einheitliche Integrierte Prozesssteuerung, die IT unterstützt ist. Die Transaktionen werden geschachtelt [4]. Durch den Prozessablauf lässt sich die Komplexität reduzieren, so dass klinische Abläufe transparent nachvollzogen und Schwachstellen erkannt werden können [5]. Zum einen wird dadurch, s.o., Aufwand reduziert, zum anderen wird die Behandlung der Patienten und somit der Therapieerfolg zielführend, da u.a. pflegerische und medizinische Leistungen zum richtigen Zeitpunkt erbracht werden. Etwa 80 % aller medizinischer Dienstleistungen, die Verwaltung stellt dazu einen Unterprozess dar, folgen hierbei einem Standardprozessablauf [6].

2. Abbildungsebenen

Die Abbildungsebenen eines Prozessmodells differenzieren in Makro-, Meso-, Mikroebenen. Die prozessgetriebene Workflowsteuerung umfasst wesentliche Lösungsansätze zu planerischen, organisatorischen und steuernden Maßnahmen zur zielorientierten Steuerung der Patienten in den Versorgungs- und Behandlungspfaden. Im Ergebnis muss, um die wirtschaftliche Existenz der stationären Versorgung für die Zukunft sicherstellen zu können, die ökonomische Gestaltung des Leistungsgeschehens und die prozeßgetriebene Dienstleistungserstellung primär im Vordergrund stehen [7].

3. Prozessstrukturen

Grundvoraussetzung dafür ist eine Prozessorientierte Analyse der Leistung, der Prozeßmodelierung, in der Form von Festlegung von med. Produkten, des Prozessaufbaus und der EDV gestützten Workflowsteuerung [8]:

Das Prozessmanagement ist ein komplexes System, das auf der operativen Ebene, unterstützt durch ein Workflow-System, zur Modellierung und lenkenden Ausführung von Anwendungsprozessen eingesetzt werden kann. Entscheidend ist eine einheitliche Prozessteuerung des Systems, ein integratives Prozesssteuerungssystem, das die Durchführung klinikumsweiter und – übergreifender Abläufe aktiv koordiniert, Benutzer ablaufbezogen unterstützt, den Fortgang der Prozesse überwacht und ihren realen Verlauf möglichst lückenlos dokumentiert [9]. Der Einsatz des Workflow-Managementsystems liegt dabei in der Durchführung sowie Modellierung von Prozessen und in der Prozessteuerung (Monitoring, Prozesscontrolling, Prozesskostenrechnung) [10]. Dieses System muss den richtigen Mitarbeitern zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Werkzeuge mit den richtigen Daten zur Ausführung von Arbeitsschritten innerhalb des Dienstleistungsprozesses anbieten. Richtig ist hier im Sinne der korrekten Durchführung des zugrunde liegenden Geschäftsprozesses zu sehen [11]. Prozessgesteuerte Behandlungspfade können in jedem Umfeld für jede Art von Diagnose oder Versorgung eingesetzt werden. Eine Grundregel dabei ist die Faustformel 80 zu 20, die besagt, dass 80 % der Patienten dem Prozess folgen, wie dies auf dem Pathway vorgegeben ist. Die restlichen 20 % weichen vom Pfad ab, wobei ein Teil dieser 20 % sich erheblich von der geplanten Entwicklung entfernt. Andere weichen nur geringfügig ab und kehren kurze Zeit später wieder zurück. Wieder andere folgen dem Pfad zunächst so, wie im Prozess vorgesehen, erleben einige Komplikationen und kehren nach einer gewissen Zeit wider in den vorgesehen Prozess zurück [12]. Diese Varianten sind auch aus der Prozessteuerung auch im gewerblichen Dienstleistungsbereich bekannt und beherrschbar. Eine Abweichung vom Prozess wird im Prozesssteuerungssystem als Variante dokumentiert und für einen gewissen Zeitraum analysiert. Wenn Daten in Folge immer wieder ähnliche Abweichungen zeigen, wird dies genauer untersucht. Eine Analyse zeigt möglicherweise, dass der Prozess ungenau war, er wird dann entsprechend geändert oder erweitert, um die tatsächliche Vorgehensweise zu repräsentieren [13], [14].

4. Workflowvarianten

Hierbei sind dem Grunde nach drei Hauptgruppen von Workflow Varianten zu spezifizieren: Ad hoc Workflow, Colloborate Workflow, Produktion Workflow.

5. Workflowmodule

Ein Workflowmanagementsystem wird durch die Aufteilung in eine Buildtime und in eine Runtimekomponente dieser Anforderung gerecht, diese Modularität ist eine Notwendige Voraussetzung [15]. Zur Buildtime (Modelierungskomponente) gehören im Wesentlichen die Workflomodellierung, die Spezifikation der Datenstrukturen und der aufzurufenden Konnektoren (KIS, Pacs etc.) sowie die Animation und die Simulation der einzelnen Prozesse. Ferner ist die Beschreibung der Aufbauorganisation (Organisationseinheiten, Rollen (Service), Stellen, Kompetenzen, Mitarbeiter etc.) zur Buildtime zu zählen, die durch ein entsprechendes Zugriffs- und Berechtigungskonzept unterstützt wird. Mit der Transformation der Modelle in instanziierbare Workflowmodelle erfolgt der Übergang von der Buildtime in die Runtime. Zu letzterer zählen insbesondere die Instanziierung des Workflows, die Rollenauflösung und die Verteilung anstehender Aufgaben (Workitems) an Mitarbeiter sowie das Monitoring/Prozesscontroling der Prozessdurchführung. Das Prozessmonitoring verfolgt das Ziel, die Auskunftsbereitschaft über die klinischen Prozesse zu erhöhen. Es werden Leistungsmessungen durchgeführt und das Ablaufgeschehen der einzelnen Prozesse beobachtet. Damit wird es dem Prozesscontrolling oder dem Prozessverantwortlichen ermöglicht, den aktuellen Bearbeitungsstand abzufragen, zur Verfügung stehende Schlupfzeiten zu ermitteln oder gezielte Probleme zu identifizieren, die seit einem gewissen Zeitraum durch den jeweils verantwortlichen Rolleninhaber nicht gelöst wurden. Dieses Prozeßmonitoring kann zur Prozessverifikation eingesetzt werden, die in der Buildtime durch die Animation und Simultation abgedeckt wird. Über eine aktuelle Bestandsaufnahme geht das Prozesscontrolling hinaus, indem es die Istdaten verdichtet und Solldaten gegenüberstellt. Zielsetzung des Prozesscontrollings ist es, Diskrepanzen der Prozessrealisierung zur Prozessplanung (DRG/Personal und Sachmitteleinsatzplanung) zu ermitteln und bei Bedarf eine Prozessregulierung oder eine Prozessreorganisation anzuregen. Bestandteil des Prozesscontrollingsystems ist dabei eine Prozesskostenrechnung.

Die Prozesscontrollingkomponente empfängt nicht nur Daten, sondern kann ihrerseits sowohl auf die Buildtime als auch auf die Runtime Komponente Einfluss nehmen, wenn die vom Prozesscontrolling ermittelten Ressourcenbelatungsprofile die Rollenauflösung im Prozess beeinflussen, oder wenn dass Prozessmodell selbes modifiziert wird. Durch eine Automatisierung dieser Einflussnahme wird der Grad der Selbstorganisation, der Adaptivität, der Prozessmodellierung und der Workflowausführung erhöht. Bei klinischen Anwendungen, bei denen eine große Anzahl von Workflows parallel laufen, wird eine hohe Last für das zugrunde liegende System, welches die aktuellen Zustands – und Kontextinformationen dieser Workflows verwaltet, erzeugt. Aufgrund der Versorgungssicherheit im Klinikum sind eine offene Skalierbarkeit der Leistungen sowie eine hohe Verfügbarkeit erforderlich, dieses ist darstellbar [16], [17], [18]. Der beschriebene Aufbau der Prozesssteuerung führt letztlich zu anderen Schwerpunkten bei der Software. Durch die Tatsache, dass die krankenhauspezifischen Informationen in der Prozesssteuerung, im operativen Bereich, im Workflowsystem, zusammengefasst werden, ist dieses Modell zentrales Objekt der Krankenhausinformation. Somit werden sich zukünftig die Systemanforderungen zu einem großen Teil an dem Workflowsystem ausrichten. Die Subsysteme/Konnektoren werden eine untergeordnete Funktionalität einnehmen. Dieses ermöglicht eine stärkere Einbeziehung der Klinikanwender in die Tätigkeit des Reengineering, des prozeßorientierten Umbaus des Dienstleistungsunternehmens Klinikum. Durch das Monitoring und Prozesscontrolling wird dem Management eine permanente Anpassung des Unternehmens und somit eine kontinuierliche Optimierung der Geschäftsprozesse ermöglicht wird. Das Business Process Engineering und das Workflowmanagement ergänzen sich und stehen miteinander auch in einem permanenten Entwicklungsprozess. Es besteht eine logische Verzahnung.

Die brachliegende Einsparungs- und Nutzenpotenziale einrichtungsübergreifender Prozesse mit Patienten und weiteren Einrichtungen (und deren Patienten) lassen sich mit dem Workflow Ansatz aufdecken und einsetzen. Die Plattform für das Prozessmanagement ist das SH-MED Medical Process Managmentsystem, dessen Bestandteil auch ein Workflowsystem ist, das der von der Workflow Management Calition (WFMC) entwickelte Workflow-Referenzmodell zugrunde gelegt wurde [19].


Literatur

1.
Henze, M., Koproduktion zwischen den Sektoren, KU-Sonderheft Integrierte Versorgung, 09, 2004, S.18 f.
2.
Steyer, G. Gesundheitskarte und Telematikinfrastruktur zur integrierten Versorgung - wo geht der Weg in Deutschland hin? In Telemedizinführer in Telemedizinführer Deutschland, 1. Sonderausgabe 2005, Minerva KG, Darmstadt, S. 45-47
3.
Pfaffenberg, 1999, S. 602 F
4.
Moss, J., Nested transactions and reliable distributed computing, in: Proc. Reliability in Distributed Software and Database Systems, IEEE 1982
5.
Henze, M., Pöppl S.J., IGV-Das prozeßorientierte Konzept, in: Praxis der Informationsvernetzung in Krankenhaus und Versorgungsnetzen, Hrsg. Handels, H., Peimann, C.-J., Schmücker, O., 2005, S.61 ff
6.
Mosa, 2001, S.83-134
7.
Eversheim, Prozessorientierte Unternehmensorganisation, Berlin, 1995
8.
Lumsdon, K., Hagland, M., 1993, Mapping care, Hospital&Health Networks 67, 34-40
9.
Scholz,R., Crossfunktionale Rationalisierung oder strukturelle Reorganisation, Köln 1995
10.
Leymann, Managing business processes as an information resource, J.33 (2), 326-348(1994).
11.
Hill,M., Care Map and case management systems, in: Reengineering Nursing and Healthcare, The Handbook for Organisational Transformation, Hrsg.v.Blancett, S.S., Flarey, D.L., Aspen Publisher, Maryland 1995
12.
Tallon, R., 1995, Devising and delivering objectives for disease state management. Nursing Management 2(12), 22-24
13.
Hadorn, C.,1994, Use of algorithms in clinical guidelines development, in: K. McCormick, S. Moore, Methology Perspectives, S.15ff., Washington, DC, US Department of Health and Human Services,
14.
Hronek, C., 1995, Redesigning documentation, Clinical pathways, flowsheets,and variance notes, Med Sur Nursing 4,2,S157-159.
15.
Meyer, B., Object-oriented Software Construction, Englewood Cliffs, NJ: Prentice-Hall, 1988
16.
Wodtke, D., Weikum G., A formal foundation for distributed workflow management based on statecharts. International Conference on Database Theory, delphi1997
17.
T. Bauer, P.Adam, Efficient Distributed Execution Environment for Large-Scale Workflow Management Systemes with Subnets an Server Migration, in: Proc. 2nd IFCIS conf., pp.99-108, Kiawah Island, SC juni 1997
18.
Bussler, C., Workflow Management-Modeling concepts, architecture, and implementation, Thomson Computer Press 1996
19.
Workflow Management Coalition,Terminolgie &Glossary (WFMC-TC-1011), june 1996 2.0, Brussels, Belgium, http:/wwwaiai.ed.ac.uk/WFMC/.